Ja, mach nur einen Plan: Das Kunstprogramm für Düsseldorf
Still ruhen die Kulturinstitute. Unbeachtet verhallt der Aufruf „Empört Euch!“, Motto einer Schau mit allerlei zornigen Werken, in den menschenleeren Sälen des Kunstpalastes. Wenn der vorläufige Lockdown am 10. Januar zu Ende gehen sollte, ist auch das offizielle Ende dieser Ausstellung erreicht. Der Rest ist Hoffen, dass die Pandemie sich beruhigt und die Museen im kommenden Jahr wieder zugänglich sein werden. Tapfer haben die Kunstsammlung NRW und der städtische Kunstpalast jetzt ihre Pläne für 2021 vorgelegt.
Blickachse von Caspar David Friedrichs „Lebensstufen“ (vorne) zum „Wetterhorn“ von Johann Wilhelm Schirmer
Eine gute Nachricht zuerst: Die kaum gesehene Präsentation über „Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker“ am Ehrenhof wird um einen Monat bis zum 7. März verlängert. Parallel dazu soll dann schon, ab 11. Februar, der Lichtkünstler Heinz Mack anlässlich seines 90. Geburtstags im Kunstpalast glänzen (bis 30. Mai). Mack wurde berühmt als Gründungsmitglied der Gruppe Zero, die dem herrschenden Informel gegen Ende der 1950er-Jahre eine Philosophie der Klarheit entgegensetzte. Kaum beeindruckt vom Wechsel der Kunstströmungen feiert der unbeirrbare Mann bis heute die Schönheit des Universums. Seine leuchtenden Farben und Konzepte werden uns guttun.
Hommage an einen Sammler
Weiter geht es dann mit einer originellen Kombination von alten Meistern und der Avantgarde des späten 20. Jahrhunderts: „Barock Modern“ (25. März bis 30. Mai). Dabei wird zum Beispiel die Wucht der gestischen Malerei von Karl Otto Götz aus den 1980er-Jahren mit einer Himmelsszene von Giovanni Battista Gaulli zusammengebracht („Der heilige Ignatius vor der Madonna“, um 1672/75). Die neueren Werke der Ausstellung stammen aus der Sammlung des Düsseldorfer Steuerberaters, Sammlers und Kunstkenners Willi Kemp, der dem Museum vor zehn Jahren fast 3000 Werke stiftete. Kemp starb vor einer Woche im Alter von 93 Jahren. Die Ausstellung soll eine Hommage an ihn sein. Marina Schuster, die Pressesprecherin des Kunstpalastes dazu: „Alle, die Willi Kemp kannten, erinnern sich an seine intellektuelle Wachheit, seine Aufgeschlossenheit für Neues, seinen unverstellten, direkten Blick auf die Kunst, die er liebte.“
Felix Krämer, der Chef des Kunstpalasts, hat bekanntlich keine Angst vor populären Projekten, die auch jenseits des Feuilletons für Aufmerksamkeit sorgen. Für die Zeit nach der sommerlichen „Großen“ Ausstellung mit Kunst aus Düsseldorf und NRW (20. Juni bis 25. Juli) hat er das legendäre Supermodel Claudia Schiffer als Kuratorin engagiert. Die bald 50-jährige Schönheit, geboren am Niederrhein, präsentiert im nächsten Herbst (vermutlich ab Anfang September) eine „persönliche Zeitreise in die Modewelt der 90er-Jahre“ – mit zahlreichen Videos und Fotografien der herkömmlichen und provokanten Art, unter anderen von Herb Ritts, Ellen von Unwerth und Juergen Teller. „Captivate!“ ist der Titel, englisch für bannen, bezaubern, ergötzen.
Zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys
Die Kunstsammlung NRW fordert das Publikum derweil mit schwierigeren Themen. Nach Ende der Fotokunst-Schau von Thomas Ruff (bis 7. Februar) gibt es im K20 „Kosmopolitische Übungen mit Joseph Beuys“. Der vielfach vergötterte Kunst-Schamane aus Düsseldorf (1921-1986) gehörte nicht gerade zu den bevorzugten Marken von Gründungsdirektor Werner Schmalenbach. Beuys’ vielzitierte Parole „Jeder Mensch ist ein Künstler“ entsprach so gar nicht dem exquisiten Geschmack Schmalenbachs. Nun ist es der Titel einer Ausstellung zum 100. Geburtstag des unvergessenen Beuys (27. März bis 15. August). Kunstsammlungschefin Susanne Gaensheimer will „sein komplexes Wirken und seine internationale Ausstrahlung neu entdecken, würdigen und kritisch befragen“ – auch mit Hilfe anderer Künstler/innen.
Der Kunstpalast im Ehrenhof hat Pläne für 2021
Nebenher geht es um ein anderes Enfant Terrible. Der Theater- und Filmemacher Christoph Schlingensief (1960-2010) machte ein Berliner Bühnenbild 2007 im Züricher Museum Migros zur multimedialen Installation. Das Gesamtkunstwerk mit dem Titel „Kaprow City“, benannt nach dem amerikanischen Happening-Künstler Allan Kaprow, wird im K20 aufgebaut und bleibt dort vom 24. April bis 17. Oktober.
Nachdenken über Rollenbilder
Gegen Ende der Laufzeit darf man sich dann endlich auf einen Meister der klassischen Moderne freuen. Vom 25. September bis zum Januar 2022, also bis weit in den nächsten Winter, zeigt K20 das Frühwerk von Georges Braque (1882-1963), Picassos Pariser Freund und „Erfinder des Kubismus“. Wenig später startet dann, als Gegenposition zu den großen weißen Männern der europäischen Kunstgeschichte, eine Aktion der in London lebenden Malerin und Autorin Lynette Yiadom-Boakye (geboren 1977), die, wie es heißt, „über weibliche und männliche Rollenbilder, drängende Fragen von Repräsentation, Rassismus und Diversität“ nachdenkt („Fly in League With The Night“, 16. Oktober 2021 bis 13. Februar 2022).
Frühe Werke
Das hätte vielleicht besser ins K21 gepasst, wo im Herbst eine Ausstellung des deutschen Videokünstlers Marcel Odenbach eröffnet wird: „so oder so“ (9. Oktober verdienstvoll um die aktuellen Absolvent/inn/en der Düsseldorfer Akademie („Coming To Voice“, 6. Februar bis 21. März) und um eine Veteranin der Avantgarde. Isa Genzken (72), Meisterschülerin und Ex-Ehefrau von Gerhard Richter, die mit ihren Konzepten und Installationen bei mancher Documenta und Biennale für Aufsehen sorgte, zeigt in ihrer Studienstadt Düsseldorf frühe „Werke von 1973 bis 1983“ (8. Mai bis 5. September). Darüber lässt sich gewiss vortrefflich diskutieren – falls Corona das Feld räumt und die Kunst sich überhaupt wieder ausbreiten darf.