Düsseldorf: Vorwurf der Zwangsprostitution und des Menschenhandels – Kampfsportler soll vier Frauen gequält haben
Sie mussten ihren Bekanntenkreis verstoßen, den Facebook-Account löschen, durften niemanden mehr treffen. Vier Frauen zwischen 20 und Mitte 20. Für das Versprechen auf eine gemeinsame Zukunft gaben sie ihr komplettes bisheriges Leben auf und arbeiteten in Pariser Wohnungen sowie Sexclubs in Süddeutschland und der Schweiz als Prostituierte. Jetzt hat die Polizei einen 35-jährigen Mann mit türkischen Wurzeln aus Düsseldorf Heerdt und eine 25-jährige Kölnerin mit serbischem Hintergrund festgenommen. Der Vorwurf: Zwangsprostitution und Menschenhandel.
Die durchgeladene Neun-Millimeter-Pistole lag fern im Handschuhfach des 130.000 Euro teuren AMG Mercedes, als das SEK am 11. November in Hameln den Beschuldigten festnahm. „Er reagierte ganz cool und sagte, er werde das ganze seinem Anwalt übergeben“, sagte der Leiter Sonderkommission Lido, die elf Monate lang in dem Fall ermittelt hatte. Zeitgleich wurde die verdächtigte Kölnerin in Bergisch-Gladbach festgenommen und abgeführt. Beide schweigen laut Polizei zu den Vorwürfen.
Die zurückliegenden zwölf Tage hat die Polizei genutzt, um den Frauen deutlich zu machen, was geschehen ist. Sie wussten nichts voneinander; dachten, sie seien die große Liebe des 35-jährigen Hauptverdächtigen. Dabei habe der ein Verhältnis mit der 25-jährigen Kölnerin gehabt, die die Frauen in Paris als Prostituierte anlernte und dort beaufsichtigte.
Bis zu 30.000 Euro im Monat abgeliefert
„Er hat den Frauen jeweils klar gemacht, dass er eine gemeinsame Zukunft mit ihnen aufbauen wolle. Doch das funktioniere nur, wenn die Frauen anschaffen gingen, um das Geld dafür zu verdienen“, so ein Ermittler. Anderthalb Jahre lang hielt die Lügengeschichte. Brav lieferten die Frauen ihre Monatseinkünfte von bis zu 30.000 Euro ab. Dass sie ab und an geschlagen wurden, trugen sie ihrem Liebhaber offenbar lange Zeit nicht nach. Auch dass er als Marketingmann oft auf Dienstreisen war, hinterfragten sie anscheinend nicht.
Die Soko "Lido" ermittelte über Monate
Zum Jahreswechsel 2015/16 aber offenbarte sich eine der Frauen der Polizei. Die Sonderkommission Lido begann zu ermitteln. Stück für Stück deckten die Beamten den Prostitutionsschwindel auf. Offenbar bekam auch der Täter Wind von den Ermittlungen. Für zwei Monate schickte er seine damalige Prostituierte nach Brasilien, um sie außerhalb des Blickfelds der Ermittler zu parken, vermuten die Beamten.
Dem als Haupttäter verdächtigten 35-Jährigen sei es bis zuletzt gelungen, auch sein normales Lebensumfeld im Unklaren über seine Prostitutionsgeschäfte zu lassen. Für seine Bekannten war er ein erfolgreicher Mixed Martial Arts, MMA-Kämpfer und –Vermittler aus Heerdt. Das große Auto und die vielen Luxusreisen passten zu dem ebenso schillernden wie brutalen Kampfsport, in dem bis hin zu Tritten unterhalb der Gürtellinie nahezu alles erlaubt ist.
Frauen werden psychologisch betreut
Nach der Einschätzung der Beamten ist es drei Frauen gelungen, sich von ihrem falschen Liebhaber abzunabeln. „Eine 20-Jährige muss erst noch begreifen, was ihr da widerfahren ist“, sagte ein Beamter. Alle würden durch Psychologen und Mediziner betreut. Auf der materiellen Seite hat die Polizei 110.000 Euro Bargeld, das Luxusauto und eine in Bau befindliche Eigentumswohnung des mutmaßlichen Täters gepfändet. Sie sichert die Vermögenswerte, damit die malträtierten Frauen in späteren Zivilverfahren Schadenersatzforderungen gegen ihren Peiniger geltend machen können. Er und seine mutmaßliche Komplizin müssen mit bis zu 15 Jahren Haft rechnen, sagte der ermittelnde Staatsanwalt.