Düsseldorf: Was Straßennamen verraten und warum ein Beirat sie nun auf historische Belastungen prüft
Düsseldorf macht reinen Tisch mit Straßennamen, deren Namensgeber als historisch belastet angesehen werden. Mit Beschluss des Rats überprüft ein Beirat alle Straßen, die nach Personen benannt. Für viele von ihnen werden Gutachten erstellt, die dann Grundlage für den Rat sind, über Umbenennungen zu entscheiden.
Ende 2019 sollen die Gutachten erstellt sein
Knapp 3.500 Straßen, Wege und Plätze gibt es in Düsseldorf. Davon sind etwas mehr als Tausend nach Personen benannt, überwiegend nach Männern. Darunter gibt es Menschen, die eine nationalsozialistische, rassistische oder koloniale Vergangenheit haben und sich daher die Frage stellt, ob sie nach heutigem Wissen geeignet erscheinen, als gesellschaftliches Vorbild zu gelten. Ein wissenschaftlicher Beirat, in dem Historikerinnen und Historiker sowie alle Ratsfraktionen vertreten sind, wird alle Namensgeber auf ihre Eignung überprüfen, die nach 1870 verstorben sind. Bei davor verstorbenen Persönlichkeiten zählt der damalige historische Zusammenhang, den man aus heutiger Sicht nicht anzweifeln möchte.
Geleitet wird der Beirat von Dr. Benedikt Mauer, Leiter des Stadtarchivs, und dem Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, Dr. Bastian Fleermann. In den beiden bisherigen Sitzungen wurde klar, dass die Beurteilungen ein sehr emotionales Thema sind und viele Diskussionen auslösen werden.
Historische Pläne und Akten werden zur Prüfung herangezogen
Die Prüfen legen zugrunde, dass Personen nach denen eine Straße benannt wird, Vorbildcharakter haben sollten, da es eine der höchsten Ehrungen ist, die eine Stadt verleihen kann. Da die Benennungen immer in einem gesellschaftlich-historischen Kontext erfolgen, ist die Beurteilung aus heutiger Sicht gegebenenfalls eine andere, als zum Zeitpunkt der Namensvergabe. Bei der Überprüfung der Namen wird nach historisch belastende Faktoren geforscht. Dazu können Verbrechen im Kontext des Kolonialismus, Verbindung der Personen mit Rassismus, Antisemitismus, Minderheitenverfolgung, Chauvinismus oder Militarismus sowie biografische Bezüge zur NS-Diktatur, zur NSDAP oder ihrer Gliederungen bzw. angeschlossenen Verbänden zählen.
Der Rat entscheidet letztlich über eine Umbenennung
Nach Sichtung des Straßenverzeichnis wurden knapp 100 Namen ermittelt, für die ein Gutachten erstellt wird. Die meisten davon sind Männer, da nur wenige Straßen nach Frauen benannt sind. Fleermann und Mauer rechnen damit, Ende 2019 die Gutachten an den Kulturausschuss übergeben zu können. Dabei werden drei Gewichtungen vorgenommen: A – schwer belastet/nicht haltbar; B – diskussionswürdig, teilweise belastet, ein Abwägungsprozess ist notwendig und C – unbelastet. Die Ergebnisse werden auch der Öffentlichkeit mitgeteilt. Über die tatsächlichen Umbenennungen muss am Ende der Stadtrat entscheiden.
Reinen Tisch machen
Die Stadt Düsseldorf schließt sich mit ihrem Vorgehen der Stadt Freiburg an, die ebenfalls ihre kompletten Straßennamen überprüft haben. In anderen Städten erfolgten Umbenennungen bisher aus Einzelinitiativen heraus. 1945 hatte es nach einer Anordnung der Alliierten eine Änderung Düsseldorfer Straßennamen gegeben, die in der NS-Zeit vergebenen Namen zurückdrehten.
Bei neuen Straßen sollen Frauen stärker berücksichtigt werden
Ob und wo es dieses Straßenschild einmal geben wird steht noch nicht fest
Dr. Benedikt Mauer und Dr. Bastian Fleermann prüfen aber nicht nur im Fall von Umbenennungen. Sie schauen sich auch Anregungen für neue Straßennamen von den Bezirksvertretung (BV) an oder machen eigene Vorschläge. Dabei haben sie auch de Frauen im Blick, denn die Zahl der weiblichen Straßennamen soll steigen. So hat beispielsweise die BV 3 den Vorschlag einer Cilly-Helten-Straße auf ihrer Namensliste, die als Frau undWiderstandskämpferin gegen das NS-Regime, bald eine Namenspatin für eine neue Straße sein könnte.