Düsseldorf und Klaus Doldinger: Völlig entspannt im Hier und Jazz
Die Fans knubbeln sich nicht nur auf Plüschsesseln vorm künstlichen Kamin, sie hocken dicht an dicht die Treppe rauf im hochherrschaftlichen Andreas-Quartier, Düsseldorfs neuem „Wohnzimmer“. Auch Heinz Risse, Jahrgang 1935 und damit gerade mal ein Jahr älter als der erwartete Talk- und Stargast Klaus Doldinger. Thema am Samstagnachmittag: Doldinger und Düsseldorf. Und umgekehrt.
Der Bass als Deckung
Risse erinnert sich an Jazzkonzerte in den 50-er Jahren „in irgendeiner Schulaula“. Wenn das Taschengeld für den Eintritt nicht reichte „habe ich einfach den Bass mit rein getragen und so getan, als wenn ich zur Band gehöre“. Er habe auch noch Fotos davon: „Mit der Box geschossen, 6 x 6 mit Büttenrand, sind inzwischen aber ziemlich verschossen.“ Viel später, als Risse für Bayer eine Fabrik in Indien mit baute, habe er „den Klaus“ dann bei einem Konzert in Bombay erleben dürfen, mit anschließendem Empfang beim deutschen Konsul: „Dem haben wir den ganzen Whisky weggesoffen.“ Klar, war er auch im letzten Jahr in der Tonhalle beim spektakulären Konzert zu Doldingers 80. Geburtstag.
Voller Anekdoten
Es wird ein anekdotenreicher Nachmittag: „Der Vater vom Klaus war ja bei der Post, dort hat er die Räume den Jungs klammheimlich zum Üben überlassen“, verrät Risse. Der Klaus erinnert sich dagegen eher daran, dass Papa Operpostdirektor zuerst wenig anfangen konnte mit der jazzigen Karriere seines von einer US-Army-Band infizierten Sohnes.
Musiker und Interview: Klaus Doldinger (l.) antwortet Frieder Feldmann. Foto: Inge Hufschlag
Moderator Frieder Feldmann fragt dazu Bruder Wolf, den Düsseldorfern ebenfalls wohlbekannt als Jazzer, vor allem in der Johanneskirche (Einwurf Klaus: „Der ist fünf Jahre jünger und eigentlich Psychoanalytiker“). Wolf Doldinger: „Der Klaus war schon immer ein Besessener.“ Als solcher gründete er bereits als Gymnasiast des Jacobi-, des späteren Rethel-Gymnasiums, seine eigene Band. Es folgte die Ausbildung im Robert-Schumann-Konservatorium. Doldinger: „Damals noch an der Inselstraße, wo ich später geheiratet habe.“ Mit Frau Inge, einer in Düsseldorf geborenen Künstlerin, vom Kollegen Charles Wilp seinerzeit auch als Fotomodel entdeckt, lebt er seit 1968 im oberbayerischen Icking.
Jazz war noch verpönt zu jener Zeit: „Wir spielten dann heimlich mit den Kirchenmusikern Boogie Woogie“. Oder man traf sich zu Jam Sessions im Hinterzimmer im Musikhaus Jörgensen.
Legendäre Abende im Csikos
Mit der Zeit entstanden auch andere Spielstätten. Doldinger schwärmt vom legendären Csikos in der Andreasstraße, von dessen originellem Eigner Otto Schuster, der ihn anraunzte „Wat mach’ste hier, spiel was!“ Und dann jazzten die Jungen für eine scharfe Gulaschsuppe und zwei Altbier.
Zum ersten Konzert seiner als erste und beste deutsche Dixieland-Band gelobten „Feetwarmers“ haben die Musiker das Schlagzeug noch durch den Hofgarten getragen zur „Brücke“, an der Kasernenstraße, damals noch britisches Informationszentrum. Beim Düsseldorfer Amateur Jazz-Festival – quasi der Vorläufer der jetzigen Jazz Rally, deren Schirmherr Doldinger ist – trat er dann schon mit seinem Trio auf, Oscar’s Trio, weil er allen immer von Oscar Peterson vorschwärmte.
"Passport" historisch: (vl.) Wolfgang Schmid, Kristian Schultze, Curt Cress und Klaus Doldinger.
Nach dem Gewinn eines Coca-Cola-Wettbewerbs, eine Reise nach New York, nahm die internationale Karriere des deutschen Jazzers einen rasanten Verlauf. Dafür steht der geniale Name Passport. Einer von mehreren Doldingers verschiedene Stilrichtungen. Als Paul Nero machte er den Jazz tanzbar: „Aber ich bin als Nero nie auftreten“. Mit ausgetüftelten Eigenkompositionen untermalte er musikalisch Produkte wie Pril, Persil oder die Seife Fa genauso treffsicher wie 1967 den historischen Moment der Einführung des Farbfernsehens.
Der Mann am Saxophon, Klaus Doldinge, mit Passport heute. Fotos (2): Destination Düsseldorf
Klaus Doldingers Original Sound Track zum Film „Das Boot“ kennt wohl jeder. Erst recht seine Musik zum Tatort. Ob’s dafür jedes Mal was gäbe, will Moderator Frieder Feldmann wissen. Der Komponist grinst: „Klar, unterschiedlich, höchstens 45 Euro“ und gibt hinterher im Andreas-Quartier noch gerne Autogramme auf Vinyl.
Karten für die Düsseldorfer Jazz Rally
Der Button für die 26. Düsseldorfer Jazz Rally zu Pfingsten, 17. bis 20. Mai 2018, mit 70 Konzerten – auch mit Schirmherr Klaus Doldinger – kostet im Vorverkauf (bis zum 16. Mai) 35 Euro, an der Abendkasse 40 Euro, Tagesticket für die Preview am Donnerstag 18 Euro, Abendkasse 20 Euro, ansonsten Tagesticket Freitag, Samstag, Sonntag jeweils 28 Euro, Abendkasse jeweils 32 Euro. Reservierungsticket zu zehn Euro für das Konzert von Candy Dulfer im Zelt am Burgplatz. www.westticket.de, Hotline 0211 274000, Vorverkaufsstellen: Schadow-Arkaden, Tourist-Informationen am Hauptbahnhof und in der Altstadt.