Wohnraumverlust in Düsseldorf: Lessingstraße 25 verloren für bisherige Bewohner
Es waren über 20 ehemals wohnungslose Menschen, die in dem Haus an der Lessingstraße 25 ein neues Zuhause gefunden hatten, nachdem fiftyfifty gemeinsam mit den Armen Brüdern die Immobilie gekauft hatte. Doch dies hat nun Vergangenheit. Die meisten der Bewohner sind vom neuen Eigentümer, der HMS 2. Grundstückgesellschaft, vertrieben worden, so empfinden es die Betroffenen. Trotz eines vor Gericht festgelegten Vergleichs, der dem Eigentümer den Ausbau von Türen und unangekündigte Handwerkertätigkeiten untersagte, ist in dem Haus mittlerweile eine Großbaustelle entstanden. Heizung und Wasser sind abgestellt und das alles, obwohl dort immer noch Menschen leben. Da mutet es wie Hohn an, dass sich jene Armen Brüder heute "FranzFreunde" nennen.
Die Baustelle Lessingstraße 25
Wie Sanierungen auf dem Rücken von Bewohnern ausgetragen werden, kann man aktuell in der Lessingstraße 25 beobachten. Besonders gravierend ist an diesem Fall, dass es sich bei den Bewohnern um Menschen handelt, die froh waren, endlich eine Wohnung gefunden zu haben. Ehemalige Obdachlose, die es nicht gewohnt sind, sich durch Mieterverbände oder Anwälte gegen profitorientierte Eigentümer zu wehren. Über zehn Jahre war das auch nicht notwendig, denn mit fiftyfifty und der Ordensgemeinschaft der Armen Brüder, heutige FranzFreunde, hatten sie Vermieter, die ihre Probleme genau kannte und sie sozial betreuten.
Die 27 Briefkästen – ein Zeugnis früherer Zeiten
Das änderte sich schlagartig, als die sogenannten "FranzFreunde" die Immobilie im Januar 2017 an eine Berliner Grundstücksgesellschaft, die HMS, verscherbelten. Mit Zahlungsangeboten von bis zu 2500 Euro wollte die HMS den Mietern den Auszug drängen. Doch vielen Bewohnern war klar, eine neue Wohnung würden sie nicht finden. Sie blieben. Damit wurde es ungemütlich, denn der Eigentümer startete Sanierungsmaßnahmen, die Dreck, Krach und Einschränkungen nach sich zogen.
Die Drohung "letzte Kontaktaufnahme mit Handynummer" wurde an eine Tür geklebt, hinter der offenbar noch jemand wohnt
Anfang Januar 2019 kam dann die nächste Eskalationsstufe. Die Heizung war aus, Wasser floss nicht mehr in den Leitungen, viele Stromkabel wurden rausgerissen. Obwohl immer noch Menschen im Haus leben. Der 74-jährige Hans musste Anfang Januar ins Krankenhaus. Nach seiner Rückkehr traute er seinen Augen nicht. In den Räumen seiner Wohngemeinschaft waren die Zwischendecken herausgerissen, im Nachbarraum die Stromkabel gezogen, Wasser gab es keins und als Heizung wurde ihm ein kleiner Radiator ins Zimmer geschoben. Den kann er jedoch nur anwerfen, wenn er die Steckdose, die noch funktioniert, nicht für seine Kochplatte oder den Kühlschrank braucht. Denn Strom ist nur noch auf einer Zimmerseite vorhanden. Er ist mit den Nerven am Ende. Und muss nun ausgerechnet bei den sogenannten "FranzFreunden" zu Kreuze kriechen, in einem Zimmer. Das Ende seines selbständigen Lebens mit eigenem Mietvertrag.
Im Sommer 2018 wurde vor Gericht ein Vergleich geschlossen, damals hofften die Bewohner noch auf Besserung. Nun sind bis auf einen alle aus dem Haus geflüchtet.
Vor dem Haus treffen wir am Mittwoch (30.1.) Willi Moers, der im Erdgeschoss des Hauses eine Wohnung hatte und bereits vor Wochen aufgab. Er hat ein Appartment in Aussicht und ist heilfroh, der Baustelle zu entkommen. Über zwanzig ehemals Obdachlose wohnten in der Lessingstraße, jetzt sind es noch vier – die trotz der Einschränkungen ausharren wollen.
Die Lessingstraße 25 – ist an vielen Stellen in der Stadt
Der Eigentümer kommentiert die Situation nicht. Die Gesellschaft ist nur ein Beispiel von vielen, wie in Düsseldorf ganze Häuser „leer renoviert“ werden, um sie anschließend als Eigentumswohnungen oder für teure Mieten an neue Bewohner zu geben. Düsseldorf ist ein teures Wohnpflaster.Offenbar hat die Stadt keine Handhabe, Mieter vor solchen Luxussanierungen zu schützen. Im großen Stil wurde dies bereits bei Hassels 2.0 vollzogen, aber auch viele Immobilien in der Innenstadt werden zu Spekulationsobjekten.