Düsseldorfer Sozialdemokraten ringen beim Parteitag um Erneuerung
Ende Mai wird sie 154. In Düsseldorf stellt sie den Oberbürgermeister. Und sie wächst derzeit schneller, als ihr Ortsvorsitzender Andreas Rimkus gucken kann: „Wir haben in Düsseldorf 3000, ach nee, mittlerweile mehr als 3100 Mitglieder.“ Eigentlich schreibt sie hier gerade eine Erfolgsgeschichte; wenn da nur die Wähler nicht wären. Die haben die SPD in Umfragen unter die 20-Prozent-Marke fallen lassen. Mitten durch diese Düsseldorfer SPD zackt ein Riss, wie einer der schwierigsten Parteitage der vergangenen Jahre am Samstag (17.3.) zeigte. Das Stichwort der Stunde lautet: „Erneuerung“.
SPD-Chef Andreas Rimkus: Sichtbar angefasst.
Nach fünf Stunden Diskussion signalisierte Andreas Rimkus: Er wolle eine persönliche Erklärung abgeben. Da wurde in der Aula der Heinrich-Heine-Gesamtschule an der Graf-Recke-Straße bereits mehr als eine Stunde lang gerungen – um die Trennung von Parteiamt und Mandat. Die Jusos forderten mehr Mitsprache der Mitglieder, wollen dadurch „Interessenkonflikte ausschließen“ und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.
Misstrauen in den eigenen Reihen
Rimkus ging das sichtbar unter die Haut. Es müsse Schluss sein mit dem Misstrauen, sagte er. Das sei Gift für die Partei. Wer von ihm mehr Informationen haben wolle, solle sie abfordern. Im Übrigen habe er beim Bundesparteitag zusammen mit drei weiteren Düsseldorfer SPD-Delegierten glasklar die Meinung der Basis vertreten: „NoGroko“.
Braucht Zucker – zur Beruhigung?: OB Thomas Geisel.
Für Andreas Rimkus, aber auch für Oberbürgermeister Thomas Geisel lassen sich Mandat und Parteiamt nicht trennen. Denn so würden Orts-, Landes- und Bundesebene effektiv miteinander verzahnt. Die Basis folgte am Ende den beiden wichtigsten Sozialdemokraten der Stadt nicht, sondern gab der Satzungskommission als Hausaufgabe mit: Delegierte für den Landes- oder Bundesparteitag dürfen nicht zugleich Mandatsträger sein.
Sichtbarar Mitgliederzuwachs: Der SPD-Ortsverein Flingern brauchte einen Extratisch.
Dafür hatten sich neben den Jusos (alle SPDler unter 35) um ihren Vorsitzenden Thomas Peußer auch Partei-Grande Jürgen Büssow und die ehemaligen Landtagsabgeordnete Walburga Benninghaus ausgesprochen. Ihr Argument war: Ohne Bruch mit den alten Prinzipien – keine echte Erneuerung. Bereits zuvor war ein anderes Thema der Parteiorganisation heftig umstritten: Sollen nur Delegierte der Ortsvereine auf die Düsseldorfer Parteitage – oder sollen diese Parteitag zu Mitgliedervollversammlungen umfunktioniert werden? In Münster funktioniert das so. In Düsseldorf wollten sie am Ende von Fall zu Fall entscheiden, ob alle Mitglieder zusammengerufen werden sollen – oder die Ortsvereine wie bisher Delegierte schicken.
Mehr als einmal musste die Zählkommission die knappen Abstimmungsergebnisse beim Düsseldorfer SPD-Parteitag auszählen.
Beide Entscheidungen werden schwer umzusetzen sein. Denn sie betreffen zum Teil die Bundessatzung der SPD. Am Samstag wurde der politische Wille zu Länge und Breite der von der Düsseldorfer Basis gewünschten Veränderung ausgelotet. Nun müssen die Düsseldorfer Sozialdemokraten warten, wie sich die Erneuerung auf der Bundesebene Bahn bricht, bis tatsächlich die hiesigen Statuten angepasst werden können. Das wird ein langer Weg für eine Partei, die nicht folgsam marschiert wie die Konservativen, sondern eher in der fröhlich unordentlichen, manchmal bitter verzankten und verknäulten Schlachtordnung eines kleinen gallischen Dorfes unterwegs ist.
Traditionalisten und Erneuerer
Um dem Jammertal der demoskopischen Bedeutungslosigkeit entfliehen zu können, ist die Beschäftigung mit den eigenen Sitten und Gebräuchen unabdingbar. Gleich zu Beginn des Parteitages wurde aber auch entlang von Sachthemen diskutiert. Dabei wurde die Spaltung in Traditionalisten und Erneuerer deutlich. Erstere abarbeiten sich immer noch an der Agenda 2010 ab. Sie machen in dem markt-liberalen Teufelsding von Brioni-Schröder den Punkt aus, an dem die Partei ihre Seele verloren hat und wollen diese Wunde heilen.
Pause im Saal des Düsseldorfer SPD-Parteitags – die Antragskommission tagt.
Beispiele: Die Arbeitsgeber sollen verpflichtet werden, mehr in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen, damit prekär Beschäftigte länger als zwölf Monate daraus bezahlt werden können. Und: Für die digitalen Mini-Jobber und Selbstständigen soll eine Krankenversicherung nach dem Vorbild der Künstlersozialkasse geschaffen werden.
Digitale Zukunft
Die Erneuerer drängen stattdessen darauf, über die Zukunft zu reden. Über Digitalisierung und wie sie unser Leben, unsere Arbeit, unsere Mobilität verändert. Immer mit einer Anbindung an den Datenschutz – denn Sozialdemokraten laufen nun mal nicht blindlings dem Fortschritt hinterher.