RRX-Lärm in Düsseldorf Angermund: Ein Oberbürgermeister muss eingehaust werden
Ein Oberbürgermeister der schlauer ist, als sein ganzer Rat, die Ratsfrau, die trotz Geburtstag keine Blumen bekommt und ein Termin, der eigentlich einen Tag hinterher hinkt – ein kurzes Resümee der Ratssitzung in Düsseldorf am Freitag (10.3.).
Standardtermin für den Düsseldorfer Rat ist der Donnerstag, nicht aber in dieser Woche. Denn weil das Stadtoberhaupt in Berlin die Internationale Tourismus Börse besuchte, traten alle Ratsmitglieder eine Tag später zur Sitzung an. Nicht schön für die FDP-Fraktionsvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann, denn bereits im vergangenen Jahr hatte die ihren Geburtstag am 10. März im Kreise ihrer Ratskollegen verbringen müssen, dafür aber immerhin einen Blumenstrauß erhalten. Auf den wurde diesmal verzichtet, mit Hinweis auf die knappe Haushaltskasse und auch die Themen ließen keine rechte Feierstimmung aufkommen.
Ratssitzung am Tag danach
Von Beginn an war es eine sehr unruhige Ratssitzung und Thomas Geisel musste immer wieder um Ruhe bitten. Noch vor der Tagesordnung bedankte er sich bei den Einsatzkräften und geduldigen Anwohnern für die erfolgreiche Bombenentschärfung in Rath am Donnerstag. Den Opfern des Amoklaufs am Hauptbahnhof wünschte er baldige Genesung und betonte, dass auch die Augenzeugen jederzeit psychologische Hilfe in Anspruch nehmen könnten. Unter der Überschrift „unverletzt verletzt“ hatte die Stadt dazu extra die Kontaktdaten des psychosozialen Notfalldienstes veröffentlicht, der jederzeit für die Betroffenen ansprechbar ist.
Kleine Kommission RRX
Bereits mit dem Bericht aus der kleinen Kommission RRX durch Oberbürgermeister Geisel deutete sich an, dass der Tagesordnungspunkt 29 „Lärmschutz beim RRX, Einhausung in Angermund“ einige Diskussion hervorbringen würde. Obwohl die Lärmproblematik in Angermund kein Thema in der Kleinen Kommission RRX war, da sie nur hinter verschlossenen Türen und mit absoluter Verschwiegenheit beim Runden Tisch Angermund besprochen wurde, äußerte Geisel seine Bedenken gegen die von der Bürgerinitiative favorisierte Lösung.
Alle Fraktionen für weitere Planung
Damit griff er dem Thema vor, denn sowohl CDU, als auch die Ampel hatten Anträge auf der Tagesordnung, in denen die weitere Ausplanung der Einhausungslösung gefordert wurde.
Die Ratsmitglieder arbeiteten sich halbwegs zügig durch die übrigen Punkte, bis dann kurz vor 19 Uhr der Schlagabtausch zum weiteren Vorgehen RRX in Angermund begann. Wobei eigentlich Einigkeit herrschte, denn schon im Vorfeld hatten sich die Parteien verständigt, dass die Einhausungsvariante – deren technische Machbarkeit sich beim Runden Tisch erwiesen hatte – nun der näheren Planung bedarf, um konkrete Daten für eine Entscheidung zu erlangen. Die Kosten der Einhausung und der Planungsvariante mit Lärmschutzwänden der DB Netz sollten von unabhängiger Stelle überprüft werden. Die Unterschiede im Lärmschutz und der Platzbedarf für die beide Lösungen ermittelt und die städtebaulichen Auswirkungen analysiert werden.
Die Menschen in Angermund haben sich in einer Bürgerinitiative organisiert
Planung der Einhausung
Andreas Auler und Olaf Lehne von der CDU forderten ein geschlossenes Vorgehen des Düsseldorfer Rats und der Verwaltung, um bei der Bahn die bestmöglichen Ergebnisse für die Bürger zu erreichen. In der Vergangenheit hatte sich immer wieder gezeigt, dass die Wünsche der Bürger keinerlei Priorität bei der Bahn genießen und abgeschmettert werden, wenn man sie nicht massiv vertritt. Sie forderten ein klares Signal gegenüber den Bahn-Planern, denn diese hatten mehrfach klar geäußert keinen Sinn in weiteren Planungen zu sehen.
