Düsseldorf ehrt Michael Verhoeven für sein Lebenswerk mit dem Helmut-Käutner-Preis
Manchmal wünscht sich Michael Verhoeven, er könnte die Barriere zwischen Sein und Nicht-Sein überwinden. In diesen Tagen hätte der 83-jährige Autor, Produzent und Regisseur gerne mit Helmut Käutner Kontakt aufgenommen. „Schade, dass ich es nicht wirklich kann. Ich wüsste gerne, was er denkt. Auch über mich und über den Helmut-Käutner-Preis”, sagte Verhoeven, der eben jene Ehrung der Stadt Düsseldorf am Freitag (20.5.) entgegen nahm. Gemeinsam mit Ehefrau Senta Berger verwandelte Verhoeven eine Rathaus- in eine Show-Treppe und den Ratssaal in einen Raum für großes Kino.
Professor Dr. Michael Verhoeven bekam den mit 10.000 Euro dotierten 17. Helmut-Käutner-Preis für sein Lebenswerk: Spiel- und Dokumentarfilme aus einem halben Jahrhundert Bundesrepublik Deutschland.
Start in den 1950er Jahren als Schauspieler
Michael Verhoeven (geboren 13. Juli 1938) begann seine Karriere als jugendlicher Darsteller in Filmen der 1950er Jahre („Das fliegende Klassenzimmer“, „Der Jugendrichter“ oder „Der Pauker“), entschloss sich dann, zunächst Medizin zu studieren. Er promovierte 1969 und arbeitete einige Jahre als Arzt. Nach weiteren Auftritten in Kinofilmen (unter anderem in Helmut Käutners „Das Haus in Montevideo“ und „Lausbubengeschichten“) gründete er mit seiner Frau Senta Berger die Filmproduktionsfirma Sentana und begann, als Regisseur selbst Filme zu drehen.
Skandal zur Berlinale 1970
Sein experimenteller Anti-Vietnam-Kriegsfilm “o.k.” sorgte als Wettbewerbsbeitrag auf der Berlinale 1970 für einen Skandal. Der Wettbewerb wurde abgebrochen und blieb ohne Preisverleihung. 1982 verfilmte er die Geschichte der Geschwister Scholl in „Die Weiße Rose“. Für seinen Film „Das schreckliche Mädchen“ (1990) erhielt er eine Oscar-Nominierung als „bester ausländischer Film“. Diese beiden Filme und weitere, die sich mit der Geschichte des Dritten Reichs beschäftigten, sorgten dafür, dass Michael Verhoeven zu einem der wichtigsten politischen deutschen Filmregisseure wurde.
Sieben Jahre für einen Dokumentarfilm
Im Jahr 2006 erschien nach siebenjähriger Arbeit sein erster Dokumentarfilm „Der unbekannte Soldat“ über Reaktionen zur Wehrmachtsausstellung. In seiner 2008 erschienenen Dokumentation „Menschliches Versagen“ befasst sich Verhoeven mit der Frage, in welchem Ausmaß die deutsche Zivilbevölkerung von der Einziehung jüdischen Vermögens in der NS-Zeit profitierte. In seinem 2011 in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk entstandenen Dokumentarfilm „Die zweite Hinrichtung – Amerika und die Todesstrafe“ befasst sich Verhoeven mit dem vermeintlichen Schwerverbrecher Romell Broom und dessen Hinrichtung in Lucasville, Ohio.
Laudator Mario Krebs fasste es so zusammen: „Man kann weder Helmut Käutner noch Michael Verhoeven einfach in eine Schublade stecken. Verhoeven überrascht. Immer wieder. Vielleicht ist seine Neugier, mit der er ein Sujet angeht, mit dem niemand gerechnet hat, Ausdruck seiner tiefen Toleranz, offen zu sein auch für das Überraschende.“
“Humanistische Stimme”
Die Jury des Helmut-Käutner-Preises hatte sich am 29. Januar in einer vom Filmmuseum Düsseldorf organisierten Online-Sitzung für Michael Verhoeven als Preisträger entschieden. In der Begründung heißt es unter anderem: „Sein filmisches Lebenswerk setzt sich auf ebenso singuläre wie kritische Weise mit der deutschen Geschichte auseinander. Michael Verhoeven, der Helmut Käutner noch persönlich als Schauspieler kannte und mit ihm bei zwei Kinofilmen in den 1950er-Jahren zusammenarbeitete, ist eine der wichtigsten humanistischen Stimmen des deutschen Films.“
Goldenes Buch und Gespräch in der Black Box
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller drückte es in seiner Begrüßung so aus: „Sehr geehrter Herr Verhoeven, mit dem Käutner-Preis wird heute Ihr filmisches Lebenswerk gewürdigt. Zugleich wertschätzen wir Ihr gesellschaftliches Engagement und Ihren kritischen Blick, den Sie als politischer Regisseur auf die deutsche Geschichte gerichtet haben.“ Der aktuelle Preisträger Michael Verhoeven trug sich in das Goldene Buch der Stadt Düsseldorf ein sprach er in der Black Box, dem Kino des Filmmuseums Düsseldorf mt Filmmuseumsdirektor Bernd Desinger statt. Im Anschluss wurde der Film „Mutters Courage“ (Regie: Michael Verhoeven, 1995) gezeigt.