Düsseldorf: Beschäftige im öffentlichen Dienst setzen ein deutliches Signal
Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind sauer. Bisher gab es seitens der Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungsrunden noch nicht einmal ein Angebot. Am 27. und 28. November sitzen die Tarifparteien erneut zusammen. Grund genug für die zahlreichen Gewerkschaften im öffentlichen Dienst zu großen Demonstration aufzurufen. Deutschlandweit gibt es Streiks in dieser Woche und am Donnerstag (25.11.) trafen sind rund 4.000 Landesbeschäftigte in Düsseldorf.
Die Mitglieder von ver.di, der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und Erziehung und Wissenschaft (GEW) versammelten sich am Donnerstagvormittag vor dem DGB-Haus an der Friedrich-Ebert-Straße. Bei der Auftaktkundgebung hörten sie verschiedene Grußworte. Ayla Çelik, Vorsitzende der GEW NRW: „In der Pandemie sind die Beschäftigten weit über ihre Grenzen gegangen: Für die Bildungschancen junger Menschen. Statt Wertschätzung und Anerkennung haben die Arbeitgeber aber nur Blockade im Sinn. Wir kämpfen dafür, dass der öffentliche Dienst attraktiv bleibt! Wir kämpfen für die Anerkennung von Arbeits- und Lebensleistung durch eine faire Erfahrungsstufe 6, für fünf Prozent mehr und echte Verbesserungen!“. Michael Mertens, Vorsitzender der GdP NRW: „Die Beschäftigen in Krankenhäusern, Schulen und bei der Polizei sind systemrelevant. Dass die Politik ihnen in der Corona-Pandemie Beifall klatscht, sich aber in die Büsche schlägt, wenn es um die Bezahlung geht, ist ein Skandal. Kommt es nicht zu einem deutlichen Einkommensplus, wird der Staat bald keine Fachkräfte mehr finden. Die Zeche zahlen die Bürger. Mit Krankhäusern, die in Serie notwendige Operationen absagen müssen. Und einer Polizei, die Straftaten nicht mehr verfolgen kann.“ Die beschäftigten der Universitätsklinik Düsseldorf und auch die GEW hatten bereits in den vergangenen Tagen zu Warnstreiks aufgerufen.
Die Mitglieder des Deutschen Beamtenbundes (dbb) und der tarifunion versammelten sich vor dem Finanzministerium im Hofgarten. Um den erforderlichen Abstand gewährleisten zu können, waren die Kundgebungen getrennt worden. Hier betonte Roland Staude, Vorsitzender des DBB NRW: „Wer meint, Attraktivitätssteigerungen im öffentlichen Dienst könnten kostenneutral erfolgen, ist komplett auf dem Holzweg. Das ist schlicht unmöglich. Allein die katastrophale Leerstellensituation im nordrhein-westfälischen Landesdienst belegt, dass es dem Staat nach wie vor nur unzureichend gelingt, sich als Arbeitgeber gegen die Konkurrenz der Privatwirtschaft im Kampf um die besten Köpfe durchzusetzen.“
Beide Demonstrationszüge gingen am Mittag in Richtung Landtag und vereinten sich auf der Haroldstraße. Rund 4.000 Teilnehmer*innen zogen von dort gemeinsam auf die Wiese vor dem Landtag, wo bereits eine Bühne und große LED-Wand aufgebaut waren.
Es war ein buntes Bild der zahlreichen Gewerkschaften und Berufsgruppen: Beschäftigte der Unikliniken, der Justiz, der Landesverwaltung und Hochschulen, Lehrer*innen, Polizist*innen und Feuerwehrleute. Viele hatten Fahnen, Ratschen und Trillerpfeifen dabei und verkündeten ihre Forderungen lautstark. Auf einem großen Transparent, das an der Spitze des Zuges von den Gewerkschaftsvorsitzenden getragen wurde, stand „Wertschätzung – jetzt!“, was die Grundforderung der Demonstranten verdeutlichte. Denn während der Pandemie haben sie viele Bereichen am Laufen gehalten. Ohne den enormen Einsatz im der Beschäftigten Gesundheitswesen, wäre die Pandemie zu einer noch größeren Bedrohung geworden. Dass die Arbeitgeber der Tarifrunde der Länder (TdL) noch nicht einmal ein Angebot machen, empfinden die Mitarbeitenden als absolute Provokation.
„Die Empörung der Beschäftigten über das Verhalten der Arbeitgeber in den Ländertarifverhandlungen wächst von Tag zu Tag. Es wird als Respektlosigkeit wahrgenommen, dass die Länderfinanzminister so tun, als gäbe es keine Überlastung, keinen Personalmangel und keine Corona- Pandemie. – Wir fordern die Länder auf, ihre Verweigerungshaltung in den Verhandlungen aufzugeben, in der dritten und entscheidenden Runde allen Beschäftigten entgegenzukommen und vor allem den besonderen Belastungen im Gesundheitswesen Rechnung zu tragen. Ohne ein spürbares Entgegenkommen dort ist eine Einigung nicht denkbar,“ erklärte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke unter dem Beifall der Demonstrierenden.
Ulrich Silberbach, dbb Bundesvorsitzender: „Während die Inflationsrate in Deutschland immer weiter steigt, mauern sich die Länderarbeitgeber ein und verweigern jeden realen Einkommenszuwachs. Das ist angesichts der Leistungen, die die Kolleginnen und Kollegen im Landesdienst gerade während der Covid-Pandemie erbracht haben, mehr als nur ungerecht. Das ist eine Provokation und wir sind heute hier, um gegen diese Provokation zu protestieren!“
Gabriele Schmidt, Landesleiterin ver.di NRW, verdeutlichte: „Die Streikenden haben in den letzten Wochen deutlich gemacht, dass die Blockadehaltung der Arbeitgeber nichts mit ihrer Lebenswirklichkeit zu tun hat. Sie empfinden es als empörend, dass trotz außergewöhnlicher Leistungen in der Pandemie keinerlei Form von Wertschätzung erkennbar ist. Wie die Arbeitgeber dies vor allem im Gesundheitswesen ausblenden können, ist für uns nicht nachvollziehbar und grenzt an Kurzsichtigkeit. Es fehlt der Blick für fehlendes Personal, hohe Belastungen und andauernde Leistungen am Limit. Die Erhöhung wäre eine Möglichkeit für den Nachwuchs attraktiver zu werden. Beide Aspekte werden allerdings komplett ausgeblendet.“
Schmidt nimmt an den Tarifverhandlungen am Wochenende teil, ist aber skeptisch, dass die TdL diesmal mehr entgegenkommen zeigen wird. Auf die Frage von Ddorf-aktuell, ob es in diesem Fall in der kommenden Woche eine Ausweitung der Streiks geben würde, verwies sie auf die steigenden Inzidenzzahlen. Die Gewerkschaften würden auf die Pandemielage reagieren und ihre Aktionen darauf ausrichten, versicherte sie.
Die Kernforderungen der Gewerkschaften lauten: Die Tabellenentgelte der Beschäftigten sollen um 5 Prozent, mindestens aber um 150 Euro, für Beschäftigte im Gesundheitswesen um mindestens 300 Euro, monatlich erhöht werden. Die Entgelte der Auszubildenden, Studierenden und Praktikantinnen und Praktikanten sollen um 100 Euro monatlich erhöht werden. Die Laufzeit soll 12 Monate betragen.