Düsseldorf: Heino zwischen Brahms und der schwarzen Barbara
Ein kurzes Kuscheln zur Begrüßung: Für diesen Augenblick hat Hannelore ihren Rollator und Ehemann Günter nach Düsseldorf Oberbilk manövriert. Nun sitzt sie, die mit 88 Jahren große Schwester, neben ihrem kleinen Bruder und drückt ganz fest seinen Arm. Heino (82) wirbt für seine neue Deutschland-Tournee, mit 19 Terminen zwischen dem 27. September und 13. Dezember 2021. „Heino goes Klassik“ heißt des Barden Bühnen-Comeback. Der Untertitel „Ein deutscher Liederabend“ sorgte in Düsseldorf für einen Eklat.
Rückblick in den April 2021: Erst das Machtwort von Düsseldorfs Oberbürgermeister Stefan Keller verschaffte dem singenden Sohn des Dorfs den vollen Respekt. Tonhallen-Chef Michael Becker hatte Heino Manager Helmut Werner auf den „tümelnden Untertitel“ hinweisen lassen und einen Werbeboykott verkündet: „Städtische Räume sind kein Ort für Hetze“. Das sorgte für zusätzliche Aufmerksamkeit, bis OB Keller ein „Machtwort“ sprach: Nun wirbt auch die Tonhalle für den 8. Oktober. Dann wird Heino dort auf der Bühne stehen, singen und Gitarre spielen – gemeinsam mit Franz Lambert, der mit seiner Orgel ein ganzes Orchester ersetzt und dem Violin-Virtuosen Yury Revich (28). Die Eintrittskarten kosten zwischen 71 und 101 Euro pro Person und Platz. Es gibt noch reichlich davon.
Ganz großer Bogen
An diesem 8. Oktober wird in der Partitur der ganz große Bogen gespannt: Von Schubert, Mozart Tschaikowsky und Brahms hin zur schwarzen Barbara. Der Abend sei ein Herzenswunsch des blonden Markenzeichens mit schwarzer Brille, heißt es in den Unterlagen. Heino wildert ja gern mal in anderen musikalischen Genres. Ein Klassik-CD gab es ihm schon 2008, Kirchenkonzerte singt er seit 2009. Heino gibt es als singenden Seemann, mit Country-Schnurren vom ewig lockenden Wigwam und Rockballaden. Selbst einen Enzian-Rap hat der gebürtige Oberbilker schon aufgenommen – das war 1988, lang vor dem Böse-Buben-Boom des Sprechgesangs.
Abschied vom Abschied
Doch halt – gab es da nicht jenen 26. 10. 2019 im österreichischen Linz? Heinos allerletztes Konzert. Der Abschied. Ehefrau Hannelore wünschte ihm leise Servus mit Rosen, die es regnen möge? „Och wissen Sie, der Howard Carpendale hat so oft sein letztes Konzert gegeben. Das kann ich auch“, sagt Heino fröhlich in der Oberbilker Eckkneipe „Wellnetz“.
Und wer wissen will, warum Heino Kult ist, der muss ihm einfach nur zuschauen. Vorfahrt im Auto, freundliche Begrüßung der Fotografen und ein echtes Erstaunen: „Mensch, die Haustür ist dieselbe wie damals.“ Gemeint ist die braune Pforte von Nummer 59 – hier hat Heino zwei Jahrzehnte lang gelebt, auf dem Gangelplatz zur Gitarre gesungen, während die Nachbarn in den Fenstern lagen, hat bei Schwarz-Weiß 06 gekickt und genau hier, am Tresen dieser Eckkneipe, mit dem lokalen Boxer gepichelt und Störenfriede verkloppt: „Wie hieß der doch gleich?“ Die Frage geht an Wirt Jörg Wellnetz, der die Kneipe seit 2002 betreibt und davor 13 Jahre das Vereinsheim von Schwarz-Weiß betrieb: „Ich kenne den Heino schon seit 50 Jahren.“
Notfalls Doppel-Konzerte
Da niemand das Infektionsgeschehen vorhersehen kann, hat Manager Helmut Werner zwei Probleme: Zum einen kaufen die Menschen zurzeit die Karten nur mit Zurückhaltung. „Sie können sich aber darauf verlassen, dass wir spielen werden. Wenn es nach uns geht – 3G – genesen, geimpft oder getestet; falls es uns vorgegeben wird „G – genesen, geimpft.“ Falls es Sitzplatzbeschränkungen geben sollte, werde es eben zwei Konzerte hintereinander geben – ein um 17 Uhr, ein um 20 Uhr.
83. Geburtstag im Dezember
Den Abschluss macht Heinos Klassik-Runde am 13. Dezember im Schlossparktheater von Didi Hallervorden in Berlin – wo Heino mit dem Konzert zugleich seinen 83. Geburtstag feiern wird. Mehr Show-Bizz geht kaum – in Deutschland.