Düsseldorfs Blaugrüner Ring: Kunstakademie Chef und Oberbürgermeister ringen miteinander
Zwei Männer sagen dasselbe Wort, meinen aber ganz Unterschiedliches. Ein Händler von der Königsallee blamiert sich und seine Nachbarn. Und manchem aus dem Publikum ist das Thema völlig egal. Es könnte auch um blaugrüne Radieschen gehen – Hauptsache man bekommt das Mikrofon, lobt die eigene Lebensleistung und wirbt für sein eigenes Thema. Blinzelnd in stechender Abendsonne diskutieren am Donnerstag (13.6.) 70 Gäste mit dem Leiter der Kunstakademie, Karl-Heinz Petzinka, und Oberbürgermeister Thomas Geisel beim Kunstverein 701 über den „Blaugrünen Ring“.
Dieser Ring ist Geographie und Idee zugleich. „Blau“ steht für den Rhein. „Grün“ für Hofgarten, Kö, Schwanenspiegel. Gemeint ist also Düsseldorfs Mitte, in der Ehrenhof, Kunstakademie, Oper, Ständehaus, jede Menge Kulturinstitute und das K21 räumlich dicht beieinander liegen. Im Ringen um die Aufmerksamkeit aber sind sie einsame Helden; ein jeder für sich ganz allein. Wer im Ehrenhof Kunst tankt, findet nicht automatisch zum Grabbeplatz mit dem K20 – und die Kunstakademie verschwindet an vielen Tagen hinter in Doppelreihe abgestellter Touristenbusse. Deshalb hat OB Geisel den „Blaugrünen Ring“ in den Ring geworfen. Irgendwie müsste man das doch alles besser miteinander vernetzen, überlegt der Verwaltungschef. „Da kann man mehr draus machen.“ Geisel hat das Gesamtbild der Stadt im Sinn – der „Blaugrüne Ring“ soll auf das positive Image einzahlen.
Eine Übersicht des Balugrünen Rings. Grafik: Stadt Düsseldorf
Ende 2018 startete ein internationaler Wettbewerb– und die Bürger wurden befragt. Im städtebaulichen Wettbewerb hat eine Jury unter Vorsitzen von Kunstakademie-Chef Petzinka so lange gesiebt, bis nunmehr 16 Projekte übrig geblieben sind. Sie bekamen eigene „Lastenhefte“, Hausaufgaben, die sie bis Ende 2019 abarbeiten und sich dann der Schlussrunde stellen. Um die Chancengleichheit im Wettbewerb zu wahren, bleibt Petzinka vage. Überraschende Vorschläge seien dabei, lockte er. Alle steinernen, blaugrünen Linien zwischen den Kulturinstituten aber habe man bereits rigoros aussortiert: „Da muss von Architekten mehr kommen.“
Anders als der OB will Karl-Heinz Petzinka den Blaugrünen Ring nutzen, um den 2000 bis 3000 in Düsseldorf lebenden Künstlern eine Bühne zu schaffen. Dabei geht es ihm nicht allein um Galerien und Ausstellungsfläche. Junge Talente sollen in bezahlbaren Ateliers arbeiten können. Es brauche Räume zum gegenseitigen Austausch. Petzinka setzt den Defibrillator an das manchmal etwas schwache Düsseldorfer Kunstherz.
Moderator, Ehrenvorsitzende und Regierungspräsident a.D. Jürgen Büssow mahnt in Fragen und Überleitung eine Verbindung zu anderen Linien der Düsseldorfer Stadtentwicklung an. Zum Raumwerk D etwa – in dem es um Mobilität geht. Hier hakt Geisel ein mit dem Hinweis, Düsseldorf arbeite an einem weniger Auto und mehr Fahrrad, mehr ÖPNV, mehr Zufußgehen.
Moderator Jürgen Büssow
An der Stelle springt der Chef der Kö-Anlieger, Peter Wienen, auf und stellt die Luxusmeile als Gesamtkunstwerk in eine schusssichere Vitrine. Er widerspricht allen Ideen, dort eine Fußgängerzone einzurichten. Alle Autos und alle Parkplätze sollen bleiben. „Denn der Kofferraum ist die beste Einkaufstüte!“ Luxusuhren würden von Luxusautofahrern gekauft und nicht von Radfahrern. Mehr Zukunftsverweigerung geht kaum.
Da mag Stararchitekt Walter Brune auch nicht schweigen. Er folgt im Alter dem Leitmotiv „Nicht von mir erfunden“ und wettert vehement gegen Kö-Bogen 1 und Kö-Bogen 2, die dem Südende der Kö und der Schadowstraße das Wasser abgraben würden. Als Wiederbelebung für den aus Brunes Sicht dahinsiechenden Boulevard schlägt er ein Café am Südende vor – das brächte die Flaneure zurück. Mit dem Blaugrünen Ring hat es allerdings herzlich wenig zu tun.
Das Beste wird sein, den Wettbewerb als Chance zu begreifen. Und ab Dezember 2019 zu diskutieren und zu streiten, wenn die 16 Ideen für das Herz von Düsseldorf in allen Details vorgestellt werden. Um alle Museumschefs und Institutsleiter schon mal zu erden, sei aus der Bürgerbefragung zum Thema Blaugrüner Ring zitiert. 765 Düsseldorferinnen und Düsseldorfer haben demnach einen ganz klaren Lieblingsort im Dorf: das Fortuna-Büdchen am Rhein mit seinen karibischen Sonnenuntergängen.