Chinas Porzellan in Düsseldorf: Der Kaiser mochte es schlicht
Am Wochenende gab es wieder mal ein China-Fest vor dem Düsseldorfer Rathaus: so rot, so golden, so kitschig-populär, der Himmel hing voller Troddeln und Lampions. Auch Chinas Porzellan gilt im Westen als verspielt. Man erwartet üppig bemalte Bodenvasen, reichlich Drachen, Blüten, Figuren. Dabei waren solche Dekors eher für den ordinären Hausgebrauch gedacht – und für den Export in den chinaverliebten Westen des 19. Jahrhunderts. Die feine chinesische Art hingegen ist zurückhaltend. Der Kaiser trank seinen Tee aus zarten eintönigen Schalen, die eine besondere Bedeutung hatten. Das kann man jetzt im Hetjens-Museum lernen.
Schlicht, aber ganz oben: Nur der Kaiser von China durfte vor fünfhundert Jahren das einfarbige gelbe Geschirr benutzen.
„Alle Farben Chinas“ heißt die Ausstellung, mit der Direktorin Daniela Antonin und ihr fachkundiger Kurator Daniel Suebsman die Abteilung Ostasien aufgewertet haben. Ein Katalog wird leider erst später erscheinen, und der Laie wird die komplexen Zusammenhänge von Daoismus, Konfuzianismus, Buddhismus, chinesischer Sprache und chinesischer Farbenphilosophie bei einem Besuch im Hetjens-Museum sicher nicht ganz verstehen. Aber versuchen kann man es ja mal.
Gelb war eine heilige Farbe
Das Schriftzeichen für Gelb, erklärt Suebsman, der selbst asiatische Wurzeln hat, wird genauso ausgesprochen wie das Schriftzeichen für Kaiser, nämlich Huáng. Und so ist das Gelb, nach daoistischer Fünf-Elemente-Lehre der Erde zuzuordnen, zur Farbe der Ming-Dynastie geworden. Kaum zu glauben: Einige sonnig glänzende Vasen und Schüsseln, die in ihrer Schlichtheit absolut modern wirken, sind 500 Jahre alt! Nur der Tisch des Kaisers und seiner Gemahlin wurde mit komplett gelb glasiertem Geschirr gedeckt, keiner sonst durfte es benutzen. Wenn ein Gefäß von innen weiß war, wie man es heute von den beliebten bunten Dibbern-Tellern und ihren Tchibo-Kopien kennt, gebührte das Porzellan der ersten Konkubine. Für Haremsdamen mit niedrigerem Rang gab es hübsche Muster mit dem kaiserlichen Drachen. Merke also: je vornehmer, desto schlichter.
Experten für zerbrechliche Schätze: Museumschefin Daniela Antonin und Kurator Daniel Suebsman (links) neben einer blau-weißen chinesischen Prachtschale.
Monochrome Keramik war vor der Verbreitung des typischen blauweißen Dekors in China am beliebtesten – und wurde bis zum Ende des Kaiserreichs von der Elite bevorzugt. Wie Bauhaus-Design wirken ein paar weiße Teller und Gefäße aus Steinzeug. Man hätte sie in ihrer Vitrine beinahe übersehen. Dabei sind sie um die 1000 Jahre alt und stammen aus der Song-Dynastie, wo sie für dunkle Speisen und Getränke benutzt wurden. Aus schwarzbraun glasierten Schalen trank der Hof hingegen den milchigen weißen Tee – der optische Kontrast wies auf das ewige Zusammenspiel von Yin und Yang, den einander bedingenden Gegensätzen, hin.
Eine zerbrechliche Sensation
Geschirre sind nützliche Alltagsdinge, die in Asien aber immer auch einen symbolischen Charakter haben. Das gilt auch für Dekore wie den „Acht-Pfirsich-Teller“ aus der Yongzheng-Ära um 1730. Die samtigen Früchte galten als Sinnbild der Unsterblichkeit, und die kleinen Fledermäuse, die da flattern, sind nichts Unheimliches wie in unseren Geschichten. Denn das chinesische Schriftzeichen für Fledermaus klingt wie das Zeichen für Glück: Fú. Auch sonst ist das Stück aus einer Privatsammlung bemerkenswert. Es repräsentiert die Erfindung des Rosatons in der Glasur. Mit Hilfe von pulverisiertem Gold wurde die Farbe der Pfirsiche gezaubert und vor dem Einbrennen ganz vorsichtig mit einem Röhrchen auf das Porzellan geblasen. So kommt es, dass dieser zarte Teller heute einen Schatz im Wert von etwa zwei Millionen Euro darstellt.
Zarte Kostbarkeit: Der „Acht-Pfirsich-Teller“ aus der Yongzheng-Ära (um 1730) ist Millionen wert.
Viel auffälliger ist natürlich die Deckelvase mit Blütensträuchern und Vögeln, die fett auf einem Sockel steht. Solche Prachtstücke wurden im 18. Jahrhundert für westliche Kundschaft gemacht. Der verzierte Bonsai-Topf vor der Tür, in dem ein Mini-Feigenbaum wächst, stammt hingegen aus dem Hausstand des kaiserlichen Hofes im späten 19. Jahrhundert. Wie das Stück damals in den westlichen Handel kam, weiß man nicht. Er könnte geraubt worden sein oder von einem ruinierten Prinzen verkauft. „Es gab auch korrupte Eunuchen“, weiß Experte Suebsman. Auf jeden Fall steckt Chinas Porzellan voller Geschichte und Geschichten.
Wann und wo?
„Alle Farben Chinas! Glasurenvielfalt aus über 1000 Jahren“: neu in der Dauerausstellung des Hetjens-Keramikmuseums, Ostasienabteilung, Schulstr. 4. Di.-So. 11 bis 17 Uhr, Mi. bis 21 Uhr. www.duesseldorf.de/hetjens