1. Mai in Düsseldorf: Wer am lautesten stört, hat nicht Recht!
Der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Kundgebung zum 1. Mai in Düsseldorf war eine große Ehre für den DGB. Denn nur selten sprechen Bundeskanzler am Tag der Arbeit bei Gewerkschaften und in Düsseldorf war bei diesem Anlass noch nie eine Kanzler*in. Doch nicht nur diejenigen, die den 1. Mai als Tag der Arbeit feiern wollten, waren auf den Johannes-Rau-Platz gekommen. Zahlreiche Menschen aus dem sogenannten Querdenker-Spektrum hatten beschlossen, den Bundeskanzler nicht zu Wort kommen zu lassen. Mit Trillerpfeifen, Rufen und Megaphonen störten sie gewaltig. Mundtot bekamen sie Olaf Scholz und die anderen Redner*innen auf der Bühne des DGB nicht.
Start des 1. Mai ist traditionell vor dem DGB-Haus an der Friedrich-Ebert-Straße wo sich 1500 Menschen zur Mai-Demo trafen. Mit Fahnen, Plakaten und Trommelbegleitung zogen sie zum Johannes-Rau-Platz. Dort waren in diesem Jahr wieder Stände von Parteien und Organisationen aufgebaut, so dass die Stimmung fast an die Vor-Corona-Zeit erinnerte. Wenn da nicht die zahlreichen Besucher gewesen wären, die durch Störattacken auffielen, lange bevor Olaf Scholz die Bühne betrat.
Selbst die Worte von Sigrid Wolf, DGB-Vorsitzende Düsseldorf, zur Lage in der Ukraine, den Toten und den Flüchtlingsströmen ließen die Andersdenkenden nicht verstummen. Die Botschaft des DGB zum 1. Mai lautet „Solidarität, Frieden und Selbstbestimmung für die Ukraine“. Kritik bekommt die Gewerkschaft allerdings auch aus den eigenen Reihen. Denn der DGB spricht sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus und möchte stattdessen den Krieg auf diplomatischen Weg beenden.
Dass Olaf Scholz eine ganz andere Meinung vertritt, brachte ihm Rufe wie „Kriegstreiber“ oder „Frieden schaffen ohne Waffen“ ein. Er betonte in seiner Rede, dass Deutschland die Ukraine mit Geld, humanitärer Hilfe und mit Waffenlieferungen unterstützen werde und sich dabei in der Gesellschaft viele anderer Länder befände, die dies ebenfalls tun. Bei allem Respekt vor Pazifismus, betonte der Bundeskanzler, aber sich gegen Putin ohne Waffen zu verteidigen ginge nicht. Die Generalversammlung der UN hat das sofortige Ende des Kriegs gefordert. Doch Putin versuche mit militärischen Mitteln, Grenzen zu verschieben, was Scholz „Imperialismus“ nennt.
Aber nicht nur über die Ukraine sprach der Bundeskanzler. Er setze sich für eine gerechte und solidarische Gesellschaft ein, auch wenn die Zukunft große finanzielle Belastungen mit sich brächte. Mit Respekt und Zusammenhalt sei dies zu schaffen, appellierte er und an die Kritiker gewandt „Wir fürchten uns nicht vor Schreihälsen und nicht vor der Größe der Aufgabe“.
Zahlreiche Störer verließen den Platz, als Olaf Scholz von der Bühne gegangen war. Doch die Band startete das dann folgende Musikprogramm ausgerechnet mit dem Lied „Freiheit“ von Marius Müller Westernhagen – offenbar nicht wissend, dass dies eine der Hymnen der Querdenker-Szene ist. So sangen die Schwurbler fröhlich mit und widmeten sich anschließend den Fernsehteams, die versuchten Interviews zu führen mit Schrei-Tiraden wie „Lügenpresse“.
Da die Querdenker noch eine eigene Demonstration durch Düsseldorf angemeldet hatten, konnte der von Helmut Rehmsen moderierte Talk über aktuelle Gewerkschaftsthemen mit Mohamed Boudih (Landesvorsitzender der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten NRW), Anke Heinisch (BASF-Betriebsrätin), Martin Koerbel-Landwehr (Personalratsvorsitzender der Uniklinik) und Harry Hansen (Betriebsratsvorsitzenden von Konecranes) beinahe ungestört stattfinden.
Die Gewerkschaftjugend beendete den offiziellen Teil des Programms mit einem Auftritt als Superheld*innen und dem alten Slogan “Hoch die Internationale Solidarität!” .