DGB zur Rente: In Düsseldorf droht über 59.000 Menschen die Altersarmut
Im Alter auskömmlich leben? Das wird in Düsseldorf zunehmend zu einer Illusion. Die Düsseldorfer DGB-Vorsitzende Sigrid Wolf hat jetzt darauf hingewiesen, dass mehr als 59.000 Düsseldorferinnen und Düsseldorfer die Altersarmut droht. Im Rahmen der Veranstaltung „Verlässlicher Generationenvertrag“ forderte der DGB eine deutliche Anhebung des Rentenniveaus und die Rückkehr zu einem Ein-Säulen-Modell, das deutlich stärker als bisher aus Steuermitteln finanziert werden soll.
Dr. Sabine Graf, Vize-Vorsitzende des DGB NRW, stellte den aktuiellen Rentenreport des DGB für Nordrhein-Westfalen vor.
Auf Einladung des DGB in Düsseldorf diskutierten rund 80 Gewerkschafter mit Expertinnen und Experten über eine verlässliche Rente. Die Vize-Vorsitzende des DGB NRW, Dr. Sabine Graf, stellte den aktuellen Rentenreport NRW des DGB vor. Dem Bericht zufolge sind vor allem Frauen in NRW von Altersarmut bedroht. So beträgt die Durchschnittsrente von Frauen, die im Jahr 2015 in Rente gingen, 575 Euro im Monat. Und dieses Rentenniveau werde bis 2030 noch deutlich sinken.
Verantwortlich für die Armutsrenten sind die deutlich niedrigeren Entgelte für Frauen, die immer noch traditionelle Aufteilung bei Beruf und Familie und die Mini-Job-Falle, in der Frauen zu wenig für ihr Alter vorsorgen können.
Ursula Engelen-Kefer warnte vor Mini-Jobbs und forderte, Selbstständige und Beamte ins Rentensystem einzubeziehen.
Professor Dr. Ursula Engelen-Kefer vom Sozialverband Deutschland stellte dar, wie wichtig gerade für Frauen die Sicherung des Lebens-Standards durch eine auskömmliche gesetzliche Rente ist. Unverblümt forderte sie: „Augen auf bei der Partnerwahl!“ Vehement forderte Engelen-Kefer, die von den Sozialdemokraten unter der Regierung von Gerhard Schröder eingeführte permanente Absenkung des Rentenniveaus rückgängig zu machen. Weder die Betriebsrenten noch die private Versorge sei in der Lage, die so entstehenden Lücken bei der Rente zu schließen. Außerdem müssten Selbstständige und Beamte dazu verpflichtet werden, in die Rentenkasse einzuzahlen.
Dr. Florian Blank sieht in Österreich zu gleich ein Vorbild für die Alterssicherung und den Gegenbeweis für vielen deutsche Glaubenssätze.
Dr. Florian Blank vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut Düsseldorf, zeigte am Beispiel Österreich auf, wie ein staatliches Rentensystem den Lebensstandard im Alter sichert. In der Alpenrepublik gelte die Formel „80/45/65“. Aufgeschlüsselt bedeutet das: Nach 45 Versicherungsjahren in der Rentenkasse gehen Österreich im Alter von 65 in die Rente – mit 80 Prozent ihrer gemittelten Bruttobezüge. Anders als in Deutschland sei in Österreich die Sozialpartnerschaft viel ausgeprägter, sagte Blank.
Vom derzeitigen Beitragssatz in Höhe von 22,8 Prozent trügen die österreichischen Arbeitgeber 12,55 Prozentpunkte, die Arbeitnehmer 10,25. Zudem sei eine Mindestsicherung in Höhe von 909,42 Euro direkt im österreichischen Rentensystem eingebaut (ab dem 15. Beitragsjahr). In Deutschland müsse das Sozialamt aufstocken, wenn die Rente nicht zum Leben reiche. Scharf kritisierte Blank die „Erzählung“, dass ein hoher Beitragssatz zur Rente die Lohnnebenkosten in die Höhe treibe, damit den Standort unattraktiv mache und zu einer steigenden Arbeitslosigkeit führe: „Österreich beweist seit Jahren das Gegenteil.“
Die DGB-Chefin von Düsseldorf, Sigrid Wolf, machte Altersarmut in der Landeshauptstadt sichtbar.
Die Düsseldorfer Vorsitzende des DGB, Sigrid Wolf, ging auf die Situation in der Stadt ein. 59.383 Beschäftigte (Vollzeit, ohne Auszubildende) verdienten nach Angaben der Arbeits-Agentur Ende 2016 weniger als 2.500 Euro brutto im Monat. Um nach 40 Beitragsjahren nicht in die Grundsicherung zu fallen, ist ein Bruttoeinkommen oberhalb dieser Grenze notwendig. Ursache für das wachsende Risiko auf Altersarmut sei das Sinken des Rentenniveaus. Wolf kritisierte, dass es nach derzeitiger Gesetzeslage im Jahr 2030 auf bis zu 43 Prozent absinken soll.
Eckpunkte einer Rentenreform
Kernforderungen der DGB-Veranstaltung waren die deutliche Erhöhung des Rentenniveaus und eine Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zur Erwerbstätigenversicherung. Über Steuerzuschüsse sollten die Renten für Mini-Jobber, Kindererziehungszeiten und Pflege, Aus- und Weiterbildung sowie im Falle einer Erwerbsminderung angehoben werden.
HINTERGRUND
Rentenkommission "Verlässlicher Generationenvertrag"
In Berlin beschäftigt sich eine Rentenkommission mit der Weiterentwicklung der Alterssicherungssysteme ab dem Jahr 2025. Sie soll die Stellgrößen der Rentenversicherung in ein langfristiges Gleichgewicht bringen sowie einen Vorschlag unterbreiten, welche Mindestrücklage erforderlich ist, um die ganzjährige Liquidität der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Die Rentenkommission soll ihren Bericht bis März 2020 vorlegen.
Geleitet wird die Kommission von Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) und Karl Schiewerling (CDU).
Weitere Mitglieder sind:
Annelie Buntenbach, Deutscher Gewerkschaftsbund
Alexander Gunkel, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Katja Mast, MdB, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD
Hermann Gröhe, MdB, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU
Stephan Stracke, MdB, Stellvertretender Vorsitzender der CSU im Bundestag
Prof. Dr. Axel Börsch-Supan, Direktor Munich Center for Economis of Aging, Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, TU München
Prof. Dr. Simone Scherger, SOCIUM – Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Universität Bremen, Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Lebenslauforientierte Sozialpolitik
Prof. Dr. Gert G. Wagner, Vorsitzender des Sozialbeirates, Senior Research Fellow am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin
Zudem werden die Deutsche Rentenversicherung Bund, vertreten durch Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, vertreten durch Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg an den Sitzungen teilnehmen.