Düsseldorf: Dieselfahrverbote sind grundsätzlich möglich
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts am Dienstag (27.2.) wurde mit Spannung erwartet. „Städte können Dieselfahrverbote verhängen“ lautet die Kernaussage, aber die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt werden. Für die Dieselfahrer bedeutet das Urteil weiterhin keine Klarheit. Oberbürgermeister Thomas Geisel sieht sich aktuell nicht in Zugzwang. Er verweist auf die Bezirksregierung, die Maßnahmen im Luftreinhalteplan festlegen muss. Erst danach würde er handeln und auch dann müsse man genau definieren, wie dies aussehen kann. Denn noch sieht man keinem Fahrzeug von außen an, ob es sich um einen „Dieselstinker“ handelt. Ob in Düsseldorf Checkpoints zur Kontrolle von Fahrzeugpapieren eingerichtet werden, ist eine Möglichkeit, die aber von Geisel eher als Horrorszenario gesehen wird.
Die Messstation an der Corneliusstraße misst die Luftqualität, die Busse der Rheinbahn sollten aktuell für 14 Prozent der Stickoxidwerte verantwortlich sein
Die einzigen, die nach dem Urteil aus Leipzig am Dienstag gute Laune haben dürften, sind die Bewohner der Corneliusstraße und die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Düsseldorf wegen der ständiger Überschreitungen der Grenzwerte verklagt hatte.
Bei der Bezirksregierung Düsseldorf, der Stadt, den Parteien und vielen Verbände löst das Urteil Stirnrunzeln aus. Denn das Verhängen von Fahrverboten ist nun möglich, soll aber mit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit angewendet werden.
Theoretisch könnte Düsseldorf die Diesel aus der Stadt verbannen, wenn die Bezirksregierung diese Maßnahme in den Luftreinhalteplan aufgenommen hat. Doch die praktische Ausführung ist noch offen. Die Stadt sieht den schwarzen Peter bei sich, wenn sie die Einhaltung dieser Maßnahme kontrollieren soll. Aus Berlin kommt keine Aussage zur Einführung einer blauen Plakette. Die Hersteller weigern sich weiter ältere Dieselmodelle nachzurüsten. Von den 112.286 in Düsseldorf zugelassenen Diesel sind 33.562 Fahrzeuge mit Euro 4 oder schlechter. Ihnen würde als erstes ein Fahrverbot drohen. Darunter auch die Fahrzeuge von Handwerksbetrieben und Dienstleistern, die in Beschränkungen ihre Existenz gefährdet sehen.
Parteiübergreifend ist man sich einig, dass ein Fahrverbot nicht zu Lasten von Handwerkern, Berufspendlern, der Rheinbahn und anderen Geschädigten gehen soll. CDU MDB Thomas Jarzombek sieht eine drohende Enteignung Millionen von Autofahrern und fordert nun ein schnelles Handeln der Stadtspitze. Der Bund hat im Sofortprogramm „Saubere Luft 2017-2020“ den betroffenen Kommunen eine Milliarde Euro für Maßnahmen zur Verringerung der Abgasbelastung zur Verfügung gestellt.
Auch CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt appelliert an die Bundesregierung, Städte wie Düsseldorf mit dem Problem nicht alleine zu lassen. Der Bund müsse gemeinsam mit der Industrie die Hardware-Nachrüstung älterer Diesel vorantreiben. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der Autobesitzer geschehen.
Die Landesregierung sieht ebenfalls die Automobilindustrie bei der Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen in der Pflicht. „Wir müssen mit der Branche intensiv reden, in welcher Form technische machbare Nachrüstungen sehr zeitnah und für die Autofahrer kostenneutral realisiert werden können. Dann würden rasch weitere spürbare Verbesserungen der Luftqualität in unseren Städten eintreten“, sagteChristina Schulze Föcking, NRW-Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz.
Die SPD Politiker Andreas Rimkus MdB und Ratsherr Philipp Tacer fordern die Entgiftung der Innenstadt durch emissionsfreie Vielfahrerflotten und Mobilität der Zukunft. Sie halten ein Diesel-Verbot für die falsche Lösung und fordern die Autoindustrie auf, die betroffenen PKW nachrüsten.
Norbert Czerwinski, Sprecher der GRÜNEN Ratsfraktion, verlangt, dass die Stadt die Blaue Plakette einfordern muss. „Diesel-Fahrverbote auf einzelnen Straßen oder ein Flickenteppich in unterschiedlichen Städten sind sinnlos. Wir brauchen dringend die Blaue Plakette, damit saubere Diesel weiterhin in die Innenstädte fahren können und wir die dreckigen raushalten können“, kommentierte er das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Die FDP-Ratsfraktion lehnt ein Diesel-Fahrverbot für die Stadt Düsseldorf ab. Fraktionschef Manfred Neuenhaus fordert vom Bund nicht einen einen kostenlosen ÖPNV anzubieten, sondern den Städten Geld für Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV zur Verfügung zu stellen.
Handwerkskammerpräsident Andreas Ehlert sieht die Fahrzeughersteller in der Pflicht, Diesel-Fahrzeuge unverzüglich und kostenlos effektiv nachrüsten
Der DGB Düsseldorf bedauert das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, da es zu massiven Einschränkungen für tausende Berufspendler sowie für klein- und mittelständische Unternehmen führen kann. Die Einführung einer „blauen Plakette“ wäre aus Sicht der DGB-Stadtverbandsvorsitzenden Sigrid Wolf eine Option, Fahrverbote zu verhindern.
Oberbürgermeister Thomas Geisel verweist auf die zahlreichen städtischen Projekte zur Luftverbesserung: "Wir tun das, was eine Kommune tun kann und sollte, um die Luft in unserer Stadt sauberer zu machen. Dabei geht es nicht nur um Stickoxid, sondern auch Feinstaub und CO2. Wir werden unsere Maßnahmen fortführen und verstärken“.
Projekte zur Luftverbesserung
– Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
– Vorrangschaltungen für Bahnen und Busse
– Beschaffung neuer Diesel-Euro-6-Busse durch die Rheinbahn AG
– Anlage von Mobilitätsinseln
– App zur Vernetzung von Verkehrsangeboten
– Stärkung des Radverkehrs
– Handlungskonzept Elektromobilität
– Umrüstung des städtischen Fuhrparks auf schadstoffärmere Modelle
– Intensivierte Nutzung umweltfreundlicher Taxen
– Logistik-Konzept für die Innenstadt
– Erarbeitung eines Masterplans für nachhaltige und emissionsarme Mobilität
– Einrichtung einer Teststrecke für autonomes Fahren
– Mobilitätspartnerschaft zwischen Stadt, Kreishandwerkerschaft, Handwerkskammer und IHK
– Landstromversorgung von Schiffen
– Ausbau der Fernwärmeversorgung durch Erdgaskraftwerk Block "Fortuna"
– Pflanzung von mehr Straßen- und Stadtbäumen sowie Anlage neuer Rasengleise
– Konzept zur Optimierung der Beleuchtung