Düsseldorf Düsseltal: Jüdisches Erinnerungszeichen entstand bei Schülerprojekt
Das Haus an der Grafenberger Allee 78 erinnerte bisher nicht an das, was vor dem Bombenangriff 1942 dort stand. Das ist jetzt anders. Denn in einem gemeinsamen Projekt erarbeiteten die Mahn- und Gedenkstätte und Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums die Geschichte dieser Adresse. Das Ergebnis wurde am Mittwoch (4.3.) eingeweiht: Ein Erinnerungszeichen zum ehemaligen Zentrum des jüdischen Lebens in Düsseldorf.
Das Erinnerungszeichen entstand im Rahmen eines Schülerprojektes mit dem Albert-Einstein-Gymnasium. Nun enthüllen die Schüler das neue Erinnerungszeichen an der Grafenberger Allee 78
Von 1920 bis 1942 war die Grafenberger Allee 78 Treffpunkt für viele Juden. Zuerst als Loge, dann als Gemeindesaal, Kindergarten, Schule und Altenheim, viele Veränderungen mussten das Haus vor seiner Zerstörung durch einen Bombenangriff im Jahr 1942 erleben. Die Bezirksvertretung 2 unterstützte das gemeinsame Projekt der Mahn- und Gedenkstätte mit Schülern des Albert-Einstein-Gymnasiums, die Geschichte des Hauses mit einem Erinnerungszeichen zu ehren.
Die Historie
Eine Textfläche auf dem Erinnerungszeichen beschreibt die Geschichte der Adresse Grafenberger Allee 78. Denn auf diesem Grundstück waren ab den 1920er-Jahren die Düsseldorf-Loge der jüdischen Organisation "B’nei Brith" beheimatet, die dort Versammlungen, Veranstaltungen, Feiern abhielt und ein Restaurant betrieb. 1926 eröffneten die Ehefrauen der Logenmitglieder dort zusätzlich einen Kindergarten und veranstalteten auch Treffen für junge Mädchen. Viele jüdische Vereine und die Gemeinde nutzten das Logen-Haus für Feiern, Abschlussbälle oder Versammlungen. 1934 übertrug die Loge das Haus der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, die es als Gemeindehaus nutzte. Nach dem Novemberpogrom 1938 und der Zerstörung der Synagoge und anderer Gebäude an der Kasernenstraße, wurde der Gemeindesaal auch von der private Jüdischen Volksschule genutzt. Da der Jüdischen Bevölkerung zunehmend der Besuch von öffentlichen und kulturellen Häusern verboten wurde, diente die Grafenberger Allee 78 als Ort kultureller Veranstaltungen für Filmvorführungen und Lesungen. Nach dem Verbot Schulen zu besuchen, zogen im Frühjahr 1942 einige älteren Menschen ein. Die meisten von ihnen wurden im Juli 1942 von dort in das Ghetto Theresienstadt (Terezin) deportiert und umgebracht. Ein Bombenangriff zerstörte 1942 das Haus zu großen Teilen. Die "Jewish Trust Corporation for Germany" übernahm das Grundstück und verkaufte es 1955 an eine Frankfurter Firma, die einen Neubau errichtete. 1993 kauften die jetzigen Besitzer das Haus und bauten die Gebäude aus den 1950er-Jahren um.
Zwei Figuren sind auf dem Erinnerungszeichen zu sehen
Daneben besteht das Erinnerungszeichen aus zwei fast lebensgroßen Figuren. Ein 15-jähriger Junge, Kurt Lubascher, der stellvertretend für die vielen Kinder steht, die im Haus an der Grafenberger Allee 78 die Schule und den Kindergarten besuchten. Kurt Lubascher lebte von 1928 bis 1938 in dem Haus, in dem seine Eltern ein Restaurant betrieben. Mit seiner Mutter wurde er in das Ghetto Litzmannstadt deportiert und in Chełmno ermordet. Daneben ist die Figur einer älteren Frau, Ida Sostheim, die 82-jährig aus dem Altenheim Grafenberger Allee 78 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde. Ida Sostheim ist im Ghetto Theresienstadt gestorben. Sie steht stellvertretend für die alten Menschen, die in diesem Haus untergebracht waren.
(v. l.) Oberrabbiner Raphael Evers, Dr. Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Oberbürgermeister Thomas Geisel und Bezirksbürgermeister Dr. Uwe Wagner
Zur offiziellen Enthüllung des Erinnerungszeichen am Mittwoch kamen neben Oberbürgermeister Thomas Geisel, Bezirksbürgermeister Dr. Uwe Wagner und Dr. Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, die Schüler des Jüdischen Gymnasiums und einige Bürger.
"Mit der Einweihung des neuen Erinnerungszeichens weisen wir nicht nur auf die besondere Geschichte dieses Ortes hin. Wir setzen damit auch ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Gleichgültigkeit in der Gesellschaft. Ganz besonders freut mich, dass das Zeichen gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des Albert-Einstein-Gymnasiums entwickelt wurde. Das Schülerprojekt zeigt wie lebendige und aktive Erinnerung funktionieren kann," betonte Oberbürgermeister Thomas Geisel.
Schülerinnen und Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums erläuterten das Projekt. Oberrabbiner Raphael Evers sprach über die Bedeutung für die Gemeinde, Kantor Aron Malinsky sang das Gebet "El Male Rachamim". Im Anschluss daran gab es eine Gedenkminute.
Fotos: Stadt Düsseldorf, Uwe Schaffmeister