Düsseldorf Eller: Mieter*innen der Kissinger Straße enttäuscht vom Runden Tisch
Am Mittwoch (2.9.) setzten sich Vertreter der Mieter der Kissinger Straße in Düsseldorf Eller zum zweiten Mal mit den Eigentümern, Bezirksvertretern und Mieterbund an einen Tisch, um die Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahmen zu besprechen. Während die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft (ASWG) – Haupteigentümer ist das Bistum Köln – ihr Entgegenkommen als „gut“ bezeichnet, waren die Bewohner*innen enttäuscht vom Gespräch. Sie wollen am 9. September eine Mieterversammlung abhalten, um das weitere Vorgehen zu diskutieren.
Was bisher geschah
Die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft besitzt in der Kissinger Straße neun Häuserblöcke mit 160 Wohneinheiten. Die Mieten dort sind noch bezahlbar, was auch damit zusammenhängt, das jahrzehntelang nichts in die Häuser investiert wurde. Nun sollen alle neun Gebäude um eine Etage aufgestockt und die Wohnungen modernisiert werden. Während Instandhaltungsarbeiten nicht auf die Mieter umgelegt werden dürfen, ist das bei Modernisierungen anders. Daher ist bei den Bewohnern die Freude über frisch renovierte Häuser in Angst umgeschlagen. Denn nach monatelangem Baulärm und Dreck werden die Mieten im Anschluss kräftig steigen. Für viele Mieter*innen sind die Wohnungen dann nicht mehr finanzierbar. Von der Aachener SWG erhielten die Mieter Ende 2020 ein Standardschreiben, in dem über die geplanten Arbeiten informiert wurde. Es gab keine persönliche Ansprache oder Erläuterung darüber, welche Möglichkeiten bestehen, die sozialen und finanziellen Auswirkungen für die Bewohner in einem erträglichen Maß zu halten.
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum auf der Seite der Mieter*innen
Aber die Mieter*innen hatten Glück, denn das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum wurde auf den Fall aufmerksam. Hier erhielten die Menschen Beratung und Aufklärung über ihre Möglichkeiten. So war nach der Ankündigung der umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungs-Arbeiten kaum jemandem klar, dass man einen Härtefall erklären kann, wenn die angekündigte Mieterhöhung die finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Dies wurde in zahlreichen Fällen nachgeholt, was der ASWG verdeutlichte, dass hier nicht alles einfach hingenommen werden würde.
Lange Baumaßnahmen und höhere Mieten
Die geplanten Baumaßnahmen sind umfangreich. Die Badezimmer mit Toiletten werden umgebaut, Küchen ausgebaut, Heizungs- und Wasserrohre neu verlegt und die Zugänge zu den Wohnungen verändert. Jedes Haus wird um eine Etage aufgestockt. Die Keller müssen komplett geräumt werden, da im Rahmen der Arbeiten eine Neuaufteilung erfolgen soll. Die angekündigten höheren Mietkosten will die Aachener SWG erst nach Abschluss der kompletten Maßnahmen, in circa zwei bis drei Jahren, an die Mieter weitergeben. Von bis zu zwei Euro pro Quadratmeter könne ausgegangen werden, heißt es in dem Schreiben an die Mieter. Die durchschnittliche Kaltmiete in der Kissinger Straße liegt derzeit bei 5,78 Euro und wird nach den Maßnahmen bei ungefähr 7,53 Euro liegen, eine Erhöhung um mehr als 30 Prozent. Dazu kommen noch die steigenden Nebenkosten durch den Einbau des Aufzuges sowie die neue Vorauszahlung für Heiz- und Warmwasserkosten von 1,20 pro Quadratmeter.
