Düsseldorf Versammlungsrecht: Im Landtag kritisieren Experten – vor dem Landtag protestieren Kritiker
Vier Stunden lang wurde am Donnerstag (6.5.) das neue Versammlungsgesetz im Düsseldorfer Landtag von Experten zerpflückt. Bei der gemeinsamen Anhörung des Innen- und des Rechtsausschusses wurde deutlich, das CDU und FDP die Axt an ein zentrales Grundrecht legen. Während konservative und liberale Politiker von einem „geordneten Regelwerk zum Schutz von Versammlungen“ sprechen, formiert sich breiter Widerstand gegen die nächste Gesetzeskeule von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) – nach dem wegen schwerwiegender Mängel zurückgezogenen Polizeigesetz. Gegen den konservativ-liberalen Gesetzesentwurf protestieren Klimaschützer und Fußballfans, Friedenaktivisten und Antifa, Grüne, Linke und Gewerkschaften wie etwa ver.di. Rund 80 Demonstrierende standen unmittelbar vor dem Parlament an Rande der Bannmeile.
Mit Protest und Transparenten gegen das neue NRW-Versammlungsrecht
In der Anhörung analysierte Rechtsprofessor Clemens Arzt den Gesetzentwurf als „klar staatsfixiert“. Die Gefahrenabwehr stehe im Mittelpunkt, nicht das Grundrecht. Sein Kollege Hartmut Brenneisen fragte nach der grundsätzlichen Berechtigung für Landesregeln zum Versammlungsrecht und wies darauf hin, dass Polizeieinheiten bei großen Lagen in anderen Bundesländern aushelfen. Da brauche es vor allem Rechtssicherheit und keinen Flickenteppich an Ge- und Verboten. Und Professor Christoph Guse von der Uni Bielefeld riet den Regierungsparteien, den eigenen Gesetzentwurf doch mal mit den Augen der Bürger anzuschauen.
Zahlreiche Bedenken
Die Liste der Bedenken gegen das neue Versammlungsrecht ist lang. Polizei-Einsatzleiter finden im Gesetzentwurf eine Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe, die sie situativ und nach eigenem Gusto ausgelegen können, kritisiert zum Beispiel die NRW Fanszene.
Stilisierte Überwachungskamera und Fahndungstransparent mit Landesinnenminister Reul – am Rand des Bannkreises
Die Demonstrierenden vor dem Landtag griffen das „Störungsverbot“ im neuen Versammlungsrecht an. Störungen, Behinderungen und Vereitelung von Versammlungen sollen verboten werden. Damit würden zum Beispiel Gegendemos bei Neonazi-Aufmärschen erschwert. Selbst wer an einem Blockadetraining teilnehme, müsse mit Strafen rechnen. Zudem werde der Videoeinsatz ausgeweitet. Bislang braucht die Polizei einen konkreten Anlass, um Demos komplett abfilmen zu dürfen; künftig reichen „Größe oder Unübersichtlichkeit des Geschehens“ als Begründungen.
Keine spontane Anmeldung von Demos
Die Anmeldung von Demonstrationen soll lange im Voraus erfolgen; Anmelder sollen für alle Vorkommnisse während einer Demo haftbar gemacht werden können. Die Polizei darf einzelnen Personen die Teilnahme an einer Demo verbieten und sie per Meldeauflage von der Versammlung fern halten.
Fußballfans kritisieren das „Militanzverbot“
Das „Militanzverbot“ verbietet Uniformierungen aber auch Sonnenbrillen, gleiche Kleidung (wie Maleranzüge). An dieser Stelle fühlen sich viele zehntausend Fußballfans angegriffen. Denn bei ihnen sind gleiche Kleidungsstücke wie der Fanschall, Jacken und Hosen in Vereinsfarben geradezu die Grundausstattung.
CDU und FDP wollen nach Meinung der Kritiker ein Versammlungsverhinderungsgesetz
Der kritisierte Gesetzesentwurf hat die erste Lesung im NRW-Landtag bereits hinter sich. Nach der Anhörung der Experten sollen bislang im Juni die zweite und dritte Lesung erfolgen. Die Gegner des neuen Versammlungsrechts kündigten Protest an und planen – Versammlungen in allen Städten des Landes.