Düsseldorf: Literaturpreis an Norbert Gstrein verliehen
Im Rahmen der 11. Düsseldorfer Literaturtag wurde am Donnerstag (20.5.) der 20. Literaturpreis der Kunst- und Kulturstiftung der Stadtsparkasse Düsseldorf an den Auto Norbert Gstrein verliehen. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte die Stadtsparkasse die Preisverleihung als digitalen Event organisiert, bei dem die Zuschauer über den Chat teilnahmen und Fragen stellen konnten.
Karin-Brigitte Göbel und Norbert Gstrein bei der Preisverleihung
Norbert Gstrein wurde für sein Gesamtwerk ausgezeichnet. Am Donnerstagabend stand aber sein im Februar erschienenes Buch „Der zweite Jakob“ im Mittelpunkt, das die Jury durch seine Bezüge zu anderen Künsten überzeugt hatte. „Der Düsseldorfer Literaturpreis hat sich als eine der wichtigsten und höchstdotierten Auszeichnungen in der deutschsprachigen Literaturszene etabliert und ist in seiner Art einzigartig. Geehrt werden ausschließlich Autorinnen und Autoren, deren deutschsprachiges literarisches Werk inhaltlich oder formal Bezug auf andere Künste nimmt“, betonte Karin-Brigitte Göbel, Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse Düsseldorf, bei der Preisverleihung.
Die Jury, bestehend aus den Literaturkritiker*innen Verena Auffermann, Ursula März und Dr. Hubert Winkels, der Leiterin des Düsseldorfer Heinrich-Heine-Instituts, Dr. Sabine Brenner-Wilczek, dem Leiter des Literaturbüros NRW, Michael Serrer, der Geschäftsführerin der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland, Dorothée Coßmann und dem Inhaber der Buchhandlung Müller & Böhm, Düsseldorf, Rudolf Müller, überzeugte der stimmige Roman, bei dessen Protagonisten Jakob nichts zu stimmen scheint.
Der Preis gehört mit 20.000 Euro zu den höchstdotierten Auszeichnungen in der deutschsprachigen Literaturszene
Dr. Hubert Winkels, Mitglied der Jury, begründet die Wahl: „Der zweite Jakob, Held und Erzähler des neuen Gstrein-Romans ist ein bekannter Filmschauspieler, der lieber ein echter existentieller Lebensverlierer wäre. Wie sein alter Onkel Jakob, der stumme Außenseiter aus Norbert Gstreins erster Erzählung „Einer“ von 1988. Er möchte herausfallen aus allen Zuschreibungen und Projektionen und empfindet permanent Schuldgefühle, als hätte er sich von sich selbst ein falsches Bild gemacht. Kaum dass er etwas sagt, bereut er und revidiert er es. Und wehe, andere suchen ihn zu bestimmen! Wie sein Biograph Elmar Pflegerl. Oder seine Tochter. Oder wie seine früheren Frauen. Oder seine wohlhabende Verwandtschaft aus den Tiroler Bergen. Jakob ist eine leere Figur, die sich in immer neuen Erzählungen und Dementis selbst erfindet und zugleich durchstreicht. Norbert Gstrein macht auf eine grandiose Weise im Wechsel von Selbst- und Fremdbeschreibung deutlich, welch ein seltsames Palimpsest die Biographie eines Menschen ist. Er tut dies unterhaltsam und spannend, führt uns zu Filmdrehs nach New Mexiko, auf eine Ranch in Montana, in eine großbürgerliche Wohnung in Innsbruck und hoch in tief verschneite Berge. Nichts stimmt mit Jakob in diesem durch und durch stimmigen Roman.“
Preisträger Norbert Gstrein feiert bald seinen 60. Geburtstag, wie seine Titelfigur Jakob. Der studierte Mathematiker lebt in Hamburg und erhielt bereits für sein erstes 1988 erschienenes Buch „Einer“ zahlreiche Preise. Begeisterung erntete der Autor bei der Preisverleihung, als er in Aussicht stellte, in der möglichen zweiten Auflage seines Buchs eine Änderung vornehmen zu wollen. Eine der Frauen im Buch wird als Galeristin aus Bochum beschrieben. Als Hommage an Düsseldorf will Gstrein mit seinem Verlag abklären, ob dies in „Galeristin aus Düsseldorf“ geändert werden kann.
Fotos: Screenshots der Preisverleihung am 20.05.2021