Düsseldorf radelt spontan in Verbandsstärke: Critical Mass
Spontan und unorganisiert zusammen zu sein – und trotzdem pünktlich losrollen? Das geht. Die Radler starten geradezu mustergültig am Fürstenplatz. Um Viertel nach sieben. 60 sind es am Karfreitag – ein Drittel mehr als im März. Wie auf einem Schnittmusterbogen kreuzen sie durch Düsseldorf. Critical Mass ist eine Radler-Bewegung, die Mitmacher gewinnt, ohne darum zu buhlen. Treffpunkt: Jeden zweiten Freitag im Monat, 19 Uhr, am Fürstenplatz in der Friedrichstadt.
Es beginnt mit einem Kennenlernen am Fürstenplatz…
Neulinge sind in den Minuten vor dem Start auf dem Fürstenplatz leicht zu erkennen. Sie suchen „die Verantwortlichen“. Wollen sich „anmelden“. Fragen nach Regeln. So lange, bis jemand sie zur Seite nimmt und freundlich aufklärt: „Hier ist niemand verantwortlich oder wir alle sind‘s. Such‘ Dir was aus!“ Anmelden muss man sich nicht. Regeln, nun gut, die gibt es.
Es gibt einige Regeln
Wer Lust hat, fährt vor und bestimmt die Richtung. Ein paar erfahrene Mitradler sichern zu den Seiten und nach hinten. Denn die Gruppe, die sich spontan gebildet hat, fällt unter den Verbands- Paragraphen 27 der Straßenverkehrszulassungsordnung. Verkürzt: Mehr als 15 Radfahrende dürfen einen Verband bilden. Dürfen zu zweit nebeneinander fahren und so viel Platz auf der Straße belegen wie nötig. Im Zweifel müssen sich Autofahrer hinter dem radelnden Verband einordnen und auf eine Überholmöglichkeit warten. Sofern der erste an einer Kreuzung bei Grün über die Ampel gefahren ist, darf auch der letzte im Verband durchziehen und muss nicht abreißen lassen. Auch wenn ihm die Ampel schon längst Rot zeigen sollte. Die Autofahrer müssen warten, bis der letzte aus dem Verband vorüber ist. Wichtig: Der Verband darf nicht abreißen, darf keine Lücken einreißen lassen.
Dieses Lastenfahrrad kann man mieten und es hat einen Namen: die schöne Ulla
Diese Verkehrsregeln kennen nur wenige Autofahrer. Deshalb sollten Teilnehmer der Critical Mass ein gerüttelt Maß an Aufmerksamkeit besitzen. Andererseits macht es einen großen Spaß, plötzlich eine Fahrspur ganz für sich zu haben. Und dort sorglos seiner Wege zu fahren. Die Polizei begleitete den Fahrrad Flash Mob im vergangenen Jahr manchmal mit einem VW Bus. Ein anderes Mal kamen zahlreiche Streifenwagen und Beamte versuchten, einen Organisationsverantwortlichen ausfindig zu machen. Es gelang ihnen nicht.
Critical Mass in 40 Städten
In Hamburg, Köln, Berlin und 40 weiteren deutschen Städten gibt es ähnliche Critical Mass Termine. Manchen der Beteiligten geht es darum, auf diese Weise zu zeigen, wieviel Platz Radfahrern eigentlich zusteht. Schließlich trägt das Fahrrad 20 Prozent aller innerstädtischen Bewegungen, soll sich aber mit gerade mal 3 Prozent des Straßenraums zufrieden geben. „In Düsseldorf ist es für Fahrradfahrer besser geworden“, urteilt ein Teilnehmer, der sich als Mitglied im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club, ADFC, outet.
Gäste aus dem Umland
Das bedeute aber nicht, dass schon alles optimal sei. Die da teilweise aus Dormagen und Langenfeld angeradelt kommen, vermissen die Fahrrad-Highways, die die Politik schon seit langem versprochen hat. Und der Kampf gegen alle anderen Verkehrsteilnehmer – der will erst noch gewonnen werden. Die Critical Mass hilft den Radfahrern in Düsseldorf – auf dem Weg dorthin.
Der nächste spontane, ungeplante Termin: Freitag, 12. Mai 2017, 19 Uhr, Helmholtzstraße/Ecke Fürstenplatz.