Düsseldorf: „Vergiss nie hier arbeitet ein Mensch“ – DGB wirbt für mehr Respekt
Gewalt gegen Polizisten, Rettungskräfte oder Mitarbeiter des Ordnungsamtes wird immer dann zum Thema, wenn es einen schwerwiegenden Vorfall gab. Aber auch die Mitarbeitenden der Awista, Bus- und Bahnfahrer*innen, Lehrer*innen und andere Beschäftigte im öffentlichen Sektor leiden unter der zunehmenden Respektlosigkeit in der Gesellschaft. Egal ob verbal oder tatkräftig – die Gewalt und Herabsetzung belastet die Menschen, die ihren Dienst für die Allgemeinheit tun. Darauf möchte der Deutsche Gewerkschaftsbund mit der Kampagne „Vergiss nie hier arbeitet ein Mensch“ aufmerksam machen. Ab sofort fährt eine Straßenbahn mit dem Ziel durch die Stadt, die Menschen zu sensibilisieren.
Petra Latour in der Kampagnenbahn
Verbale Attacken sind an der Tagesordnung
Nicht erst seit Corona erlebt Rheinbahnfahrerin Petra Latour Gewalt seitens der Fahrgäste. Verbale Attacken und leider auch manchmal körperliche Übergriffe sind für sie und ihre Kollegen Alltag. Die Beschimpfung „Corona-Nazi“, nach dem Hinweis auf die Maskenpflicht in der Bahn, ist ihre jüngste Erfahrung. Erst vergangenes Wochenende wurde ein Busfahrer nach Dienstende krankenhausreif geprügelt, weil er zwei Männer nicht mitnehmen wollte. Rheinbahnvorstand Klaus Klar kennt viele solcher Vorfälle. Besonders in den Nachstunden und am Wochenende steigt die Aggressivität bei vielen Fahrgästen, was auch am Alkoholkonsum liegt. Zum Teil werden den Fahrer*innen am Wochenende zum Dienstschluss Begleiter zur Seite gestellt, um unliebsamen Ereignissen vorzubeugen.
Solche Erfahrungen kennt auch Polizist Holger Hoever. In jüngsten Zeit beobachtet er vermehrt, dass sich Unbeteiligte mit Störenfrieden solidarisieren, wenn die Polizei ihre Maßnahmen durchführt. Die Respektlosigkeit steigt. Hoever ist froh, dass die Bodycams mittlerweile zur Ausstattung gehören und er verspricht sich auch eine Verbesserung durch den geplanten Einsatz von Elektroschockpistolen, sogenannten Tasern.
Auf einer neuen Homepage gibt es Informationen zur Kampagne, Screenshot Homepage
Herabwürdigungen und Gewalt
Doch was machen die Mitarbeiter im Rettungsdienst, der Müllabfuhr oder in anderen öffentlichen Diensten? Oft sind sie hilflos den verbalen oder körperlichen Angriffen ausgesetzt. Eine Untersuchung des DGB unter 2000 Beschäftigten im öffentlichen und privatisierten Sektor hat ergeben, dass 67 Prozent in den vergangenen zwei Jahren Beleidigungen, Bedrohungen oder tätliche Angriffe erlebt haben. Über die Hälfte der Befragten sieht eine Zunahme der Gewalt in den vergangenen zehn Jahren. Als Ursache für die Übergriffe machten die meisten Befragten mangelnden Respekt für Mitmenschen und Frust über den Staat verantwortlich. Aber es kam auch heraus, dass ein Drittel der Opfer die Übergriffe erst gar nicht bei ihren Vorgesetzten meldeten, da sie nicht mit Unterstützung rechneten.
Rheinbahn unterstützt Initiative der Gewerkschaft
Mit Plakatmotiven und der im Kampagnen-Look gestaltete Rheinbahn möchte der DGB auf die Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ aufmerksam machen. Gewalt und Herabsetzung gegenüber den Menschen, die im Dienste der Gesellschaft arbeiten, sei nicht zu akzeptieren, lautet die Botschaft. Die Rheinbahn unterstützt die Kampagne mit der Straßenbahn, die nun für ein Jahr die Botschaft vermittelt: Wer täglich im Dienste unserer Gesellschaft arbeitet, hat unseren Respekt verdient.
Auf der Rheinbahn kommen auf beiden Seiten je zwei Beschäftigte im öffentlichen Dienst zu Wort, Skizze: Rheinbahn
Ziel ist die Sensibilisierung der Menschen
Bei der Vorstellung der Straßenbahn betonte Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW: „Wir dürfen die Kolleginnen und Kollegen mit der Gewalt nicht alleine lassen; wir müssen aktiv Veränderungen anstoßen. Und deshalb freut es mich sehr, dass die Rheinbahn mit der Unterstützung dieser Kampagne ein so deutlich sichtbares Zeichen setzt! Das Besondere an dieser Initiative: Hier kommen die zu Wort, die betroffen sind. Auf den Motiven findet man nicht, wie sonst üblich, Schauspielerinnen und Schauspieler. Es sind Beschäftigte, die selbst erzählen, was sie erlebt haben."
Klaus Klar, Vorstandsvorsitzender und Arbeitsdirektor der Rheinbahn AG, kennt die Bedrohungen, denen seine Beschäftigten täglich ausgesetzt sind: „Unsere Fahrerinnen und Fahrer, Fahrausweisprüfer und Mitarbeiter im Sicherheitsdienst oder in den KundenCentern sind durch den täglichen Einsatz vor Ort häufig Ziel von Beleidigungen, Drohungen oder gar Angriffen und Überfällen. Wir als Rheinbahn tun alles zum Schutz unserer Mitarbeiter, zum Beispiel indem wir immer mehr Fahrzeuge und Haltestellen mit Videokameras ausrüsten. Aber auch auf der Seite der Fahrgäste, in den Köpfen der Nutzer, muss ein Umdenken passieren – für mehr Respekt und weniger Gewalt.“
Sigrid Wolf, DGB-Stadtverbandsvorsitzende Düsseldorf, weiß: „Für viele Kolleginnen und Kollegen steht fest: An den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird häufig der Frust über den Staat ausgelebt.“
Auf der Homepage können die Beschäftigten Vorfälle melden, Screenshot Homepage
Neue Homepage www.mensch.dgb.de
Im Rahmen DGB-Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ soll Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Beschäftigten thematisiert, aber auch transparent gemacht werden. So können die Mitarbeitenden über die Homepage www.mensch.dgb.de Bedrohungen und Übergriffe melden. Denn wahrscheinlich ist die Dunkelziffer sehr hoch.
Hier geht es zu weiteren Informationen.