Düsseldorf Gerresheim: Ostparksiedlung geflutet – Anwohner verzweifelt
Am späten Mittwochabend (14.7.) wurde deutlich, dass die vorsorgliche Evakuierung der Bewohner*innen der Ostparksiedlung in Düsseldorf Gerresheim der richtige Schritt war. Denn tausende Sandsäcke konnten nicht verhindern, wovor viele Anwohner sich gefürchtet hatten – die 350 Häuser der Siedlung wurden überflutet. Gärten und Keller stehen unter Wasser. Bis das Wasser entfernt ist, kann es noch dauern. Denn der Strom in der Siedlung wurde abgeschaltet, so dass die Bewohner*innen nur mit Eimern versuchen können, den Wasserdruck ein wenig zu mildern. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) werden die Gebäude leer pumpen – aber erst, wenn der Wasserstand gesunken ist – das kann noch dauern.
Fassungslosigkeit und Verzweiflung
Kaspar Michels wohnt am Brölweg. Eigentlich wäre er jetzt im Urlaub. Doch die Nachrichten aus Düsseldorf haben ihn so alarmiert, dass er am Mittwoch elf Stunden Fahrt auf sich nahm, um in seinem Haus nach dem Rechten zu sehen. Was er nun sieht ist ernüchternd. Trotz Sandsackwall wurde die Siedlung überflutet und damit nicht nur der Keller. Der Garten ist vollgelaufen und der Wasserpegel steht nur noch wenige Zentimeter unter dem Erdgeschoss. In einem der Nachbarhäuser ist ein Heizöltank geborsten – Ölgeruch liegt in der Luft und verdächtige Ablagerungen wabern durch den Garten. Freunde helfen mit Eimern, ein wenig Wasserdruck von dem geschlossenen Garagentor zu nehmen. Das funktioniert elektrisch – öffnen kann man es derzeit nicht. Michels beschreibt, dass alle in der Nachbarschaft Pumpen haben, denn mit der Düssel vor der Tür ist man vorbereitet. Doch diese können nicht genutzt werden, denn der Strom ist abgestellt.
Einige Menschen in der Siedlung haben Notstromaggregate angeworfen, um das Wasser abzupumpen. Die Feuerwehr bittet dringend darum, die gefluteten Keller nicht zu betreten und auf die professionelle Hilfe der Feuerwehr und des THW zu warten. Diese starten mit ihrer Hilfe, sobald der Wasserpegel der Düssel sinkt. Wann das sein wird, kann niemand genau sagen. Die Höhe des Schadens lässt sich derzeit noch nicht ermessen. Und eine Elementarversicherung haben die wenigsten, denn wer gleich neben einem Fluss wohnt, wird in der Regel von den Versicherung nicht angenommen oder muss extrem hohe Beiträge zahlen. Die Katze von Michels bleibt verstört auf der Terrasse stehen – das viele Wasser im Garten macht ihr Angst.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller verspricht Unterstützung für die Menschen in der Ostparksiedlung und anderen von Hochwasser betroffenen Bereichen. Die Feuerwehr ist mit Einsatzkräften vor Ort und steht den Anwohner*innen als Ansprechpartner zur Verfügung. In einer mobilen Feuerwache gibt es watfähige Fahrzeuge und Boote. Ein Info-Point wurde von der Stadt in der Katholischen Gemeinschaftsgrundschule, Unter den Eichen 26, speziell für die von Hochwasserschäden betroffenen Menschen eingerichtet. Er ist mit Mitarbeitenden von städtischen Fachämtern wie Umweltamt und Sozialamt, Bezirksvertretung, OSD sowie auch von Netzgesellschaft und Polizei besetzt. Der Info-Point ist täglich von 9 bis 22 Uhr geöffnet.
Stromversorgung
Voraussetzung für die Rückkehr in die Häuser ist die Wiederinbetriebnahme des Stromnetzes. Aufgrund des Starkregens hat die Netzgesellschaft seit Mittwoch einige Straßenzüge vom Stromnetz genommen. Der größte Bereich ist rund um die Ostpark-Siedlung in Gerresheim. Am Donnerstag folgten weitere Abschaltungen in Vennhausen.
