Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf stellt ein digitales Gedenkbuch an 2633 Holocaust-Opfer online
Mit dem neuen, digitalen Gedenkbuch hat die Mahn- und Gedenkstätte bislang 2633 jüdische Opfer des Holocausts aus Düsseldorf unsterblich gemacht. Das Projekt ist nicht abgeschlossen, sondern geht immer weiter. Mit den Erkenntnissen wird die Zahl der Namen der Männer, Frauen und Kinder wachsen. Im Internet steht seit Mittwoch (18.5.) weit mehr als bloß eine weiter Namensliste des Grauens. Denn für 401 gequälte, widerrechtlich verschleppte und getötete Düsseldorfer*Innen gibt es bereits eine komplette Biographie – einschließlich historischer Fotos und Dokumente. Und Querverweise auf die Düsseldorfer Adressen. Und die Stolpersteine – soweit im Pflaster der Landeshauptstadt als Mahnmal versenkt.
Drei Adressen im Netz
Ein Ausgangspunkt für das digitale Gedenkbuch war ein Beschluss des Kulturausschusses Düsseldorf am 4. März 2021. Da hatten Hildegard Jakobs und Kolleginnen bereits einen Marathon an Arbeit hinter sich. Die Homepage ist unter den drei Domains www.gedenkbuch-duesseldorf.de, www.holocaust-memorial-duesseldorf.de sowie www.duesseldorfer-gedenkbuch.de gleichermaßen erreichbar. Das Gedenkbuch fußt auch auf den umfangreichen Vorarbeiten der Historikerinnen Dr. Barbara Suchy und Angela Genger, Leiterin der Gedenkstätte von 1988 bis 2010. Aktuell unterstützte Frederike Krenz.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: “Diese nun online zugängliche Zusammenstellung führt uns noch mal in aller Deutlichkeit vor Augen, dass der Mord an den europäischen Juden nichts Abstraktes war: Menschen aus der Mitte ihres Lebens und aus der Mitte unserer Stadtgesellschaft wurden innerhalb weniger Jahre entrechtet und gedemütigt, deportiert, zur Zwangsarbeit verschleppt, ermordet. Sie alle hatten Familien und Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen. Keiner dieser Menschen soll vergessen werden. Deswegen ist dieses Online-Gedenkbuch auch keine reine Namensliste. Vielmehr wird deutlich, dass alle diese Menschen individuelle Biografien hatten und dass ihre Ermordung bis heute schmerzt.”
Ein Vierteljahrhundert Vorarbeit
Projektleiterin Hildegard Jakobs, die stellvertretende Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte, widmet sich seit 1995 der Aufgabe, Namen, Dokumente, Fotos und Geschichten zusammenzutragen. Bereits damals hatte sie die Idee, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, um das erarbeitete und zusammengetragene Wissen zu präsentieren: „Eine Homepage ist kein gedrucktes Buch. Es ist viel eher ein Prozess. Wir werden die Seite permanent weiterpflegen und ergänzen, so dass im Laufe der kommenden Jahre möglichst alle Menschen mit einer kurzen Biografie gewürdigt werden.“
Das ist keine Arbeit um ihrer selbst willen. Angehörige und Nachfahren aus der ganzen Welt wenden sich mit Fragen an die Mahn- und Gedenkstätte. Der Leiter Bastian Fleermann wies am Mittwoch darauf hin. Dass nicht alle die Gelegenheit haben, nach Düsseldorf zu kommen. Sie haben mit dem digitalen Gedenkbuch eine Möglichkeit, virtuell nach ihren Vorfahren zu suchen. Eine englischsprachige Version ist als Option angelegt. Es fehlen zurzeit Personal und Geldmittel, für eine adäquate Übersetzung zu sorgen.
Vernetzung mit deutschen und internationalen Quellen
Auf die Frage von Oded Horowitz, dem Vorstandsvorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, stellte Jakobs da, dass nicht nur mit dem eigenen Material arbeitet, sondern die Archive von Stadt und Land, die Unterlagen der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und mehrere Archive in den USA nutzt. Das Wissen um und die Erinnerung an die deutschen Gräueltaten werden aus einem internationalen Netzwerk zusammengetragen.
Das Ziel: Biographien schaffen
2633 Männer, Frauen und Kinder werden im digitalen Gedenkbuch nicht nur namentlich benannt, sondern viele von ihnen auch biografisch vorgestellt. Bisher sind 401 ausrecherchierte Biografien online gestellt worden. Zusätzlich liefern Hintergrundtexte den Zusammenhang der Verfolgung jüdischer Menschen in Düsseldorf. Ein erläuternder Text ist in Englisch und in einfacher Sprache zugänglich.