Deutschland-Premiere in Düsseldorf Golzheim: die mit 5G Antennen gespickte Litfaßsäule
Kommen zwei Autos an die Kreuzung Rossstraße/Rolandstraße in Düsseldorf Golzheim. In Sekundenbruchteilen verständigen sich die Fahrzeuge darauf, wer Vorfahrt hat. Das funktioniert in Echtzeit über das 5G-Mobilfunknetz – völlig vorbei an den Passagieren. Denn Menschen sind im Verkehr der Zukunft nur noch Beifahrer. Die technischen Voraussetzungen dafür hatte am Donnerstag (7.10.) in Düsseldorf Deutschland-Premiere: Jede Menge Männer in überwiegend dunklen Anzügen verbeugten sich vor der bundesweit ersten Litfaßsäule mit eingebauten 5G-Mobilfunkantennen.
Das Geheimnis der Kunststoff-Kuppel
Zu erkennen ist sie an der Bowler-Hut-förmigen Kunststoff-Kuppel oben auf der Röhre, an die der Berliner Verleger Ernst Litfaß ab 1855 Plakat-Ankündigungen für alles klebte, was durch die Hauptstadt-Säle fegt – egal, ob Polka oder Politik. Er bekam von Berlin die Erlaubnis dazu, um dem wilden Plakatieren ein Ende zu bereiten.
Jede vierte Litfaßsäule geht auf Sendung
Die Litfaßsäule 4.0 soll dem langsamen Mobilfunknetz ein Ende bereiten. 150 der 600 Düsseldorfer Litfaßsäulen sollen Antennen bekommen; sichtbar nur, für Menschen, die ganz genau hinschauen. In einem Umkreis von 400, 500 Metern können Vodafone-Kunden erkennen, dass sie nun auf der schnellstmöglichen Welle surfen. Ab sofort seien Geschwindigkeiten von bis zu 1000 Megabit pro Sekunde und minimale Reaktionszeiten von weniger als 10 Millisekunden möglich, heißt der Werbetext dazu. Video-Streamings aufs Handy oder Tablet laufen so ruckelfrei. Bildtelefonie wird stabiler. Die Sache mit den selbstfahrenden Autos oder auch mit ferngesteuerten Medizinrobotern oder Baustellenkränen bleibt erst einmal Fantasie – braucht aber eben 5G mit seiner äußerst minimalen Übertragungsverzögerung, Experten sprechen von „Latenz“.
Von „falschem“ und „echtem“ 5G
Momentan mogeln die Betreiber da ein wenig. Häufig ist die Rede von „falschem“ und „echtem“ 5G. Damit ist gemeint, dass viele Menschen insgeheim 4G nutzen, wo 5G versprochen wird. Je weiter der Ausbau vordringt, desto „echter“ soll 5G werden. Bezogen auf Düsseldorf nannten die Techniker von Vodafon diese Zahlen zur Abdeckung: 80 Prozent der Düsseldorfer habe bereits das „falsche“ 5G, etwa zehn Prozent surfe mit „echtem“ 5G.
Schwierige Standortsuche
Gerhard Mack, der für Technik bei Vodafone Deutschland zuständige Geschäftsführer, freut sich nach eigenen Worten auf die Möglichkeit, Litfaßsäulen mit jeweils drei, Schuhkartongroßen Sendeantennen ausstatten zu können: „Wir haben gerade im innerstädtischen Bereich Probleme, Standorte für unsere Antennen zu finden.“ Hausbesitzer fürchteten Auseinandersetzungen mit ihren Mietern, unter denen Menschen sein könnten, die sich vor der Strahlenbelastung fürchten. Da kommen die Litfaßsäulen offenbar gerade recht. Es dauerte ein Jahr, die Technik darin zu entwickeln. „Wir konnten nicht einfach die Antennen von den Sendemasten abschrauben und hier einbringen“, sagt ein Elektroingenieur. Das wäre nicht zulassungsfähig gewesen.
„Düsseldorf will 5G“
Für Oberbürgermeister Stephan Keller sind die 5G-Antennen in 4,79 Meter Höhe über dem Bürgersteig deshalb kein Problem, weil die Bundesnetzagentur der Litfaßsäule den Prüfstempel gegeben habe: „Ich gehe daher davon aus, dass diese Technik sicher ist. Und um es ganz klar zu sagen: Düsseldorf will einen Ausbau von 5G.“ Gesagt in einem Unterton, mit dem Keller deutlich zu machen pflegt: „Dies ist für mich alternativlos. Die Diskussion ist beendet.“
Am Straßenrand
So war der Rest der Pressekonferenz am Straßenrand: Marketing pur. Vom Düsseldorf Marketing stammt die erste Idee zur sendefähigen Litfaßsäule. Betreiber Ilg entwickelte den Bowler-Hut, den er „Basilika“ nennt, und freut sich auf 150 moderne 5G Litfaßsäulen. Die Netzgesellschaft als Tochter der Stadtwerke Düsseldorf legt den Strom und Vodafone wartet nun darauf, dass andere deutsche und europäische Städte Düsseldorf nacheifern wollen. Im 5G-Ausbau mit Hilfe von 165 Jahre alten Litfaßsäulen.