Für eine Zuschaltung des Stroms ist auch die Mithilfe der Anwohner*innen notwendig. Gerhard Hausmann von der Netzgesellschaft bittet Betroffene darum, sich unter Telefon 0211-8212626 zu melden, um Auskunft darüber zu geben, ob der Keller bereits trocken oder noch geflutet ist. Der Appell lautet, das Abpumpen nicht in Eigenregie vorzunehmen, sondern auf die Profis der Feuerwehr und des THW zu warten. Alles andere sei zu gefährlich, warnt Hausmann. Die Netzgesellschaft werde den Strom nicht für einzelne Häuser wieder anstellen, sondern die Lage im gesamten Viertel berücksichtigen. Zurzeit werden in den betroffenen Gebieten Informationsschreiben verteilt.
Wassermassen
Der Krisenstab der Stadt Düsseldorf tagt seit Mittwochmorgen im Stundentakt. Die Prognosen mit Starkregen waren eindeutig. Ingo Noppen vom Stadtentwässerungsbetrieb beschrieb am Donnerstagnachmittag, wie außergewöhnlich das Ereignis war. Denn sowohl Wassermenge als auch die Dauer den Regens und die Großflächigkeit hätten zu den massiven Überflutungen geführt. Besonders die Pegel der kleine Flüsse wie Düssel, Itter, Anger, Kittelbach und Brückerbach schnellten am Mittwoch in die Höhe. Die Kanalisation sei für solche Wassermassen nicht ausgelegt, erklärte Noppen. Zusätzlich zu dem Regenfällen in Düsseldorf sei über die Flüsse Wasser aus dem Bergischen Land nach Düsseldorf geströmt. Normalerweise wird das Wasser der Nebenflüsse in den Rhein abgeleitet. Durch das drohende Rheinhochwasser muss nun darauf geachtet werden, dass nicht noch weitere Wassermengen vom Rhein in die Nebenflüsse gelangt.
Am Freitag (16.7.) wird ein Rheinpegel von über 8 Metern erwartet, bis Sonntag soll er auf 8,50 Meter steigen. Deshalb werden die Tore an der Rheinwerft und im Alten Hafen geschlossen. Die Gastronomie an den Kasematten, die Stadtstrände und auch das Openair-Kino müssen vorübergehend abbauen. Außerdem werden die Parkplätze am Tonhallenufer und am Robert-Lehr-Ufer unterhalb der Rheinterrasse ab einem Pegel von 7,50 Meter gesperrt. Dieser wird voraussichtlich am Donnerstag gegen Mitternacht erreicht.
Hilfsangebote und Versorgungs-Hotline
Das Amt für Soziales hat die Versorgungs-Hotline 0211-8998999 geschaltet. Hier können sich von der Hochwasser-Situation betroffene Bürger*innen melden, aber auch Menschen, die ihre Hilfe anbieten. Das Versorgungstelefon ist montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr besetzt. Die Mitarbeitenden koordinieren Hilfsangebote und -gesuche. Hilfen können die direkte Versorgung betreffen, aber auch Schlafgelegenheiten und Unterkünfte sein, etwa für Düsseldorfer*innen, die evakuiert werden mussten.
Sperrmülltermine
Unter der Servicenummer 0211- 83099099 nimmt die Awista Sperrmüllaufträge der durch den Starkregen betroffenen Haushalte entgegen. In einer ersten Aktion erfolgt die Abfuhr am Samstag, 17. Juli, ab 8 Uhr. Mitgenommen werden nur Sperrmüll und Elektrogeräte. Nicht mitgenommen werden Farbeimer, andere Schadstoffe und Bauabfälle. Weiterhin wird die Awista in den kommenden Tagen Touren gegen Auftrag durchführen. Eine Anmeldung erfolgt telefonisch über das Servicecenter. Die Müllabfuhr kommt wie gewohnt.
450 Kräfte im Einsatz
Bisher sind mehr als 1030 Einsätze stadtweit abgearbeitet worden, rund 470 Einsätze (Stand 13 Uhr) kommen noch dran. Die Leitstelle muss wegen der Vielzahl der Notrufe die Einsätze priorisieren. Aktuell kämpfen 450 Einsatzkräfte gegen die Hochwasserschäden.