Düsseldorf: Bündnis hat das Ziel Mietenwahnsinn zu stoppen
Mieterhöhungen, Modernisierungen oder Eigenbedarfskündigungen sind nur einige Beispiele, mit denen Mieter*innen in Düsseldorf vielfach zu kämpfen haben. Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum hat sich zum Ziel gesetzt durch Information der Betroffenen und Vernetzung Missstände aufzuzeigen. Durch die Veröffentlichung von besonders dreisten Beispielen wurde in der Vergangenheit bereits deutlich gemacht, dass sich in Düsseldorf Investoren und Eigentümer tummeln, denen nur an Profit und nicht an den Menschen gelegen ist. Am Samstag (12.2.) hatte das Bündnis im zakk ein Treffen für Interessierte angeboten, bei denen es neben Informationen auch die Möglichkeit zum Austausch gab.
„Es gibt ein Recht auf Wohnen, aber kein Recht auf Rendite“ führte Pater Wolfgang Sieffert zur Begrüßung von rund 75 Interessierten im zakk aus. Die Zahlen für Düsseldorf sind erschreckend. Rund 180.000 Haushalte in der Landeshauptstadt hätten Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (maximales Bruttoeinkommen im Jahr unter 33.000 Euro bei Alleinstehenden, unter 50.000 Euro bei Ehepaar mit einem Kind). Dem steht der aktuelle Bestand von 15.617 Sozialwohnungen gegenüber und immer mehr fallen aus der Bindung. Der Bau von neuen Sozialwohnungen ist in Düsseldorf zwar bei großen Bauvorhaben vorgeschrieben, aber der Wegfall von bezahlbaren Mietwohnungen kann dadurch kaum aufgefangen werden. Grundstücke sind in Düsseldorf beliebte Spekulationsobjekte, wie auch die Stadtverwaltung machtlos erkennen musste. Denn wenn ein Grundstück gekauft wurde und Baurecht erteilt war, starteten an vielen Stellen die Bauarbeiten nicht. Bei zahlreichen Beispielen, wie dem Glasmacherviertel in Gerresheim oder dem Grand Central an der Kölner Straße, wurde das Grundstück mit Rendite weiterverkauft. Die immer noch steigenden Bodenpreise lassen Investoren weiter spekulieren und die Grundstücke liegen brach. Aber auch bei einzelnen Mehrfamilienhäusern sind Investoren am Ball. Miethäuser, in die oft jahrelang nicht viel investiert wurde, werden von Investoren gekauft. Sie erhöhen dann die Mieten (was alle 3 Jahre um maximal 20 Prozent gesetzlich erlaubt ist) und beginnen es für die Bestandsmieter unangenehm zu machen. Modernisierungen sorgen für Baustellen im Haus und damit verbunden die Ankündigung weiterer Mietsteigerung. In vielen Fällen ist das Ziel die Mieter zu vergraulen, um die Wohnungen zu Eigentumswohnungen zu wandeln. Da die Nachfrage an Eigentum in Düsseldorf sehr hoch ist, steigen die Preise seit Jahren und damit die Rendite der Investoren. Übrig bleiben die Mieter*innen, die sich keine teuren Mieten leisten können. Vor der Praxis der Gewinnmaximierung schrecken auch Eigentümer nicht zurück, die vermeintlich als sozial gelten, wie die katholische Kirche.
Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum vernetzt seit Sommer 2019 Mieter*innen, um besonders dreiste Entmietungsfälle öffentlich zu machen. Denn neben dem Weg sich juristisch zu wehren, ist es dem Bündnis wichtig, sich politisch, solidarisch und öffentlichkeitswirksam zur Wehr zu setzen. Neben Betroffenen waren am Samstag auch Vertreter verschiedener Organisationen ins zakk gekommen, die die Themen ihrerseits als Multiplikatoren mit zu ihren Mitgliedern nehmen.
Workshops und Foren
Workshop: Rechtliche und tatsächliche Möglichkeiten von Mieter*innenprotesten
Johannes Dörrenbächer und Montana Schulze leiteten den Workshop und wurden dabei von Uwe Warnecke vom Mieterverein unterstützt. Betroffene konnten sich austauschen. Einige Teilnehmer*innen waren von der Kissinger Straße in Eller gekommen. Dort hat die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft (Haupteigentümer ist das Bistum Köln) im vergangenen Jahr begonnen neun Häuserblöcke mit 160 Wohneinheiten zu sanieren und modernisieren, während die Mieter noch darin wohnen. Das Bündnis hatte sich bereits öffentlichkeitswirksam für die Interessen der Mieter eingesetzt, aber jetzt scheint sich der Eigentümer nicht an Zusagen zu halten.
