Europatag Düsseldorf: Zwischen Krieg und Frittiertem
Den einen ist Europa ziemlich Wurst. Die beißen draußen in die Krakauer. Skeptiker hören in der von einem Pop-Darsteller und Kindern artig vorgetragenen Ouvertüre im Plenarsaal den Sterbemarsch fürs Bündnis. Spätestens, wenn am Sonntagabend (7.5.) Marine Le Pen Frankreich übernimmt, hat der Euro-Spaß jäh ein Ende, sagen sie. Und dann sind da Leute wie Anselm Klatt, der unerschütterlich, mehrsprachig, freundlich, aber bestimmt alles Gute an Europa herbeiredet. Ganz egal, wie krude ein Anti-EU Argument an seinem Infotisch auch sein mag – Klatt formt es solange um, bis eine Ode der Freude über Europa daraus wird.
Der Plenarsaal der Rathauses öffnete sich für die Diskussionen über Europa
Beispiel: die schmerzfreien Ungarn, die schräg gegenüber das volle Touristenprogramm ausbreiten. Lockruf der „Wasserwelt Ungarn“ mit Balaton und Sliwowitz. Gerade so, als würde Regierungschef Victor Orban nicht seit sieben Jahren die EU und die Kanzlerin beschimpfen, sich nur noch an die Habenseite der Europäischen Union halten, den Bündnis-Verpflichtungen aber nicht nachkommen. Wie verträgt sich die Touri-Show Ungarns mit den europa- und demokratiefeindlichen Tönen, die Orban anschlägt, der im kommenden Jahr wiedergewählt werden will? Der ungarischen Standbesatzung gefriert das Lächeln: „Würden Sie die Frage bitte schriftlich einreichen?“
„Natürlich“, sagt Klatt, „kommen anti-europäische Töne aus Ungarn.“ Aber das sei nur Thema einer kleinen, derzeit leider regierenden Clique. Die Mehrzahl der Ungarn sei Europa gegenüber aufgeschlossen, warmherzig, freundlich. Deshalb sei es gut, die Ungarn nicht auszuschließen, denn das würde jene Wohlmeinenden treffen.
Ode oder Sterbemarsch? Gesang für Europa im Plenarsaal des Rathauses
Im Plenarsaal des Rathauses gab es einen lebhaften Bürgerdialog mit den Europaabgeordneten Petra Kammerevert (SPD), Herbert Reul (CDU), Alexander Graf Lambsdorff (FDP) und Terry Reintke (Grüne). Damit sich alle ein authentisches Bild von Europamachen können, wollen Lambsdorff und Reul alle Europäer im Alter von 18, 19 Jahren vier Wochen lang mit einem geschenkten Interrail-Ticket auf Tour schicken. Petra Kammerevert lehnt die Idee als zu teuer ab. „Wenn wir Geld übrig haben, dann sollten wir das in das chronisch unterfinanzierte Programm Erasmus plus stecken.“
Europäisches Pflaster in Düsseldorf
Derweil säen die Nationalisten in Deutschland, in Frankreich, den Niederlanden, Polen, Ungarn, Skandinavien unermüdlich ihren Hass auf die EU. Frankreichs Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen spitzt in ihren Reden so zu: „Wählen sie mich oder Sie werden weiterhin von Madame Merkel regiert.“ Solche Sätze tragen den Krieg zurück nach Europa. Denn wenn in einem der so formidablen Nationalstaaten etwas schief geht, bleibt beinahe nur, über die Nachbarn herzufallen.
Kritik ja, aber…
Daran erinnert Oberbürgermeister Thomas Geisel in seinen Grußworten am Europatag. Man könne, man müsse sogar europäische Projekte und Institutionen kritisieren. Nur solle man dabei nie vergessen, dass es die EU ist, die Europa im sieben Jahrzehnt den Frieden erhält. Ein Gedanke zum Ausschneiden und an die Wand hängen – gleich im nächsten Moment dadurch entwertet, dass sich Geisel zum Fußball-„Schicksalsspiel“ der Fortuna verabschiedet. Da hat Europa nicht oberste Priorität. Das Spiel endete wie die Lage der geschundenen Gemeinschaft – unentschieden.