Aus Liebe zur Kultur: Düsseldorf Festival in der Mitsubishi-Halle
Man muss die Kultur schon sehr lieben, um ihr zu folgen in den Zeiten von Corona und Hygieneregeln. Seltsamerweise sind es vorwiegend ältere Menschen, die dem Düsseldorf Festival auch in der Ungemütlichkeit der Mitsubishi-Halle treu bleiben, ohne Murren diverse Anwesenheitsformulare ausfüllen, die Hände immer wieder desinfizieren, Ermahnungen ertragen und auch während der Vorstellung die Maske aufbehalten. Oben auf der Bühne ging es zum Glück nicht so steril zu: Die Flamenco-Jazz-Truppe „Los Aurora“ feiert die Leidenschaft mit Musik, Tanz, Poesie.
Schon im letzten Jahr sollten die fünf Jungs aus Barcelona zum Düsseldorf-Festival kommen. Alle 700 Karten für das Theaterzelt waren 2019 verkauft, als der Auftritt abgesagt werden musste, weil Sänger Pere Martínez krank geworden war. Jetzt, in diesem vermaledeiten Jahr 2020, hat eine Pandemie die ganze Welt im Griff, auch Künstler durften monatelang nicht reisen. Tatsächlich, erzählt der brillante Aurora-Pianist Max Villavecchia, sind sie zum ersten Mal wieder außerhalb von Spanien und bedanken sich bei der Festival-Leitung, dass sie einfach nicht aufgegeben hat: „We are happy!“
Die gebändigten Gefühle
Und so füllen sie die Leere der spärlich besetzten Halle, als sei es ein Jazzclub – oder ein Zelt am Rhein. Anderthalb Stunden lang darf man die Realitäten vergessen und sich hineinträumen ins geliebte Reiseland Spanien, allerdings jenseits kitschiger Folklore-Programme. Die Mitglieder von „Los Aurora“ haben an der renommierten Akademie Taller de Músics in Barcelona studiert, wo Jazz und Flamenco gleichrangig gelehrt werden. Dass es auch eine Mischung der beiden Genres gibt, beweisen sie dem Publikum.
Jazz und Flamenco? Das passt zusammen, geht es doch um gebändigte Gefühle, um Disziplin und Haltung, um Form und Improvisation. Während Piano, E-Bass und Schlagzeug jazzig-coole Läufe bringen, lässt die raue Charakterstimme von Martínez den Schmerz der Liebe hören und schwebt manchmal ganz zart durch die gut gefilterten Lüfte. Neben anderen Kompositionen variiert die Band bewährte Flamenco-Stücke von Manuel de Falla (1876-1946), viele der lyrischen Texte stammen von Federico García Lorca (1898-1936). Auch wenn man kein Spanisch versteht, so erreicht einen doch die wunderbare Melancholie. Dazu erhebt sich von Zeit zu Zeit der schöne bärtige Tänzer Jose Manuel Álvarez in seinem Alltagslook, schüttelt die Mähne, hebt die Arme, stampft den Boden, vibriert vor „pasíon“. Voller Anmut drehen sich seine Hände. Wer braucht da eine Senorita mit Rüschenrock? Das Publikum ist begeistert und bekommt, Corona hin, Corona her, noch zwei Zugaben. Olé!
Informationen:
Bis Ende November geht das Düsseldorf-Festival weiter. Die Face-to-Face-Vorstellungen für einzelne Zuschauer im Minizelt auf dem Burgplatz sind schnell ausverkauft. Für größere Veranstaltungen in der Mitsubishi-Halle wie das „#bfree Stegreif Orchester“ am 15. September oder das literarisch-musikalische Programm „Blackbird“ von Matthias Brandt & Jens Thomas am 20./21. September gibt es noch Tickets. www.duesseldorf-festival.de