Obdachlosigkeit in Düsseldorf durch Housing First beenden
In Düsseldorf leben geschätzt zwischen 250 und 400 Menschen dauerhaft auf der Straße. Einige haben sich dafür entschieden und wollen auch nicht in einer der Notschlafstellen der Stadt übernachten. Doch rund ein Drittel würde sofort in eine Mietwohnung ziehen, wenn sie denn die Möglichkeit dazu hätten. Da der Wohnungsmarkt in Düsseldorf so angespannt ist, haben Obdachlose keine Chance an eine Mitwohnung zu kommen – zu viele Menschen mit einem besseren Ansehen suchen ebenfalls.
Housing First
Der Verein fiftyfifty, der Obdachlose auf der Straße unterstützt und betreut, versucht seit mehreren Jahren Wohnraum für Obdachlose zu schaffen. Das Projekt „Housing First“ drückt dabei das Prinzip aus: Zuerst ein Zuhause, danach die Probleme angehen und so die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben haben. Durch großzügige Spenden aus der Kunstszene konnte der Verein über 40 Wohnungen finanzieren und sie an Obdachlose vermitteln. Doch der Bedarf ist wesentlich größer. Deshalb wurde nun der Verein “Housing First Düsseldorf” gegründet. Ziel ist es, Wohnungsbesitzer zu motivieren an Obdachlose zu vermieten oder Investoren zu gewinnen, die eine Wohnung kaufen und diese dann jemanden von der Straße gegen Mietzahlung zur Verfügung stellen. Dabei kümmert sich der Verein um die komplette Abwicklung. Nach erfolgreichem Einzug werden die Bewohner von Wohlfahrtsverbänden betreut.
Stadt finanziert zwei Stellen
Die Stadt Düsseldorf ist von dem Ansatz des Vereins “Housing First Düsseldorf” überzeugt. Deshalb finanziert sie zwei Sozialarbeiterstellen, die sich um den Kontakt zu potentiellen Vermietern kümmern, die Abwicklung der Bewerberauswahl, der vertraglichen Gestaltung und bei Erfolg des Einzugs regeln. Das Konzept haben fiftyfifty, der Thalia Geschäftsführer Michael Busch, der Notar Armin Hauschild, der Geschäftsführer der Düsseldorfer Drogenhilfe Michael Harbaum und die Professorin an der Hochschule Düsseldorf Dr. Anne van Rießen gemeinsam erarbeitet.
Konzept funktioniert
Michael Busch, Armin Hauschild und Patrick Weiß überzeugte die Idee. Da sie skeptisch waren, ob dieser Ansatz auch für Vermieter und Investoren funktionieren kann, gründeten sie die GbR „Runter von der Straße“ und probierten es aus. Sie kauften drei Wohnungen in Benrath und vermieteten sie an Obdachlose. Dabei war es wichtig, die richtigen Objekte zu finden. Es sollten Wohnungen in verschiedenen Mehrfamilienhäusern sein, da man auf eine gute Mischung der Hausgemeinschaft setzte. Die Erfahrungen von fiftyfifty hatten gezeigt, dass es nicht gut ist, ein ganzes Objekt zu Obdachlosenwohnungen zu machen. Das Fazit von Patrick Weiß bei der Vorstellung des Projekts am Montag (8.11.): Wir hatten mit mehr Problemen gerechnet, aber es lief alles sehr gut. Als Vermieter trafen sie mit den Obdachlosen auf sehr dankbare Mieter, die ihre Chancen nutzen wollten und sich gut in die Hausgemeinschaften einfügten. „Wir freuen uns sehr, die Stadt Düsseldorf für die Vision gewonnen zu haben, dass unsere Stadt die erste auf der Welt ist, wo keine Menschen mehr obdachlos auf der Straße sein müssen. Ohne diese Unterstützung an entscheidender Stelle wäre die Umsetzung nicht möglich“, so Michael Busch. Nach dem Selbstversuch wollen die Gesellschafter nun aktiv gemeinsam mit dem Verein “Housing First Düsseldorf” in ihren Netzwerken dafür werben, Obdachlosen Wohnraum zu geben.
Anreiz für Vermieter und Investoren
Viele Wohnungen in Düsseldorf sind in Privatbesitz, daher sollen neben Wohnungsbaugesellschaften diese Immobilienbesitzer motiviert werden, sich mit Hilfe des neuen Vereins für die Bekämpfung der Obdachlosigkeit in Düsseldorf zu engagieren. Negativzinsen von den Banken und günstige Finanzierungszinsen machen das Projekt auch für Menschen attraktiv, die Geld anlegen möchten und dabei Gutes tun wollen. Es sind zwar nicht hochpreisige Mieteinnahmen zu erwarten, aber die Gesellschafter von „Runter von der Straße“ versichern, eine Rendite ist möglich. Es gibt auch die Möglichkeit einen Probewohnvertrag mit der Stadt Düsseldorf abzuschließen, die dann als Mieter auftritt und die Wohnung an Obdachlose vermittelt. Für die Vermieter bleibt zu Zusicherung, dass sich Sozialarbeiter um die Mieter kümmern und bei Problemen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
Chance für Obdachlose
Miriam Koch, Leiterin des Düsseldorfer Amtes für Migration und Integration, sieht zum Gelingen des Projekt nun ganz entscheidend das Zurverfügungstellen von weiteren Wohnraum. Zwar gibt es in Düsseldorf das Handlungskonzept Wohnen, das Investoren vorgibt bei Neubauprojekten 40 Prozent (Erhöhung auf 50 Prozent ist in Arbeit) öffentlich geförderten oder preisgedämpften Wohnraum zu errichten, aber das hilft Obdachlosen nicht. Zu hoch ist die Nachfrage von anderen Wohnungssuchenden. Einen festgelegten Prozentsatz von günstigen Neubauwohnungen für Obdachlose zu reservieren, wäre ein Weg, über den die Stadt Düsseldorf beraten müsste.
Stadtdirektor Burkhard Hintzsche erklärt: “Als Solidargemeinschaft ist es unsere menschliche und moralische Pflicht und unser Ziel, allen Menschen zu helfen. Die Initiative stellt einen weiteren Baustein im Düsseldorfer Hilfenetz gegen Obdachlosigkeit dar.”
Dr. Anne van Rießen betont, dass die Schaffung von Wohnraum für Obdachlose auch aus wissenschaftlicher Sicht ein Gewinn für alle sei. Der Erfolg von Housing First sei international nachgewiesen. Die Kosten, die die Stadt für Notschlafstellen und Unterkünfte trage, würden entfallen.
Ziel des Vereins ist es bis Ende 2022 mindestens 20 neue Wohnungen für Obdachlose zu finden und zu vermitteln. Ein erster Anfang ist gemacht: drei Wohnungen konnten bereits bezogen werden, vier weitere sind in Aussicht gestellt.
Weitere Infos über den Verein finden sie hier