Düsseldorf: Ausstellung “Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern” ab Donnerstag im Stadtmuseum zu sehen
Mit der Ausstellung “Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern” im Düsseldorfer Stadtmuseum wird das Leben des Kunsthistorikers und Galeristen Max Stern, der nach seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten in Deutschland nahezu in Vergessenheit geriet, geehrt. Kurator Dr. Dieter Vorsteher hat dabei nicht nur die Zeit nach 1937 betrachtet, in der Stern gezwungen wurde, seinen Kunsthandel auf der Königsallee zu schließen und zu emigrieren. Er zeigt auch das Leben der Familie Stern auf, wie der Vater mit dem Sammeln von Kunststücken begann und später, wie Max Stern der Neuanfang in Kanada gelang. Die Ausstellung stützt sich auf Erinnerungsskizzen von Max Stern und vereint bislang unveröffentlichte Dokumente aus seinem Nachlass mit Quellen aus hiesigen Archiven. Die Gemälde aus Stern Galerie wurden nach seiner Emigration an Museen oder Privatleute weit unter Wert verscherbelt. Deshalb beschäftigt sich die Ausstellung neben dem Unrecht, das der Familie widerfahren ist, auch mit der Arbeitsweise der Provenienzforschung und stellt Erkenntnisse anhand ausgewählter Beispiele vor.
Die Eröffnung
Eröffnet wurde die Ausstellung am Mittwochabend (1.9.) im feierlichen Rahmen mit geladenen Gästen. Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, die NRW-Kultur-Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, und Ursula Mahler, Stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, sprachen Grußworte.
“Uns ist es ein Anliegen in Düsseldorf, über das Leben und das Schicksal von Max Stern zu informieren – wissenschaftlich fundiert, mit vielen bislang unveröffentlichten Materialen aus seinem Nachlass und eingeordnet mit Dokumenten aus Archiven. Die Geschichte der Familie Stern ist ein Beispiel dafür, welches Unrecht jüdischen Düsseldorferinnen und Düsseldorfern während der Barbarei der Nazis angetan wurde. Diese Ausstellung ist Teil der Erinnerungskultur in Düsseldorf, die wir auf unterschiedliche Weise, aber immer mit sehr viel Engagement und Überzeugung pflegen,” betonte Keller.
“Im öffentlichen Bewusstsein sind Biografien jüdischer Bürgerinnen und Bürger als Verfolgungs- und Opfergeschichten von NS-Repressalien präsent. Der Titel der Ausstellung macht dies deutlich. Diese Ausstellung will aber den Blick auch auf die Jahrzehnte vor dem NS-Terror richten und den Besucherinnen und Besuchern die Lebensleistung der Familie Stern nahebringen. Denn ihre Biografien zeigen, dass sie ein lebendiger und mitgestaltender Teil der bürgerlichen Gesellschaft waren. Das Ausmaß der Entrechtung und Beraubung wird so umso deutlicher,” beschrieb Kurator Dr. Dieter Vorsteher die Intention der Ausstellung.
Sigrid Kleinbongartz, stellvertretende Leiterin des Stadtmuseums: “Die Ausstellung ermöglicht einem breiten Publikum einen Zugang zum Leben des aus Deutschland vertriebenen Kunsthändlers Max Stern. Ein weiteres Mal widmet sich das Stadtmuseum damit einer Persönlichkeit der Düsseldorfer Kulturszene der 1930er Jahre, die aufgrund des nationalsozialistischen Terrors zu Berufsaufgabe und Emigration gezwungen wurde. Das Schicksal von Max Stern und seiner Familie sowie ihrer Galerie auf der Königsallee sind Teil der Stadtgeschichte. Mit der Begleitpublikation, dem Katalog zur Ausstellung, erscheint zugleich ein Düsseldorfer Beitrag zur Max-Stern-Forschung.”
Die Ausstellung
Über 14 Stationen, die unter anderem aus großformatigen Tafeln bestehen, werden den Besucher*innen die Geschichte Max Sterns und seiner Familie sowie die Ereignisse um die Galerie erzählt. Die Stationen reichen thematisch von den Vorfahren Sterns, der Galeriegründung und Zeit in Düsseldorf über den Wendepunkt 1933, die Zeit des Nationalsozialismus, die Entrechtung und Flucht der Familie Stern bis hin zum Neuanfang Max Sterns in Kanada und der Suche nach den Bildern, die er in Deutschland zurücklassen musste. Biographische Zeugnisse, Archivalien, private Fotografien und zeitgenössisches Filmmaterial, Kunstwerke aus der Galerie Stern sowie eine interaktive Medienstation ergänzen dabei die Ausstellungskapitel.
Leigaben und Quellen
Kurator Dr. Dieter Vorsteher konnte Quellen in der National Gallery of Canada, Library and Archives (Ottawa) einsehen. Dort liegen die Nachlässe von Max Stern, seiner Londoner Galerie sowie der Nachlass der Familie Thalheimer (Schwester und Schwager von Max Stern). Materialien aus dem kanadischen Archiv wurden für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. Zahlreiche Leihgaben aus Museen, Archiven und Bibliotheken bieten Einblicke in das Leben und Wirken Max Sterns. So wird erstmals die Gestapo-Akte Max Sterns aus dem Landesarchiv NRW im Original präsentiert, die die schrittweise Entrechtung und Beraubung der Familie Stern aufzeigt. Außerdem erzählen Werke namhafter Künstler wie Hercules Seghers, Adam Elsheimer und Vertreter der Düsseldorfer Malerschule ihre eigenen Geschichten zu Entdeckung, Kauf, Schenkung oder Tausch in Zusammenhang mit der Galerie Stern.
