Düsseldorf: Stadt lehnt RRX-Pläne der Bahn für den Abschnitt Kalkum – Angermund als unzureichend ab
Dass der Bau des Rhein-Ruhr-Express (RRX) für das Stadtgebiet von Düsseldorf große Auswirkungen haben wird, machte bereits die Meldung über den Bau von 25 Kilometern Lämschutzwänden vor einigen Tagen deutlich. Nach der Offenlage der Ausbauplanung der DB Netz AG für den Abschnitt Kalkum-Angermund, stellt die Stadt jetzt fest, dass die Pläne unzureichend sind und lehnt sie ab. Damit folgt die Stadt den Forderungen der Bürgerinitiative Angermund, die seit Jahren verlangt, in die Prüfungen verstärkt die Faktoren Städtebau, Ökologie und Mensch einzubeziehen und deshalb den Bau einer Einhausungs- oder Tunnellösung fordert.
Bürgerinitiative wartete lange auf Unterstützung der Stadt
Der Stadtteil Angermund ist seit Jahren vom wachsenden Bahnverkehr betroffen, denn quer durch den Ort führt eine Bahntrasse mit vier Gleisen. Der Bau des RRX erfordert eine Erweiterung um zwei Gleise. Weil die Bahn wegen der bauliche Veränderungen den Lärmschutz an der Strecke auf den aktuellen Stand bringen muss, sehen die Planungen den Bau von Schallschutzwänden vor. Das Verfahren läuft bereits einige Jahre, aber bisher hatten die Angermunder*innen, die sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben, wenig Rückendeckung seitens der Stadt. Dort wurden die Pläne der Bahn bisher als ordnungsgemäß angesehen, lediglich die Erhöhung der Lärmschutzwände von vier auf fünf Meter war ein Wunsch der Stadt. Doch das reicht vielen Bürger*innen nicht. Denn obwohl es dann leiser wäre, würde der Ort durch meterhohe Wände verschandelt, die den Schall nicht komplett schlucken. Sie favorisieren eine Einhausung der Gleise, denn was unter der Erde fahre, mache draußen keinen Lärm, argumentieren die Mitglieder der Initiative. Da die Einhausungs-Lösung bedeutend teuer ist als die Schallschutzwände, wurde dies seitens der Bahn bisher nicht in Betracht gezogen oder geplant.
Pläne der DB Netz AG sind unzureichend
Nach der Offenlage der Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren des Abschnitts Kalkum – Angermund Ende 2021, legten rund 2.400 Bürger*innen Einwendungen gegen das Vorhaben ein. Auch die Stadt Düsseldorf hat die Unterlagen geprüft und legt jetzt die Ergebnisse vor. Ganz im Sinne der Bürger*innen fordert die Stadt nun eine Anpassung Planungen. Damit solle eine breitere Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht werden. Deshalb verlangt die Stadt die Berücksichtigung der Einhausungslösung. Die Stellungnahme wird nach Zustimmung in den politischen Gremien und des Rats an das Eisenbahn-Bundesamt gehen.
RRX muss kommen, aber Mensch, Umwelt und Stadt müssen geschützt werden
Unstrittig ist bei der Stadt Düsseldorf und bei der Bürgerinitiative Angermund die Notwendigkeit des RRX-Ausbaus und die damit einhergehende Stärkung des Schienenpersonenverkehrs. War die Stadt lange von den Planen der DB Netz AG überzeugt, sieht sie nach der Offenlage der Unterlagen jetzt die rechtlichen Vorgaben besonders an die Alternativenprüfung und die planerische Konfliktbewältigung sowie den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen als nicht erfüllt. Die betroffenen Fachämter haben die Planunterlagen geprüft und mit externer juristischer Begleitung unter Führung des Dezernates für Mobilität zu einer städtischen Gesamtstellungnahme zusammengefasst. Darin verlangt sie eine Neuplanung der Gleisanlage unter stärkerer Gewichtung städtebaulicher, ökologischer und menschlicher Maßstäbe. „Das Schutzgut Mensch, die Zerschneidungswirkungen und städtebauliche Aspekte müssen laut der Stellungnahme in dem dicht an die Gleistrasse angebauten Wohnsiedlungsgebiet Angermund stärker in der Infrastrukturplanung gewürdigt und berücksichtigt werden, indem auch eine Einhausungs- oder Tunnellösung in der erforderlichen Form gebaut werden kann“, heißt es in dem Prüfergebnis.
