Düsseldorf: Henkel sieht 2020 als „Übergangsjahr“ und setzt sich vorsichtige Ziele
Der Coronavirus wird Henkel mindestens 100 Millionen Euro kosten. Diese Zahl nannte der neue Henkel-Chef Carsten Knobel am Donnerstag (5.3.) im Rahmen der Bilanz-Pressekonferenz. Allein in China hat Henkel zwölf Produktionsstätten mit 4100 Mitarbeitern. Eigentlich sollten Journalisten und Analysten in London über die 2019er Zahlen und die neue Unternehmensstrategie informiert werden. Wegen des Virus verlagerte das Düsseldorfer Unternehmen seine Konferenz ins Netz. Mit ihrem Vortrag konnten Knobel und Henkel-Finanzchef Marco Swoboda die Finanzmärkte offenbar nicht überzeugen. Der Kurs der Henkel-Aktien sackte bis Donnerstag, 14 Uhr, um 3,7 Prozent, im Rahmen eines ebenfalls stark sinkenden DAX.
Erläuterten im Netz die Bilanz 2019 und die neue Unternehmensstrategie: Henkel-Chef Carsten Knobel (rechts) und Finanzvorstand Marco Swoboda.
2019 war kein gutes Jahr für Henkel: Der um Wechselkurseffekte bereinigte Umsatz stagnierte knapp oberhalb der 20-Milliarden-Euro-Marke. Das bereinigte Betriebsergebnis war 7,9 Prozent niedriger als im Vorjahr – 3,2 Milliarden Euro. Deutlich rückläufig auch die Umsatzrendite: minus 1,6 Prozentpunkte auf 16 Prozent. Die Gründe: Das Industrie- und Klebstoffgeschäft litt unter den Problemen in den Schlüsselbranchen Automobil und Elektronik. Der Kosmetikbereich blieb ebenfalls weit hinter den Erwartungen zurück. Zum Jahresende hatte der glücklose Henkel-Chef Hans Van Bylen seinen Posten vorzeitig räumen müssen.
Erst einmal kosten Investitionen und Veränderungen Geld
Mit Spannung war deshalb die neue Unternehmensstrategie erwartet worden. Sie soll das Düsseldorfer Traditionsunternehmen zu neuem Wachstum verhelfen. Henkel-Chef Knobel bremste dabei die Erwartungen an das Tempo: 2020 sei ein Jahr des Übergangs. Denn mehr Digitalisierung kostet erst einmal mehr Geld – bis es Vorteile für die Geschäfte von Henkel bringt. Zum Aussortieren nicht mehr gewinnbringender Marken und Kategorien glaubt Knobel einen Umfang von einer Milliarde Umsatz identifiziert zu haben – kostet erst einmal Geld, bevor die Einsparungen wirksam werden. Hinzu kommt die Ungewissheit, wie sich Corona weiter auf die Henkel-Geschäfte auswirkt. Und: In Nordamerika und Europa bewegt sich Henkel nach eigener Einschätzung in ausgereiften Märkten. Die viel agileren Märkte in Fernost liegt derzeit brach – virusbedingt.
Bleibt eine wichtige Stütze bei Henkel: Persil.
Kurzfristig bleibt Henkel dennoch bei seinen, bereits im Dezember verkündeten Zielen für 2020. Das Unternehmen erhofft sich ein Umsatzwachstum aus eigener Kraft zwischen 0 und 2 Prozent. Die durch Investitionen steigenden Kosten würden die Umsatzrendite weiter verringern – von jetzt 16 auf 15 Prozent Ende des Jahres. Völlig offen ließen Knobel und Swoboda die Frage, ob mit dem Gesundschrumpfen auch Mitarbeiter das Haus verlassen müssen. Zum Vergleich: Der direkte Konkurrent Beiersdorf nennt für 2020 ein Umsatzziel von plus 3 bis 5 Prozent.
Moderates Wachstum angestrebt
Mittel- und langfristig peilt Henkel ein Wachstum von 2 bis 4 Prozent an. Hierfür stellte Carsten Knobel eine Unternehmensstrategie, bestehend aus sechs Säulen, vor. Kernbegriff ist für ihn das „ganzheitliche Wachstum“ („Purposeful Growth“). Dieses entwickelt zahlreiche bestehende Komponenten bei Henkel weiter. So sind die Düsseldorfer seit vielen Jahren stark beim Thema Nachhaltigkeit – haben jedoch eine Achillesferse bei Palmöl. Dieses Thema wurde nicht behandelt. Stattdessen kündigte Knobel an, man wolle bis 2025 sämtliche Verpackungen wiederverwertbar machen und den CO2-Ausstoß der Produktion um 65 Prozent reduzieren. Gemeinsam mit Kunden, Lieferanten und Verbrauche solle der CO2-Ausstoß um 100 Millionen Tonnen reduziert werden. Im Jahr 2040 will Henkel komplett klimaneutral wirtschaften. Darin sieht Knobel nicht ein „nice to have“, sondern ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Wettbewerb.
Investition ins digitale Geschäft
Bei der Digitalisierung will Henkel das Direktgeschäft mit Verbrauchern übers Netz ausbauen, mehr Daten über die Kunden gewinnen und künstliche Intelligenz stärker nutzen als bisher. Michael Nilles, Leiter IT und Digitalisierung, berichtet direkt an Henkel-Chef Knobel. Im Vergleich zu 2018 will Henkel 350 Millionen Euro mehr für Werbung, Digitalisierung und IT ausgeben. Etwa ein Drittel davon fließt nach Angaben einer Henkel-Sprecherin in die Bereiche IT und Digitalisierung.
((6.3., 17 Uhr : In der ersten Version waren die letzten beiden Sätze dieses Textes falsch formuliert. Sie wurden nachträglich nach Hinweisen von Henkel geändert, d.Red.))
Fotos: Henkel