Durch die Vernetzung ist es bereits gelungen mehre Fälle aufzudecken, bei denen die Eigentümer versuchten Mieter rauszuekeln. So gab es das Beispiel, bei dem ein Eigentümer gleich für zwei Wohnungen in verschiedenen Objekten Eigenbedarf geltend machte und den Mieter*innen kündigte. Vor Weihnachten wurde das Schicksal eines Mannes bekannt, der im Hofgarten übernachtete, weil der Vermieter seine Wohnung in unbewohnbaren Zustand versetzt hatte – um sie als Eigentumswohnung herzurichten. Das Bündnis hat mehrere Schriften herausgebracht, in denen Informationen für Mieter*innen aufgeführt sind, aber auch Ansprechpartner für Hilfestellung genannt werden.
Workshop: Kreativ, ungehorsam und (öffentlichkeits-) wirksam – auf der Straße für eine Stadt für alle
In der Vergangenheit ist es gelungen bei mehreren Aktionen in Düsseldorf auf Missstände aufmerksam zu machen. Davon berichtete Iris Rademacher in diesem Workshop. So gelang es Airbnb-Vermietungen aufzudecken, deren Zweckentfremdung in Düsseldorf eigentlich durch die Wohnraumschutzsatzung verhindert werden soll. Doch die eigens eingerichtete Stelle in der Verwaltung hat von 638 ermittelten Fällen im Jahr 2021 nur 88 Wohnungen dem Wohnungsmarkt wieder zuführen können. Am Samstag sammelten die Teilnehmenden neue Ideen und entwickelten Aktionsformen, um den Missbrauch aufzuzeigen. Mit dabei war auch die Agentur für urbane Unordnung, die am 30.04.2022 – dem Vorabend zum 1. Mai – in diesem Jahr wieder eine Demonstration organisiert.
Forum: Investorengetriebene Wohnentwicklung im Stadtteil – was tun?
Am Beispiel von Bilk/Unterbilk berichtete Horst Kraft in diesem Forum über Erfahrungen mit profitorientierten Investoren und dessen Auswirkungen auf die Wohnentwicklung im Stadtteil. Die Teilnehmer*innen diskutierten wohnungspolitische Forderungen und mögliche Handlungsstrukturen. Kraft sieht einen Weg aus der Wohnungsnot in verstärktem kommunalem Grundstück- und Wohnungsbesitz, um eine Grundlage für einen gemeinwohlorientierten Wohnungssektor zu schaffen. Denn das BGB sichert Eigentümern viele Rechte zu, unter denen zum Teil die Mieter*innen zu leiden haben.
Forum: Immobilienspekulation
Helmut Schneider gab in diesem Forum einen Einblick in den Düsseldorfer Immobilienmarkt und wie dort mit Grundstücken Häusern und Wohnungen spekuliert wird. Dabei ging es um die Ursachen, die Akteure und die Profiteure. Den Düsseldorfer*innen sollten die Spekulationen mit Immobilien nicht egal sein, denn jeder/jede Mieter*in kann in die Lage kommen, dass die Wohnung oder das Haus verkauft wird und die neuen Eigentümer nicht das Wohl ihrer Bestandsmieter im Sinn haben. Das betrifft Mieter*innen jeden Alters und aller Einkommensschichten.
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum
Folgende Initiativen/Organisationen sind bisher dem Bündnis beigetreten: vision:teilen, Runder Tisch Oberbilk, Bewohner der Kiefernstraße, Bilker Initiative Wohnen für Alle, Altstadt Armenküche, fiftyfifty, Ver.di Düsseldorf, Frauenforum, STAY! Düsseldorfer Flüchtlingsinitative, Agentur für urbane Unordnung, Die Linke KV Düsseldorf, AStA an der Hochschule Düsseldorf, attac!, Initiative K, Arbeit und Leben, SDAJ Düsseldorf, In der Gemeinde leben, DKP Düsseldorf, i Furiosi organisiert in der Interventionistischen Linken, Interventionistische Linke Düsseldorf [ see red!], katholische Arbeitnehmerbewegung Stadtverband Düsseldorf, Mittwochsfrühstück der Erwerbslosen und prekär Beschäftigten, SWT e.V. .