Düsseldorf: Zeichen stehen auf Streik in der Uniklinik
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98,31 Prozent der Beschäftigten an den sechs Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen haben sich bei der Urabstimmung für Streikmaßnahmen ausgesprochen, um den Arbeitgeberverband des Landes (AdL) zu Verhandlungen zum Tarifvertrag Entlastung zu bewegen. Damit stehen die Zeichen auch am Düsseldorfer Universitätsklinikum auf Streik. Patienten werden ab Mittwoch (4.5.) deutlich die Auswirkungen der Streiks spüren. Ver.di will situativ entscheiden, in welchem Umfang wann gestreikt wird und signalisiert Verhandlungsbereitschaft bei deutlichen Angeboten der Arbeitgeberseite.
Ultimatum verstrichen
Am 1. Mai lief das Ultimatum der Beschäftigten der Universitätskliniken Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster an den Arbeitgeberverband des Landes (AdL) und die Landesregierung NRW aus, einen Tarifvertrag Entlastung abzuschließen. 100 Tage lang war niemand bereit, auch nur in Vorgespräche einzutreten. Zwar betonten in den vergangenen Wochen zahlreiche Politiker*innen verschiedener Parteien, sie würden einen Tarifvertrag Entlastung begrüßen, aber getan hat sich auf Arbeitgeberseite nichts.
“Normalzustand gefährdet das Leben der Patienten”
Die Beschäftigten sind enttäuscht und wütend, was sich in dem deutlichen Ergebnis der Urabstimmung ausdrückt. Lisa Schlagheck von der Uniklinik Münster drückt es in deutlichen Worten aus: „Nicht der Streik gefährdet die Gesundheit der Patienten, sondern der Normalzustand auf den Stationen“.
Während es in anderen Ländern längst zum Standard gehört, dass es einen festgelegten Schlüssel für das Verhältnis Fachkraft zu betreuenden Patienten/Pflegebedürftigen gibt, bleibt es an den Unikliniken ohne Konsequenzen, wenn zu wenig Personal einsatzfähig ist. Ein Verhältnis sieben Patienten auf eine Fachkraft wäre normal. An den Unikliniken liegt der Schlüssel teilweise bei 1:20, beschreibt Katharina Wesenick, Landesfachbereichsleiterin bei ver.di. Mitarbeiter*innen werden als Notnagel zu Einsätzen in fachfremde Bereiche versetzt, um die Stationen irgendwie am Laufen zu halten. Auszubildende müssen ohne Einweisung arbeiten und werden immer wieder zu Sonderschichten gebeten, um Personallücken zu schließen.
In einer Pressekonferenz der Gewerkschaft ver.di schilderten Lisa Schlagheck und ihre Kolleginnen Songül Özmen und Helene Seibel aus Düsseldorf ihren Alltag. Azubine Helene forderte alle Bürger*innen auf, jetzt für den Kampf für den Tarifvertrag Entlastung zu klatschen, getreu dem Motto „Wir für euch, ihr für uns“.
Lage an den Krankenhäusern seit Jahren desolat
Dass die Beschäftigten der Uni-Kliniken für ihre Forderungen kämpfen können, haben sie in Düsseldorf und Essen bereits im Jahr 2018 gezeigt. 44 Tage lang haben sie damals gestreikt, denn die schlechten Arbeitsbedingungen und die Überlastung waren schon vor Corona schwer zu ertragen. Getan hat sich seitdem nicht viel, weshalb nun mit dem Ultimatum versucht wurde, die Landesregierung und den Arbeitgeberverband des Landes (AdL) zu konkreten Maßnahmen zu bewegen. 2018 hatte die schwarz-gelbe Landesregierung Verbesserungen zugesagt – viel passiert ist nicht. Und auch jetzt lassen Landesregierung und Arbeitgeberverband es auf einen Streik ankommen.
Tarifvertrag Entlastung
Mit dem Tarifvertrag Entlastung soll eine Mindestpersonalausstattungen für alle Bereiche der Unikliniken und angemessene Belastungsausgleiche festgelegt werden. Neben der Verbesserung der Arbeitsbedingungen geht es auch um die Qualität der Ausbildung. Denn viele der Mitarbeiter*innen leiden darunter, ihre Arbeit nicht so machen zu können, wie es den Patienten gerecht würde. Der Fachkräftemangel wird noch verstärkt, weil Mitarbeitende wegen der Überbelastung ihre Stunden reduzieren oder ganz den Beruf wechseln.
Arbeitgeber und Landesregierung lassen Lage eskalieren
Der Arbeitgeberverband des Landes (AdL) hat nicht nur die Gesprächsangebote der Gewerkschaft verstreichen lassen. Auch die Bemühungen in den Klinken Notdienstvereinbarungen für die Streiks abzuschließen wird nicht unterstützt. So gibt es bereits Notdienstvereinbarungen in den Kliniken Bonn, Münster und Köln. Die Klinik Aachen hat Notdienstvereinbarungen kategorisch abgelehnt. In Essen und Düsseldorf laufen noch Verhandlungen darüber. Die Gewerkschaft kritisiert an diesen beiden Standorten, dass die Klinikleitungen in den Notdienstvereinbarungen Personalstärken festlegen möchte, die sogar unter Normalzeiten auf den Stationen nicht vorhanden sind. Ziel der Notdienstvereinbarungen ist beispielsweise die Reduzierung von Betten oder die Schließung einzelner Stationen, um die Patienten möglichst wenig unter dem Streik leiden zu lassen. Die Notfallversorgung an den Kliniken soll auf jeden Fall sichergestellt werden.
Großdemonstration am 7. Mai
Für die Entlastung der Beschäftigten an den Unikliniken und gesunde Krankenhäuser für alle in NRW gibt es am Samstag (7.5.) eine große Demonstration in Düsseldorf, zu der alle Bürger*innen eingeladen sind, um ein Zeichen der Solidarität mit den Mitarbeitenden zu setzen. Start ist um 12 Uhr am DGB-Haus in der Friedrich-Ebert-Straße in Düsseldorf. Von dort zieht der Demonstrationszug zum Landtag, wo ab 14 Uhr die Abschlusskundgebung geplant ist.
Weitere Informationen zu den Forderungen finden sie hier.