Augen auf bei der Bahn
Norbert Czwerwinski von den Grünen kennt Beispiele, bei denen die Bahn Ideen vom Tisch gewischt hat, nur weil sie nicht in ihr Konzept passten und betonte, das dürfe man sich in Düsseldorf nicht gefallen lassen.
Fakten für Entscheidung
Auch Manfred Neuenhaus, FDP, forderte größt möglichen Lärmschutz für die Bürger. Dabei sei es vollkommen egal was der eine oder der andere denken oder glauben würde. Es bräuchte klare Fakten und diese sollten nach dem Beschluss des Rates nun zügig ermittelt werden.
Im Sinne der Bürger
Im Gegensatz dazu teilte die SPD-Fraktion die Bedenken des Oberbürgermeisters und Philipp Tacer hielt ein Plädoyer auf die Bahn, die ja von der Bundesregierung zu Sparsamkeit verpflichtet worden sei. In seine Glaskugel hatte Martin Volkenrath geschaut. Denn er rechnete den Ratsmitgliedern vor, dass die Einhausung statt der von der Bürgerinitiative grob kalkulierten 218 Millionen Euro, mindestens 150 Millionen Euro teuer würde. Damit wäre diese Variante 300 Millionen Euro teurer als die von der Bahn favorisierten Lärmschutzwände. Wenn man dann noch dieses Geld auf die 6000 Angermunder umrechnen würde, wären im Vergleich die 30.000 Anwohner der Bahnstrecke Rath-Eller mit einer Lärmschutzwand für nur 42 Millionen Euro zufrieden. Rechenspiele, die so manchem im Saal die Haare zu Berge stehen ließen.
In Gesprächen mit der Bahn scheint Geisel eher die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes wichtig. Hier 2015: Thomas Geisel, Ronald Pofalla und Andreas Rimkus, Foto: Stadt Düsseldorf, Michael Gstettenbauer
Einstimmig bei einer Enthaltung
Doch bei all den vielen Worten kam es dann doch zur Abstimmung: CDU, SPD, FDP, Grüne, Linke, AfD, Tierschutz/Freie Wähler, Republikaner und Pirat stimmten für den Antrag der weiteren Untersuchung der Einhausungsvariante. Ein Erfolg? Vielleicht, wenn da nicht die eine Stimme „Enthaltung“ gewesen wäre. Die gehörte Thomas Geisel und während sich die meisten über die Einigkeit im Ergebnis freuten, war sein deutliches Murmeln zu hören. Er bräuchte keine weiteren Planungen, für ihn stünde das Ergebnis sowieso schon fest. Der Lärmschutz würde sich für die Angermunder auch mit Lärmschutzwänden verbessern, die Einhausung würde Angermund für Jahre zur Baustelle machen, sie würde deutlich mehr Platz brauchen und die Kosten stünden in keinem Verhältnis.
Kommentar: Ein Bürgermeister und seine Meinung
Wenn Thomas Geisel nur halb so viel Engagement in das Vorantreiben weiterer Planungen zur Lärmreduzierung stecken würde, wie in die Ausrichtung der Tour de France, könnten bald viele Düsseldorfer deutlich ruhiger schlafen. Lärm ist für Thomas Geisel scheinbar kein Problem, wie er bei fast jedem OB Dialog betont. Da er an der Norstraße wohne und schließlich dort trotz Verkehrslärm ausgezeichnete Wohnqualität hätte.
Düsseldorf sei kein Kurort und das müsse man eben akzeptieren. Dies ist seine Meinung. Gut. Aber kann man nicht trotzdem von einem Bürgermeister erwarten, dass er die Probleme seiner Bürger ernst nimmt? Wenn eine Lösung durch besseren Lärmschutz bei der Bahn durchsetzbar ist, wäre es nicht seine Pflicht dies offensiv und deutlich zu versuchen?
Als Reichsbedenkenträger all diejenigen zu belächeln, die weitere Fakten für eine Entscheidung brauchen, nur weil er sowieso schon weiß wie das ausgeht? Das kann man so machen, aber man sollte nicht gleichzeitig meinen, damit der Politikverdrossenheit der Bürger entgegenzuwirken.