Runder Tisch mit der BV wird initiiert
Anfang April hatte die Bezirksbürgermeisterin der BV 8 die beteiligten Gruppen zu einem ersten Runden Tisch eingeladen, um die Kommunikation zu ermöglichen. Die Mieter*innen sahen das als ein gutes Zeichen, denn sie hofften auf ein Entgegenkommen der Eigentümer. Haupteigentümer ist das Erzbistum Köln, von dem man sich eine soziale Einstellung gegenüber den einzelnen Menschen erhoffte und keine profitorientierte. Doch die Mieter*innen hatten das Gefühl, dass ihre Forderungen abgeblockt wurden. Der zugesagte Ansprechpartner auf der Baustelle ist zwar benannt, aber nur an zwei Stunden in der Woche überhaupt erreichbar. Bei aktuellen Problemen hilft das den Mietern nicht. Der Lärm, der Dreck und die Einschränkungen, die die Mieter*innen ertragen müssen, wird in ihren Augen ignoriert.
Vor dem zweiten Runden Tisch wurde bekannt, dass die Mieter nun ihre Keller räumen sollen. Als Ersatzfläche wurden Container angekündigt – allerdings ohne die Aussage, wie in Gemeinschaftscontainern der Zugriff sichergestellt wird und es gleichzeitig nicht zu Diebstählen oder Beschädigungen kommt. Ungelöst ist auch das Problem der pflegebedürftige Mieter*innen. Ihnen wurde wohl ein Tagesaufenthalt in ruhigeren Wohnungen angeboten – keine zufriedenstellende Lösung, finden sie.
Zweites Gespräch am 1. September
Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum sieht die zweite Verhandlungsrunde als gescheitert an. Zwar hatte die ASWG sich bereit erklärt, im ersten Jahr nach den Modernisierungen auf Mieterhöhungen zu verzichten, erklärte aber auch, dass sie bei nur 20 Prozent Mietminderung während der Bauphase bleiben wird. Nach der einjährigen Schonfrist steht weiterhin die Mieterhöhung um zwei Euro pro Quadratmeter an. Die Angst unter den Mieter*innen grassiert weiter, sich nach den Erhöhungen ihre Wohnung nicht mehr leisten zu können. Die Stimmung ist nicht gut, da viele bereits massiv unter den Baumaßnahmen leiden.
Über 20 der 160 Wohnung wurden bereits aufgegeben, die Mieter*innen haben sich Alternativen gesucht. Johannes Dörrenbächer, Sprecher des Bündnisses, erklärt dazu: „Gemeinsam mit den Mieter*innen werden wir weiter für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum kämpfen. Den Mieter*innen nutzt eine verzögerte Mieterhöhung nach einem Jahr nur kurzfristig. Trotzdem zeigt das Beispiel Kissinger Straße, dass es sich für Mieter*innen lohnt, sich gemeinsam zu wehren. Außerdem ist die Politik gefragt. Wir brauchen dringend eine Milieuschutzsatzungen, die Modernisierungen genehmigungspflichtig macht. Modernisierungen dürfen nicht weiter als Gentrifizerungs-Beschleuniger genutzt werden.“
Aachener gibt sich entgegenkommend
Die ASWG betont, in Zusammenarbeit mit dem Mieterverein Düsseldorf eine verbindliche Härtefallregelung für die Mieter*innen zu erarbeiten und verweist auf das bestehende Hilfs- und Beratungsangebot zu Themen wie Wohngeld etc.. Die Mitglieder der Bezirksvertretung sollen regelmäßig über die Fortschritte auf der Baustelle informiert werden. Konkrete Zusagen an die Mieter*innen gab es nicht.
Astrid Bönemann (SPD), Mitglied der Bezirksvertretung, hätte sich bei der Mietminderung von 20 Prozent und der angestrebten Mieterhöhung mehr Entgegenkommen der Eigentümer gewünscht, würdigt aber den Aufschub der Mieterhöhung. „Es wird im ersten Jahr nach Abschluss der Arbeiten keine Umlage der Kosten auf die Mieter geben“, so Astrid Bönemann, die Initiatorin des Runden Tischs. „Das ist ein großes Entgegenkommen der Aachener!“. Sie wertet dies als Erfolg der Hartnäckigkeit des Bündnisses. „Die Aachener wird den Mietern ein Gesprächsangebot machen, wenn sie diese Erhöhung nicht tragen können. Dann soll bereits im Vorfeld geklärt werden, wie weit die Aachener ihren Mietern entgegenkommt, damit sie nicht ausziehen müssen.“ Das alles soll in Absprache mit dem Mieterverein geschehen, der auch bei dem Treffen anwesend war.