„PS: Ich liebe Dich“: Düsseldorf rollt Sportwagen in den Kunstpalast
Ein wenig Jokus muss schon sein. Sonst gucken wieder nur ein paar Stammgäste und die Medien bringen kreuzbrave Vorberichte, wenn überhaupt. Deshalb versucht es Generaldirektor Felix Krämer im Kunstpalast nun mit Lack und Leder. „PS: Ich liebe Dich“ hat das ehrwürdige Haus im Ehrenhof schon vor der Eröffnung eine Mauerecke gekostet. Denn anders wäre der Lamborghini Countach 5000 GV, Baujahr 1986, 12 Zylinder, 455 PS, Höchstgeschwindigkeit: 295 Stundenkilometer, gar nicht erst aus dem Lastenaufzug gekommen. 29 blitzende, blinkende Sportwagen ruhen bis zum 10. Februar 2019 auf aluminiumgrauen, mal 25, mal 45 Zentimeter hohen Sockeln in zwei Ausstellungssälen. Der Kunstpalast zeigt Chrom-Juwelen.
Begeisterte 1961 auf den Genfer-Automobilsalon: der Jaguar E-Type.
Warum? Felix Krämer guckt ein wenig trotzig: „Man könnte die Gegenfrage stellen: Ja warum denn nicht?“ Dabei sprühen seine Augen und der nicht laute, nicht große, sondern feingliedrige, pfiffig-verschmitzte Krämer schiebt „eine Antwort mit etwas mehr Substanz“ gleich hinterher: „Das Auto ist das wichtigste Design-Objekt des 20. Jahrhunderts; und ich sage bewusst nicht des 21. Jahrhunderts.“
Der Alfa Romeo Giulietta Sprint Speciale ist ein Prototyp von 1951.
Wumms – Sätze wie ein Frontalaufprall. Als erstes europäisches Kunstmuseum präsentieren die Düsseldorfer Automobile in einer Überblicksschau. Im New Yorker MoMA, dem Museum of Modern Art, gab‘s schon mal so einen Ansatz – mit acht Fahrzeugen. Im Kunstpalast wird nun in einer großen Bandbreite Benzin geredet. Britische, italienische, japanische und deutsche Automobilbaukunst haben es dorthin geschafft, wo Picasso, Rubens, Cranach und all die anderen zu Hause sind und wo derzeit Toni Cragg und Walter Ophey gewürdigt werden.
Die Kuratoren Barbara Til und Dieter Castenow sagen: "Autos sollten eigentlich immer von einer Frau und einem Mann betrachtet und ausgewählt werden."
Die Kuratoren Barbara Til und Dieter Castenow hatten keine wirkliche Not, rollende Ikonen einzusammeln. Die Schwierigkeit war eher, aus dem mannigfaltigen Angebot bei Sammlern bereits rings um Düsseldorf die Legenden auszuwählen. Zahlenmäßig ist Ferrari mit sechs Autos allen anderen Marken überlegen. Es gibt Prototypen zu sehen, wie den Alfa Romeo Giulietta Sprint Speciale Prototyp von 1951 oder ein Vorserienmodell des BMW 507 von 1955. Kunstpalastchef Felix Krämer liebt den Jaguar E-Type Coupé. Das sei exakt jenes Auto, das die Briten zur Modell-Premiere im Jahr 1961 auf dem Genfer Autosalon zeigten. „Und es trägt ein Autobahn-Maut-Pickerl von 2018“, freut sich Krämer. Der kristallblaue Porsche 911 setzt einen Farbtupfer. Mercedes entsandte neben dem Flügeltüren-Coupé 300 SL den C111 Typ II. Das ist ein Concept Car des Designers Bruno Sacco mit vier-rotorigem Wankelmotor – von dem überhaupt nur sechs Fahrzeuge hergestellt wurden.
Farbtupfer inmitten des automobilen Purismus: ein Porsche 911 in seltenem Kristallblau.
Bei der Präsentation verzichtete das Kuratoren-Duo auf Schnick-Schnack. Keine Strohballen, keine rostigen Zapfsäulen, keine abgefahrenen Formel-1-Reifen. Nichts soll von der Formensprache und dem Erscheinungsbild der Karossen ablenken. Sportwagen-Aficionados greifen am Eingang zum Audioguide. Dessen 70 Minuten enthalten auch Motorensounds.
Vor dieser sehr puristischen, sehr reduzierten Präsentation automobiler Träume muss gewarnt werden. Frauen sollten davon absehen, ihre Männer in „PS – Ich liebe Dich“ abzugeben, um in aller Ruhe durch die übrigen Ausstellungsräume zu wandeln. Sie bekommen Zündfunken-Fieber-Opfer zurück, mit flackerndem Blick und der unbedingten Bereitschaft, die erst zur Hälfte angezahlte Lebensversicherung gegen ein Stück rostanfälligen Metalls auf Rädern einzutauschen.
Für das Mercedes Coupé-Duo gelten klare Beleuchtungsregeln – ab Werk.
Sportwagen-Enthusiasten sollten es nicht einmal wagen, sanft mit der Hand über das Objekt ihrer Begierde zu fahren. Prompt schrillt ein Warnton. Die edlen Karossen werden genauso behandelt wie ein unbezahlbarer Modigliani: Die Luftfeuchtigkeit in den Ausstellungräumen ist auf 45 bis 55 Prozent justiert, damit die Korkdichtungen keinen Schaden nehmen. Und Mercedes, beispielsweise, hat in den Begleitpapieren präzise festgelegt, wieviel Lux Lichtstärke auf seine Sportwagen herniederbrennen dürfen. Damit es keine Lackschäden gibt. Regelmäßig schauen Restauratoren nach den 29 Sportwagen.
Umfangreiches Begleitprogramm
Zur musealen Autoschau gehören Vorträge über Autodesign zwischen Style und Status (15.11.2018, 19 Uhr) und über das Auto als Fetisch (6.12., 19 Uhr). Am 18. November wird im Museumsfoyer eine große Carrera-Bahn aufgebaut. Es gibt Filmabende am 11. Oktober, 19 Uhr mit „Le Mans“ von Lee H.Katzin und am 24. Januar, 19 Uhr, mit einem Abstecher in die Nouvelle Vague: „Un homme et une femme“ (Claude Lelouch). Malbuch und Quartett für Kinder runden die museale Sportwagenschau ab.
„PS: Ich liebe Dich“ ist zugleich Liebeserklärung und Abgesang echter Autos. Ein Post-Scriptum.
Wann, wo, wieviel
PS: Ich liebe Dich | Sportwagen-Design der 1950er bis 1970er Jahre dauert vom 27. September 2018 bis zum 10. Februar 2019. Der Eintritt kostet 14 (ermäßigt: 11 Euro). Kinder unter 13 Jahren haben freien Eintritt, Jugendliche von 13 bis 17 Jahre zahlen zwei Euro. Der begleitende Katalog kostet im Museum 29,80 Euro. Für Kinderf ab 5 Jahre gibt es ein kostenloses Begleitheft –zum Entdecken und Zeichnen. Donnerstags um 18 Uhr und samstaga, 14 Uhr, starten Führungen (Gebühr: 5 Euro und ermäßigter Ausstellungseintritt). Bitte anmelden unter www.kunstpalast.de/shop