Provenienzforschung
Das Thema Provenienzforschung bildet einen weiteren Themenschwerpunkt der Ausstellung. In einem zentralen Raum werden die Arbeitsweise sowie aktuelle Recherchen der Düsseldorfer Forschung im Zusammenhang mit der Galerie von Julius und Max Stern vorgestellt. An einer vom Landschaftsverband Rheinland geförderten Medienstation können Besucher*innen am Beispiel des Gemäldes “Abendstimmung an der Nordsee” von Heinrich Heimes dessen Herkunft interaktiv nachspüren. In der gesamten Ausstellung laden Informationstafeln zu ausgewählten Gemälden dazu ein, die Wege von Kunstwerken, die in Zusammenhang mit der Galerie Stern stehen, zu verstehen.
Umstrittene Absage 2017
Gleich zu Beginn des Ausstellungsrundgangs wird aber auch auf die kontroverse Diskussion der vergangenen Jahre um die Ausstellung Stern verwiesen. Die Stadt Düsseldorf restituierte im November 2013 ein Selbstbildnis des Künstlers Wilhelm von Schadow an den Stern Estate. Das Gemälde wurde von Max Sterns Erben dem Stadtmuseum fortan als Dauerleihgabe überlassen. Ein gemeinsames Ausstellungsprojekt zu Max Stern wurde initiiert, aber 2017 seitens der Stadt Düsseldorf zunächst abgesagt. Mit der Absage haben einige wichtige Kooperationspartner ihre Zusammenarbeit aufgekündigt, darunter das Max Stern Art Restitution Project und das kanadische Kuratorenteam. In den vergangenen Jahren wurde der Kontakt mehrfach gesucht, um eine erneute Zusammenarbeit zu ermöglichen bzw. wiederaufzunehmen. Dies misslang. Daher wurde beschlossen, die Schau in der am 1. September eröffneten Form im Stadtmuseum zu zeigen.
Presseberichte zur damaligen Absage des ursprünglichen Ausstellungsprojektes und die Reaktionen der nationalen und internationalen Presse aus den Jahren 2017 und 2019 stehen Interessierten in einem Pressespiegel zur Verfügung.
Eintritt und Führungen
Bürger*innen haben am 2. und 3. September die Möglichkeit, die Schau bei freiem Eintritt zu entdecken. Darüber hinaus ist der Eintritt regulär für alle Besucher*innen des Stadtmuseums sonntags sowie in der “Happy Hour” dienstags bis samstags von 17 bis 18 Uhr kostenlos.
Das Stadtmuseum an der Berger Allee 2 ist täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet, nur montags ist geschlossen.
Die Ausstellung kann bis zum 30. Januar 2022 besucht werden.
Begleitend zur Ausstellung wird es Führungen geben. Für diese ist eine vorherige Anmeldung unter der Rufnummer 0211-8996170 erforderlich. Folgende Termine stehen bereits fest: Sonntag, 5. September, 15 Uhr; Donnerstag, 9. September, 17 Uhr; Sonntag, 19. September, 15 Uhr; Donnerstag, 23. September, 17 Uhr; Sonntag, 3. Oktober, 15 Uhr. Weitere Termine folgen und werden veröffentlicht unter: www.duesseldorf.de/stadtmuseum. Führungsbuchungen (auch barrierefrei) sind über Cornelia Hantschke, Telefon +49 -(0)211-89-96179 oder E-Mail cornelia.hantschke@duesseldorf.de buchbar.
Zur Ausstellung gibt es einen 244 Seiten starken Katalog, der auch im Stadtmuseum erhältlich ist. Der Museumspreis beträgt 24,90 Euro. “Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern”, Herausgeber: Stadtmuseum Düsseldorf im Auftrag der Landeshauptstadt Düsseldorf; Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König; ISBN: 978-3-7533-0020-7
Der Kunsthistoriker Max Stern
Der Kunsthistoriker Max Stern stieg 1928 in die 1913 gegründete und seit 1917 an der Königsallee ansässige Galerie seines Vaters Julius Stern (1867-1934) ein. Sie zählte neben den Galerien von Alfred Flechtheim, Johanna Ey, Hans und Georg Paffrath und Dr. Joseph Schönemann zu den prominentesten Adressen des Düsseldorfer Kunsthandels im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Max Stern gehört zu den Opfern des Nationalsozialismus. Wegen seiner jüdischen Abstammung wollte die Reichskammer der Bildenden Künste Max Stern im August 1935 als Mitglied ausschließen. Die Mitgliedschaft war Voraussetzung für eine Tätigkeit als Kunsthändler. Das Verfahren zog sich über zwei Jahre hin. Im September 1937 war Stern endgültig gezwungen, seine Galerie aufzulösen. Stern floh kurze Zeit darauf über Paris nach London. 1940 wurde er in Großbritannien interniert und von dort aus nach Kanada gebracht.