Düsseldorf: S(ch)ichtwechsel bei der Werkstatt für angepasste Arbeit
Wie vielfältig die Arbeitsplätze der Mitarbeiter in der Werkstatt für angepasste Arbeit (WfaA) sind, konnten am Donnerstag (24.10.) 16 Düsseldorfer und Düsseldorferinnen testen. Im Rahmen der Aktion S(ch)ichtwechsel besuchten sie ihren Tauschpartner und übernahmen deren Arbeit für einen Tag. Für die nächste Woche ist der Gegenbesuch geplant. Dann werden die WfaA’ler unter anderem im Landtag, bei den Düsseldorfer Jonges, in der Arbeitsagentur oder im Rathaus einen Tag Dienst tun.
An der Zubereitung von 2.500 Essen arbeiteten am Donnerstag Wolfgang Rolshoven und Dennis Wilde
Dass es sich bei den Werkstätten für angepasste Arbeit nicht um eine reine Beschäftigungsmaßnahme für Menschen mit Handicap handelt, sondern um Betriebe, die ebenso produzieren und wirtschaften wie Firmen auf dem freien Markt, war nicht allen Teilnehmern des S(ch)ichtwechsels klar. Aber diese Sicht auf die Arbeit der WfaA lernten die Tauschwilligen am Donnerstag, als sie neben ihren Wechselpartner einen Tag lang in dessen Rolle schlüpften.
2.500 Mittagessen
So hatte Jonges-Baas Wolgang Rolshoven schon früh seine Küchenkluft angelegt und packte in der Großküche der WfaA mit an. Dennis Wilde erklärte ihm das Tagesziel: 2500 Mahlzeiten. Denn in dem Reisholzer Betrieb werden die Essen für die Mitarbeiter aller WfaA-Werkstätten gekocht. Während der Baas der Jonges erfuhr, wie viel Arbeit das ist, konnte er seinem Tauschpartner nebenbei erklären, dass die Düsseldorfer Jonges keine Karnevalsverein sind, sondern ein Heimatverein. In der nächsten Woche erfährt Dennis Wilde dann im Haus des Jonges die ganze Geschichte der Jonges.
Bei bestem Herbstwetter servierten Andreas Meyer-Falcke und Andreas Lausberg später auch auf der Terrasse des Cafés am Südpark
"Auf der Terrasse nicht nur Kännchen"
Gesundheitsdezernent Prof. Dr. Andreas Meyer Falcke hatte schon eine Einheit Laubfegen hinter sich, als er um 10 Uhr im Café am Südpark seinen Dienst antrat. Andreas Lausberg überreichte ihm zuerst die Arbeitskleidung mit roten Shirt und schwarzer Schürze, bevor der Dezernent in die Feinheiten der Gästebewirtung eingeweiht wurde. Die beiden verstanden sich gleich und besprachen, wie der Rücktausch in den nächsten Tagen aussehen wird.
Laufräder für den Nachwuchs
108 Laufräder in gut zwei Stunden erhielten in der Fahrrad-Montage der WfaA in der Karl-Hohmann-Straße ihre Reifen. Eingewiesen von seiner Tauschpartnerin Janina Aßmann erwies sich der Grüne Landtagsabgeordnete Stefan Engstfeld als fleißiger Mitarbeiter. Die Herzen seiner neuen Kollegen hatte er im Sturm erobert und alle waren sich einig – der dürfte gerne länger bleiben.
Die Arbeit ging ihnen flott von der Hand: Stefan Engstfeld und Janina Aßmann montieren Laufräder
Perspektivwechsel
Die drei Beispiel zeigen auf, was viele der Tauschpartner am Donnerstag erlebt haben: Arbeit ist für jeden Menschen wichtig. Neben dem finanziellen Aspekt ist Arbeit bedeutend für die eigene Identität und die sozialen Beziehungen. Dies gilt auch für Menschen mit Behinderungen. Werkstätten für behinderte Menschen sind ein wichtiger Bestandteil des Systems der beruflichen Teilhabe in Deutschland. Sie bieten Menschen, die aufgrund der Art oder Schwere ihrer Behinderungen nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, Teilhabe am Arbeitsleben. Die Werkstätten gestalten Arbeit so, dass Menschen mit Behinderungen an verschiedenen Orten und in vielfältigen Unterstützungs- und Bildungsangeboten am Arbeitsleben teilhaben können.
Bundesweite Aktion
Nach dem Vorbild eines Berliner Projekts tauschten am 24. Oktober 2019 bundesweit rund 700 Mitarbeitende aus Unternehmen für einen Tag ihren Arbeitsplatz mit Beschäftigten aus Werkstätten. Ziel war die Begegnungen mit den Menschen in den Werkstätten, Einblicke in die Vielfalt der Produkte und Dienstleistungen und das Mitwirken an den Arbeitsprozessen. Während es immer mal wieder zu Hospitationen in der Werkstätten der WfaA kommt, haben beim S(ch)ichtwechsel auch die Beschäftigten der Werkstätten die Gelegenheit in Berufsfelder des allgemeinen Arbeitsmarkts zu schnuppern und ein Unternehmen oder eine Institution für einen Tag näher kennenzulernen. Ein Perspektivwechsel für beide Seiten.
„Wir freuen uns, dass wir so viele Teilnehmer für den Aktionstag gewinnen konnten. Viele, die wir angesprochen haben, haben spontan zugesagt.“ so WfaA-Geschäftsführer Thomas Schilder. „Einzelne Hospitation von Partnern in unserem Haus haben wir in der Vergangenheit schon einige gehabt. Ich denke dieses Format des Perspektivwechsels ermöglicht für alle einen Einblick in die Abläufe und hinter die Kulissen der jeweiligen Tauschpartner. Damit können auf beiden Seiten bestehende Vorurteile abgebaut werden.“
Werkstätten für angepasste Arbeit
Die WfaA ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft der Werkstätten am Niederrhein, ein Verbund von zehn Einrichtungen mit rund 50 Niederlassungen vom Kreis Heinsberg im Südwesten über den Kreis Mettmann im Osten bis zum Kreis Kleve im Norden. Die Werkstätten am Niederrhein beschäftigen rund 13.000 Menschen mit Behinderung sowie 2000 Menschen mit psychischer Beeinträchtigung, die einer Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht nachgehen können. Anerkannte Werkstätten für Menschen mit Behinderung zeichnen sich durch vielfältige berufliche Bildungsangebote und intensive Kooperationen mit Firmen und Unternehmen in der Region aus. Im Mittelpunkt steht die individuelle, berufliche Entwicklung auch durch Praktika und betriebsintegrierte Arbeitsplatzmaßnahmen mit der Chance einer Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.