Düsseldorfer Erinnern: Ein Überlebender aus Auschwitz und ein „Nie wieder!“
Das Wort gehört der jungen Generation: „Wir sind stolz darauf, vor ihnen zu stehen. Als die Enkel eines Holocaust-Überlebenden, eines liebevollen Vaters und Großvaters – eines Düsseldorfers!“ Danielle (26) und Julian (22) sprechen die letzten beiden Wörter im Duett am Podium, während ihr Opa Gary Wolff und 400 Ehrengäste im Düsseldorfer Landtag zuhören. Gemeinsam erinnern sie am Sonntag (26.1.) an den 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.
Skandal
Vor vielen Düsseldorfer Schülerinnen und Schülern und in Anwesenheit von Oberbürgermeister Thomas Geisel fordert NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, dass die systematische Ermordung von sechs Millionen Juden „nie wieder“ geschehen dürfe. Er wiederholt: „Nie wieder!“ Und Laschet nannte es einen Skandal, dass aktuell jüdische Einrichtungen geschützt werden müssten in Deutschland, weil Antisemitismus und Hass auf andere wieder zunehmen.
Versöhnung
In seiner Begrüßung sagt der Präsident des Landtags, André Kuper: „Auschwitz gehört für immer zum Gedächtnis der Menschheit.“ Hier im Landtag, im Zentrum der Demokratie, stünden alle zusammen im Kampf gegen den Antisemitismus: „Legislative, Exekutive, Judikative, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und Verbände“. Statt neuen Hass brauche es Versöhnung, fordert Kuper.
Erinnern
Für die jüdischen Verbände in Nordrhein-Westfalen spricht Abraham Lehrer ein Grußwort. Er steht der Synagogen-Gemeinde Köln vor. Lehrer erinnert an die Lücken in den vielen Familien, die die Schoa, die deutsche Vernichtungsmaschinerie, gerissen habe. „Zachor“, das Erinnern müsse für die Zukunft bewahrt werden, fordert er. Nachfolgende Generationen müssten Teil der Erinnerungskultur werden: „Wenn wir junge Menschen nicht erreichen, dann sind sie für unsere Demokratie verloren.“
Gegen Antisemitismus und Rassismus
Zum ersten Mal haben Juden, Christen, Muslime, Arbeitnehmer, Arbeitgeber und die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen den Gedenktag anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz genutzt, um zum gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus aufzurufen. Ministerpräsident Armin Laschet bezeichnete die Erklärung als „ein bedeutendes Zeichen für den Zusammenhalt in Nordrhein-Westfalen“. „Antisemitismus, Ausgrenzung und Diskriminierung haben in Deutschland keinen Platz.“
Aus der Immermannstraße ins KZ
Gary Wolff wurde als Günter Richard Wolff im Jahr 1928 in Düsseldorf geboren. Seine Eltern, Johanna und Eduard Wolff, betrieben an der Immermannstraße einen Textilhandel. Nach dem Besuch der Jüdischen Volksschule wurde er an seinem 13. Geburtstag nach jüdischem Ritus Bar Mitzva, religionsmündig.
Vier Jahre in Toidesangst
Nur vier Tage später deportierten die Deutschen die dreiköpfige Familie zusammen mit 1000 weiteren Menschen über den Güterbahnhof Düsseldorf Derendorf in das Ghetto Lodz/Litzmannstadt. Dort lebten die drei unter schweren Bedingungen bis zur Auflösung des Ghettos im Sommer 1944. Familie Wolff kam nach Auschwitz. Noch am Ankunftstag wurde Johanna Wolff ermordet. Der Vater starb an Hunger und Entkräftung. Günter Richard Wolff wurde kurz vor der Befreiung erneut von den Deutschen verschleppt und überlebte mehrere andere Lager, Zwangsarbeitsstätten und KZ – bis er Anfang Mai 1945 in Theresienstadt befreit wurde.
Rückkehr
Seither lebt Gary Wolff in den USA und ist nun –zum Gedenken – zurückgekehrt nach Düsseldorf. Der Besuch wird von der Mahn- und Gedenkstätte betreut. Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke empfing Gary Wolff am Freitag, 24. Januar, im Düsseldorfer Rathaus.
Weiteres Gedenken
Kranzniederlegung | Zum Holocaust-Gedenktag am Montag, 27. Januar, erinnert Oberbürgermeister Thomas Geisel gemeinsam mit der Mahn- und Gedenkstätte, der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und einer Vielzahl von Vereinen, Verbänden und Initiativen an die Opfer des Holocaust und legt um 16 Uhr einen Kranz am Mahnmal Derendorf, Marc-Chagall-Straße, Ecke Toulouser Allee (unterhalb der Jülicher Brücke) nieder.
Diskussion | Das Bürgerbündnis Garath-tolerant-und-weltoffen und die Freizeitstätte Garath laden am Montag, 27. Januar, 19 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung in den Arenasaal der Freizeitstätte ein. Neben einer von proAsyl geschaffenen Ausstellung zu den Menschenrechten stehen Gedichte, in mehreren Sprachen, Musik und vor allem die Gelegenheit zu einer offenen Diskussion auf dem Programm. Moderieren wird Frau Pfarrerin Michaela Nieland-Schuller.
Seenotrettung | Bericht zur Seenotrettung im ZentrumPlus in der Freizeitstätte Garath am Freitag, 31. Januar, 19 Uhr. Robert Bellin berichtet von der Seenotrettung im Mittelmeer. Seit mehreren Jahren versuchen verschiedene Organisationen, über das Mittelmeer flüchtende Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Bellin hat eine Zeit auf einem Rettungsschiff verbracht und wird aus erster Hand von seinen Erfahrungen berichten. Er war Mitglied der Bezirksvertretung 10 und ist als Arzt in einem Krefelder Krankenhaus tätig.