Düsseldorf und der doppelte Sarrazin: Nachbarschaftsfest als Protest und Bekenntnis zum Miteinander der Kulturen
Dieselbe Stelle, dieselben Personen: Auch die zweite Lesung von Thilo Sarrazin im FeinStil am Fürstenplatz war von zahlreichen Protesten begleitet. Rund 200 Menschen kamen zum großen Nachbarschaftskonzert auf den Fürstenplatz. Punk, Poetry Slam und Sambatrommeln ließen sich zu einer Botschaft zusammenziehen: Menschenfeinde wie Sarrazin sind am Fürstenplatz nicht willkommen.
Ein Türwächter vor dem Eingang, die zerstörten Scheiben durch Holz notdürftig verblendet – dennoch mit Thilo Sarrazin als Hassprediger im Haus: das FeinStil
„Und eigentlich braucht auch niemand das FeinStil hier“, sagte Oliver Ongaro von Düsseldorf stellt sich quer, DSSQ, als Redner. Er sieht in dem Weinhandel mit dem elitären Namen ein Beispiel für die „Gentrifizierung“, für die Verdrängung angestammter Mieter durch zahlungskräftigere Neuhinzugezogene. Diesen werde es nicht gelingen, die gewachsene Nachbarschaft verschiedener Nationen und Kulturen auf und am Fürstenplatz kaputt zu machen, so Ongaro.
Eine Organisatorin des Nachbarschaftsfestes berichtete, wie die Nachricht von der Lesung Sarrazins sieben einander völlig fremde Menschen zusammengebracht habe. Auf einen offenen Brief gegen die Sarrazin-Lesung hätten die FeinStil-Betreiber mit einem Zusatztermin für den Provokateur reagiert.
Leadsänger der Gruppe "subversiv brat"
Mit großer Unterstützung von außen – „Die Linke“ kümmerte sich ums Essen, DSSQ beriet, der VVN Bund der AntifaschistInnen stellte die Bühne fürs Nachbarschaftsfest – wolle man nicht einfach hinnehmen, dass ein Spalter der Gesellschaft, wie Thilo Sarrazin Raum bekommt für seine herablassenden Bemerkungen über Menschen anderer Herkunft.
Die insgesamt friedliche Stimmung wurde gestört, als ein Passant einem Gegendemonstranten die Trillerpfeife aus dem Mund riss. Letztlich behielten auch in dieser Situation die Umstehenden weitgehend die Ruhe, so dass es nicht zu einer Eskalation kam.
Poetry Slammer Bertrand las auf dem Forstenplatz
Derweil sorgten auf der Bühne die Punkband „subversiv brat“, Poetry Slamer Bertrand und Sambatrommler aus Garath für Unterhaltung. Pfiffe gab es, als sich Millionär Thilo Sarrazin in einer gepanzerten Limousine vorfahren ließ. Er hält es für normal, Menschen anderer Herkunft als minderwertig hinstellen zu können. Im Zweifel zieht sich der 71-Jährige Provokateur hinter den Schutz von vier BKA-Spezialisten zurück, die aus Steuergeldern bezahlt werden. Das macht das Beleidigen anderer um ein Vielfaches leichter.
Samba-Trommler aus Garath auf dem Fürstenplatz
Sarrazin zu einem Abstecher in Oberbilk
Am Vormittag hatte Thilo Sarrazin auf Einladung der Rheinischen Post einen Bummel durch Oberbilk unternommen, dem Ausländerfeinde den Beinamen „Magrebviertel“ verpasst haben. Hier wurde er von einer Frau erkannt und angegangen: „Sie sind hier nicht erwünscht.“ Sarrazin soll bei seinem Rundgang die schwangeren Frauen mit Kopftuch laut gezählt haben, heißt es. Seine Begründung: Er könne nun mal nicht anders.