Düsseldorf: Bisher nutzen 17,8 Millionen Bürger*innen den Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl
Seit der Online-Schaltung am 2. September haben 17,8 Millionen Bürger*innen ihre Standpunkte beim Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl zu 38 Thesen mit denen von 39 Parteien verglichen und damit einen neuen Nutzungsrekord aufgestellt. Das Tool der Bundeszentrale für politische Bildung wird von Wissenschaftler*innen der Wahl-O-Mat-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Marschall begleitet. Der bisherige Rekord lag bei der Bundestagswahl 2017 bei 15,7 Millionen Nutzungen.
„Für Wähler, die ihre Wahlentscheidung auch von inhaltlichen Fragen abhängig machen, senkt der Wahl-O-Mat den Aufwand, sich mit Parteien auseinanderzusetzen und deren Standpunkte mit den eigenen Positionen abzugleichen. Das Tool gibt eine erste Orientierung und motiviert die Nutzer darüber hinaus zur weiteren Informationssuche,“ erklärt Prof. Dr. Stefan Marschall den Erfolg.
Forscher und Redakteure arbeiten zusammen
Erstellt wird der Wahl-O-Mat von einer Redaktion von 20 Redakteuren, die zwischen 18 und 26 Jahren alt sind, also selber zu den Erst- und Zweitwähler*innen gehören. Seit Juni hat sich das Team mit weiteren Experten online getroffen und zunächst 80 Thesen in einem Workshop erstellt. Diese wurden mit der Bitte um Stellungsnahme an die Parteien geschickt. Aus diesen 80 Thesen wurden schließlich die 38 ausgewählt, die die Parteien gut unterscheidbar machen. Das Team der Wahl-O-Mat-Forschung der HHU begleitete die Redakteur*innen. Dabei beteiligten sie sich an der Recherche sowie der Thesenerstellung, kontrollierten die Antworten der Parteien auf inhaltliche Konsistenz und wählten die finalen 38 Thesen mit aus.
„Die Online-Gestaltung war wirklich super gelungen. Durch eine Cloud war das Arbeitsmaterial immer gut zugänglich und im Anschluss an die Tagesprogramme konnten wir – in einer abendlichen Runde mit Gesprächen und der Möglichkeit zu Online-Spielen – auch die anderen Redakteure besser kennenlernen. Ein offener Austausch war so sehr gut möglich,“ berichtete die 21-jährige Alina Langenberg als Mitglied der Redaktion.
38 Thesen
Die Thesen umfassen ein breites Spektrum, die der Wahl-O-Mat-Nutzer jeweils mit „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ beantworten kann. Dazu gehören beispielsweise Aussagen zu Tempolimit auf Autobahnen, Austritt Deutschlands aus der EU, Kohleausstieg im Jahr 2038, Familiennachzug für Flüchtlinge, Gendern, Mindestlohn von 12 Euro, Wahlalter 16 Jahre, Zuständigkeit des Bundes bei Schule oder ob die Patente für die Corona-Impfstoffe freigegeben werden sollen. Nach der Beantwortung besteht die Möglichkeit den eigenen Standpunkt mit dem einer oder mehrerer Parteien abzugleichen. Der Wahl-O-Mat gibt dann in Prozenten die Übereinstimmung mit den ausgesuchten Parteien an.
Wissenschaftliche Begleitung
Zu dem Wahl-O-Mat-Einsatz gehörte auch in diesem Jahr die Nutzer*innen-Befragung der Wahl-O-Mat-Forscher. Seit 2003 wird jeder Einsatz von einer Anschlussbefragung begleitet, bei der die Motivation, der Erkenntnisgewinn aus der Nutzung des Tools sowie weitere Charakteristika der Wahl-O-Mat-User abgefragt werden. Dabei kam heraus, dass einige Nutzer bereits Stammkunden des Wahl-O-Mats sind. War die größte Nutzergruppe bei dem ersten Bundestags-Wahl-O-Mat 2002 noch zwischen 20 und 29 Jahren alt, so waren dies im Jahr 2017 schon die Nutzer*innen der Altersgruppe 50-59. Der durchschnittliche Wahl-O-Mat Nutzer ist immer noch relativ jung und die Altersgruppen verteilen sich nahezu gleich .
Die Fritz Thyssen Stiftung fördert in diesem Jahr ein Projekt zur Bundestagswahl, das über die regelmäßige Anschlussbefragung hinausgeht. Dabei geht es um die Erkennung von Mustern politischer Informationssuche der deutschen Wählerschaft. Gerade in Zeiten von Corona, wo der übliche Wahlkampf seitens der Parteien nur eingeschränkt möglich ist, wird der Frage nachgegangen, welche Rolle der Wahl-O-Mat in der Information spielt. Bei der Online-Panel-Befragung werden zu vier Zeitpunkten Daten erhoben, die Informationen über die Nutzung und Wirkung des Wahl-O-Mat liefern. Bereits jetzt liegt ein repräsentatives Ergebnis für die deutsche Wahlbevölkerung aus der ersten Befragungswelle vor dem Start des Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl vor. Das zeigt, dass 68,5 Prozent den Wahl-O-Mat kennen und 55,5 Prozent ihn bereits mindestens einmal genutzt haben. Zudem nutzt fast jeder Fünfte das Tool sogar regelmäßig, auch über die eigene Wahlteilnahmen hinaus und aus Neugier an den Themen oder Spaß am Tool selbst. Aus Sicht der Forschung sind dies beachtliche Zahlen, die sich angesichts des nun laufenden Wahl-O-Mats zur Bundestagswahl voraussichtlich noch einmal steigern werden.
Wahl-O-Mat nicht nur bei der Bundestagswahl
2021 konnten und können insgesamt sechs Wahl-O-Mat-Versionen gespielt werden. Im März und Juni gingen die Versionen zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt online. Für Prof. Marschall ist insbesondere der Wahl-O-Mat für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern eine Erfolgsmeldung: „Mit der erstmaligen Version für eine Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern ist der Wahl-O-Mat nun in allen 16 Bundesländern mindestens einmal angeboten worden. Dieser Meilenstein unterstreicht, wie wichtig und etabliert das Angebot für die Wählerschaft ist.“