Kritisiert wird außerdem, dass auch unter den bereits jetzt geltenden planungsrechtlichen und technischen Vorgaben eine deutlich bessere Planungslösung als die von der DB Netz AG vorgelegte Ausbauplanung grundsätzlich möglich und in Angermund sogar geboten wäre, formuliert die Stadt. Darüber hinaus halten die Fachämter den Prognosehorizont für die Planung als viel zu kurz gefasst. Es wird eine Überprüfung und Aktualisierung der besonders für den Lärmschutz maßgeblich relevanten Prognosen für die Anzahl der Zugbewegungen und Fahrzeugtypen gefordert.
Für den Fall, dass eine Einhausungslösung nicht durchsetzbar sein wird, fordert die Stadt:
- Verbesserungen für die barrierefreie Zugänglichkeit und die Überdachung des neu zu bauenden S-Bahn-Bahnsteiges
- weitere Verbesserungen des Lärmschutzes
- die Ausweitung des besonders überwachten Gleises für alle sechs Gleise
- die Einbeziehung innovativer Lärmschutzprojekte wie Diffraktoren oder Resonatoren
- eine regelmäßige Überprüfung der Absorptionswirkung der Lärmschutzwände
Die Stellungnahme geht nach Genehmigung durch die Gremien an das Eisenbahn-Bundesamt als Anhörungs- und Genehmigungsbehörde. Anschließend steht ein Erörterungstermin bei der Anhörungsbehörde an, bei dem versucht werden wird, die Konflikte zu lösen. Das Eisenbahn-Bundesamt wird dann einen Planfeststellungsbeschluss erlassen, der öffentlich ausgelegt wird und gegen den Klage erhoben werden kann. Die Stadt behält sich vor den Rechtsweg zu beschreiten, wenn die Bahn nicht auf die Forderungen eingeht. Die Verfahrensdauer bis zum Planfeststellungsbeschluss wird sich geschätzt bis mindestens Anfang 2024 hinziehen.
Hintergrund: RRX-Infrastrukturausbau
Der Infrastrukturausbau für den RRX erfordert Baurecht. Seit Jahren wird die RRX-Planung in Angermund öffentlich diskutiert und kontrovers politisch beraten. Es gab intensive Abstimmungen mit der Stadt, einen Runden Tisch sowie vergleichende gutachterliche Untersuchungen zu den diskutierten Planungsvarianten ebenerdiger Gleisausbau, Gleis-Einhausung und Tunnellösung. Dabei wurde eine Einhausung oder Tunnellösung durch die DB Netz AG stets abgelehnt, da die Kosten unverhältnismäßig hoch seien und die Schallschutzwände als vollkommen ausreichend eingeschätzt wurden. Im vergangenen Jahr wurde das förmliche Planfeststellungsverfahren für die Erlangung des Baurechts eingeleitet. Die Planunterlagen der von der DB Netz AG favorisierten Planungslösung lagen in der Zeit vom 18. Oktober bis 17. November 2021 öffentlich aus. Damit bestand Gelegenheit zur Einreichung von Anregungen und Bedenken für die Bürgerschaft und Träger öffentlicher Belange. Die Stadt wurde als Träger öffentlicher Belange beteiligt und hat nun ihre Kritik in einer Stellungnahme formuliert. Seitens der Bürger wurden rund 2.400 Einwendungen eingereicht.