Düsseldorf: Gegen das Vergessen – Gedenkveranstaltungen zum Attentat von Hanau
Am Freitag, 19. Februar 2021, jährte sich das Attentat von Hanau, bei dem neun Menschen von einem 43-jährigen Deutschen getötet wurden. Die Tat war geprägt von Rassismus. In Gedenken an die Opfer trafen sich am Freitagvormittag die Mitglieder des Düsseldorfer Appells und legten einen Kranz nieder. Am Abend waren es rund 1.000 Menschen, die zuerst auf dem Oberbilker Markt Redebeiträgen zuhörten und anschließend in einem Demonstrationszug zum DGB-Haus an die Friedrich-Ebert-Straße zogen. Beide Veranstaltung setzten deutliche Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz.
Eindrücke von den Veranstaltungen haben wir in einigen Fotos zusammengefasst, die sie hier finden.
An der Ecke Willi-Becker-Allee und Ellerstraße legte der Düsseldorfer Appell einen Kranz mit den Namen der Opfer nieder
Bei dem rassistischen Anschlag verloren Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov ihr Leben. Ihre Namen wurden auf den Gedenkveranstaltungen mit der Intention vorgetragen, dass man erst tot ist, wenn man vergessen wird. Die Initiative „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ) hatte als Titel der Gedenkfeier die Überschrift „1 Jahr Hanau – Kein Vergeben, kein Vergessen!“ gewählt.
Sigrid Wolf, DBG-Chefin Düsseldorf-Bergisch Land, und der Superintenden des Evangelischen Kirchenkreises, Heinrich Fucks, hatten mit dem Düsseldorfer Appell am Freitagvormittag eingeladen
In verschiedenen Redebeiträgen wurde deutlich, wie tief die Trauer, aber auch die Fassungslosigkeit und Empörung bei vielen Menschen noch ist. Das Attentat geschah im vergangenen Jahr einen Tag vor Altweiber. Eine junge Frau schilderte ihr Entsetzen, wie Menschen trotzdem unbeschwert Karneval feierten, obwohl in Hanau ein so schreckliches Verbrechen geschehen war.
Es wurden aber auch kritische Fragen gestellt. Denn der Attentäter Tobias R. war den Behörden als psychisch krank bekannt, dennoch durfte er legal Waffen besitzen. Er habe seine Tat angekündigt, am Tag vor den Attentat eine Höcke-Rede angeschaut und in seinem Bücherregal soll das Sarazin Buch „Deutschland schafft sich ab“ gestanden haben, wurde auf dem Oberbilker Markt berichtet.
Unter den Menschen auf dem Oberbilker Markt waren sehr viele junge Menschen
Die Rolle der Polizei wurde als skandalös beschrieben. So hätten Polizisten einen Verletzten zuerst nach seinem Ausweis gefragt, anstatt Erste Hilfe zu leisten. Hinterbliebende fühlten sich von der Polizei wie Verbrecher behandelt. Unklar ist immer noch, warum der Notruf der Polizei zur Tatzeit nicht erreichbar war. Empörung wurde laut über die Rolle des türkischen Präsidenten Erdoğan, der die Attentate für die Türkei vereinnahmte und dabei ignorierte, dass viele Opfer andere Nationalitäten hatten.
Viele Menschen auf dem Oberbilker Markt bekundeten, am eigenen Leibe erfahren zu haben, wie es ist, diskriminiert zu werden – in der Schule, auf der Arbeit, durch die Polizei, auf Ämtern oder bei anderen Gelegenheiten. Sie forderten jede Form der gruppenbezogenen Feindlichkeit zu beenden.
Rund 1.000 Menschen zeigten ein Zeichen gegen Hass, aber auch für Aufklärung der Attentate von Hanau
Anja Weber, NRW-DGB-Vorsitzende, betonte am Ende des Demonstrationszuges auf der Friedrich-Ebert-Straße, dass die tiefe Verletzung durch die Morde und dem, was an institutionellem Rassismus anschließend passiert ist, die Gesellschaft verletzt habe. Ein Mittel dagegen sei Solidarität, damit der Hass keine Chance habe. Daher sei es ein wichtiges Zeichen, dass so viele Düsseldorfer durch ihre Teilnahme an den Gedenkveranstaltungen ihre Solidarität bekunden.
Fotos: Karina Hermsen