Missstände am Flughafen Düsseldorf: DGB wendet sich an die Bundesregierung – Fraport-Chef: „Fluggäste brauchen Nerven und Geduld“
Ein Flughafenchef, der vor Flugreisen warnt? Das ist ungewöhnlich. Der Boss der Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport, Stefan Schulte (62), sprach jetzt Klartext. Den gesamten Sommer 2022 über bräuchten Fluggäste starke Nerven und viel Geduld, warnte Schulte am Dienstag (24.5.) bei der Hauptversammlung des MDax-Konzerns Fraport. Denn am Boden fehle kundiges Personal. Extreme Wartezeiten, lange Warteschlangen und aufgebrachte Passagiere stressen auch in Düsseldorf. Die DGB-Vorsitzende von Düsseldorf, Sigrid Wolf, bat deshalb am Dienstag (24.5.) die Bundesregierung bei einem Krisentreffen um Hilfe.
Probleme beim Durchstarten
Egal, ob geschäftlich oder privat: Wer Flugreisen vermeiden kann, sollte dies tun. Denn neben dem Personalmangel nannte die Allianz Global Corporate & Specialty (ACGS) weitere gute Gründe dafür, auf dem Boden zu bleiben. ACGS ist eine Geschäftseinheit der Allianz-Gruppe und – nach eigenen Angaben – weltweit führender Anbieter von Industrieversicherungen: Piloten seien durch die lange Corona-Zeit am Boden eingerostet, die Zahl der Wutausbrüche bei Passagieren nehme zu, es zeichne sich ein Piloten-Mangel ab, neue Routen in Europa und Asien-Pazifik seien noch nicht gelernt und durch die langen Standzeiten am Boden seien Maschinen in einem schlechten Zustand, Stichwort verdeckte Insektennester ausgerechnet in den für Navigation und Steuerung eines Flugzeugs wichtigen Staudruckrohren.
Längere Wartezeiten einplanen
Aus der Sicht des Versicherers: bedenkenswerte Risiken. Aus der Sicht der Kunden: Niemand darf sich darauf verlassen, dass Flugzeiten und Verbindungen eingehalten werden. Experten raten dazu, lieber drei anstatt zwei Stunden vor Abflug in Düsseldorf zu erscheinen. Und auch im Ankunftsbereich haben schon viele hundert Passagiere deutlich länger als früher auf die Ausgabe ihrer Koffer warten müssen.
Stammpersonal entlassen
Die Probleme sind hausgemacht. In den zwei Jahren Corona-Zwangspause haben Flughäfen, Fluggesellschaften und sämtliche Dienstleister ihr Personal massiv abgebaut. Nun mache der Neustart Probleme, referierte Fraport-Chef Stefan Schulte. Der Airport Frankfurt hat zu Beginn der Corona-Krise mit Lockdowns und Reisebeschränkungen 4000 von 22.000 Beschäftigten entlassen. Schulte weiß wovon er spricht, wenn er sagt: Nun sei es schwierig, neues Personal zu finden. Die zu Beginn der Corona-Krise geschassten Mitarbeiter haben sich umorientiert und dabei entdeckt, dass es anderswo bessere Verdienstmöglichkeiten gibt.
Mängel bei der Sicherheitskontrolle
In Düsseldorf weisen DGB und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di seit vielen Monaten auf Personalengpässe bei der Sicherheitskontrolle und in der Anfertigung hin. Bislang vergebens. Die Bundespolizei als Auftraggeber privater Sicherheitsunternehmen ignorierte Hinweise und Warnstreiks. Deshalb bat jetzt Düsseldorfs DGB-Vorsitzende Sigrid Wolf die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Kerstin Griese (SPD), zu einem kurzfristigen Krisengespräch. Dabei schilderten Vertreter des Betriebsrats des am Düsseldorfer Flughafen tätigen Unternehmens Deutscher Schutz- und Wachdienst (DSW) und Sekretäre der Gewerkschaft ver.di die gravierenden Mängel am Flughafen Düsseldorf.
DGB-Vorsitzende fordert 500 zusätzliche Kräfte für Düsseldorf
Beschrieben wurden der Personalmangel und die damit hohen Belastungen der Beschäftigten bei den Kontrollen der Fluggäste. Seit langer Zeit seien die schlechten Zustände am Düsseldorfer Flughafen bekannt, geändert habe sich bislang jedoch nichts. Sigrid Wolf erklärte: „Wir dürfen nicht weiter hinnehmen, dass die Beschäftigten bei DSW diesen Belastungen ausgesetzt sind. Mindestens 500 zusätzliche Mitarbeiter*Innen müssen qualifiziert und eingesetzt werden. Zudem sind sie zunehmend von Angriffen und Beschimpfungen von unzufriedenen Fluggästen, Zeitdruck und langen Schichten und Überstunden belastet.“
Bundespolizisten soll aushelfen
„Wir fordern vom Auftraggeber, dem Bundesinnenministerium, die aktuellen Missstände bei DSW in der Fluggastkontrolle am Flughafen Düsseldorf umgehend zu beseitigen. Der Auftraggeber muss auch endlich auf seinen Dienstleister DSW einwirken, dass die aktive Behinderung der Betriebsratsarbeit durch die DSW-Geschäftsführung am Flughafen Düsseldorf aufhört“, so ver.di-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim. Jetzt sollen dem Vernehmen nach Bundespolizisten Engpässe ausgleichen.
Düsseldorfer Flughafenchef vor dem Abflug
Der Frankfurter Flughafen will 1000 Mitarbeitende neu einstellen. Doch bis diese ihre Sicherheitsfreigabe haben und geschult seien, dauere es lange. Pro Monat könnten etwa 100 neue Kollegen hinzukommen, glaubt Fraport-Chef Schulte. Und kündigt an: Notfalls werde der Vorstand von Fraport im Sommer selbst bei der Abfertigung aushelfen. Zu Ostern habe allein die Lufthansa in Frankfurt mehr als 100 Flüge gestrichen, „um den Betrieb als Ganzes aufrechtzuerhalten.“ In Düsseldorf ist die Flughafenleitung weniger zupackend. Dort will Chef Thomas Schnalke Ende dieses Jahres aufhören. Laut Medienberichten gibt es Probleme, eine(n) geeigneten Nachfolger*In zu finden.