Kunstpunkte 2021 in Düsseldorf: Aber bitte mit Maske!
„Geimpft, genesen, getestet, genervt“, hat jemand auf eine der ausliegenden Meldelisten geschrieben. Maske, Abstand, immer schön achtgeben: Im zweiten Corona-Jahr ist die Suche nach den Düsseldorfer Kunstpunkten nicht gerade entspannter geworden. Und doch traf man am ersten Wochenende der beliebten Aktion wieder zahlreiche Fans, Freunde und Kunden in den offenen Ateliers – zunächst im Süden der Stadt. Die Sehnsucht nach Kultur und Inspiration ist einfach größer als der allgemeine pandemische Stress.
Ein paar Türen mehr als sonst bleiben vielleicht verschlossen. Aber es sind immer noch weit über 400 Maler, Bildhauer und andere Künstler*innen, die sich beteiligen. Und die eng gedruckte Liste auf dem Flyer bleibt mit 212 verschiedenen Adressen eine echte Herausforderung. Aber man kann ja ohnehin nicht alles abarbeiten. Erfahrene Wanderer auf der Punkte-Route haben so ihre Lieblingsziele. Zum Beispiel das Atelierhaus an der Reisholzer Werftstr. 75-77, Industrieruinen-Romantik direkt am glitzernden Rhein.
Spiel mit Nähe und Distanz
Der Verein „Kunst im Hafen“ hat sich nicht nur etwa 20 Ateliers in ehemaligen Werftgebäuden eingerichtet, sondern nutzt auch eine Lagerhalle als luftigen Ausstellungssaal für ganz verschiedene Werke, die sich ohne kuratorische Konzepte vertragen. Da hängen, ganz Old-school-Malerei (Öl auf Holz), ein paar witzig-hintersinnige Stillleben von Dirk Balke, der seinen Motiven Porzellanhund und Winkekatze auf einem Bild zeitgemäße Atemmasken verpasst hat. Gleich daneben dokumentiert ein Video eine Klang- und Bewegungsaktion, die Bertolt Mohr während des Lockdowns in leerer Halle inszeniert hat: „Closeness and distance“, Nähe und Distanz – unser aller Thema.
Weiter hinten, wo an der Wand die wild bewegten und doch zarten Blumen des „sanguinischen“ Malers Eckart Roese blühen, sucht der japanische Kollege Hiroyuki Masuyama nach Paaren für eine neo-romantische Fotomontage und zeigt zugleich „work in progress“, indem er die Umrisse einer Besucherin auf ein Wandpapier überträgt und daraus eine sensibel vibrierende Groß-Zeichnung macht. Nebenan kann man noch sein Atelier besuchen und die mannshohen, perfekt gearbeiteten Holzkugeln einer „Weltreisezeit“ bewundern. Auch Konzeptkünstlerin C.U. Frank, die den Rückseiten der Bilder kreative Beachtung schenkt, und die Menschen-Malerin Heike Ludewig, eine Meisterschülerin von Beate Schiff, haben ihre Rhein-Ateliers aufgeschlossen und freuen sich über Besucher.
Auf die Haltung kommt es an
Eine etwas bravere Atmosphäre herrscht in den einstigen Bürogebäuden an der Lierenfelder Str. 39, wo man im Werkstattladen von Michaela Donsbach schönes Düsseldorfer Schmuckdesign entdecken kann. Extravagant sind die skulpturalen Ringe aus Silberblech von Kazuko Nishibayashi. Durch einen anderen Eingang kommt man ins Atelier der Lüpertz-Schülerin Brigitte Groth, die einige großformatige, eigenwillige Bilder von Kindern und Trachtentänzerinnen zeigt – allerdings ohne jede Idylle. Es geht um Gesten, Bewegungen, innere Haltungen. Ihre Nachbarin, die junge Mexikanerin Alejandra Baltazares, gehört erst seit einem Jahr zu der Lierenfelder Gemeinschaft, plant Performances für die Zukunft und sucht in fast abstrakter Malerei nach Halt und Ausdruck in dieser Zeit der allgemeinen Verunsicherung.
Die Malerin und Lyrikerin Johanna Hansen hat ihren Platz längst gefunden. Sie residiert in einem privaten Atelier an der Bilker Düsselstraße mit kleinen Salons, wo sie auch zeigen kann, wie ihre poetisch-kraftvollen Bilder einen Wohnraum verwandeln können. So fein geordnet die Einrichtung wirkt, so frei ist die Kunst: schwebende Figuren, Gesichter und Gedichte, Tiere, Dinge, farbige Gesten. In jüngster Zeit malt Johanna Hansen bevorzugt auf Baumwoll-Papier-Tischdecken für den Gastronomiebedarf, die sie früher als Malunterlagen benutzte. Daraus hat sie mit der Grafikerin Claudia Linnhoff ein Künstlerbuch gemacht: „Tisch Tuch Notizen“, gefördert vom Kulturministerium NRW. Ein Kunstpunkt der besonderen Art.
Und so geht es weiter:
Am kommenden Wochenende, 28. und 29. August, öffnen Einzelateliers und Atelierhäuser im nördlichen Teil Düsseldorfs, der auch die Stadtmitte und die Oberkasseler Seite umfasst. Samstags von 14 bis 20 Uhr und sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet sind zum Beispiel: die Ateliergemeinschaft „Flingern 15“ an der Ackerstr. 15, das BBK Kunstforum an der Birkenstr. 47, die Ateliers auf dem Gelände der Böhler-Werke, Hansaallee 321, die Atelierhäuser an der Theodor-Heuss-Brücke (Kaiserswerther Str. 237) und an der Oberhausener Str. 15 sowie das historische Atelierhaus an der Sittarder Straße 5. Einige von Künstlern selbst betriebene „Off“-Räume wie die Betonbox im Bunker an der Münsterstr. 500 werden schon am Freitagabend, 27. August, von 19 bis 22 Uhr geöffnet. Flyer liegen in Kulturinstituten aus. Informationen auch auf der Website www.kunstpunkte.de