Düsseldorf holt Dr. House in den Hörsaal – wie eine Krücke Spaß ins Medizinstudium bringt
Zwei Professoren haben sichtlich Spaß – und das überträgt sich auf die rund 300 Studenten in dem viel zu kleinen Hörsaal der Alten Chirurgie. Einige müssen stehen, viele hocken auf den Treppenstufen. So haben sie ihr Medizinstudium noch nie erlebt. Professor Markus Gaubitz aus Münster gibt das Genie und Ekel am Krückstock: die Fernsehserien-Figur Dr. House. Und er genießt jede Sekunde. Assistenzärzte und Kranke schauspielern – aber die beiden Fälle sind echt, die Diagnosen extrem knifflig. „Dr. House im Hörsaal“ war am Dienstagabend (25.10.) eine Premiere in den Unikliniken.
Fliegender Wechsel zwischen Schauspiel und Vorlesung
Der fliegende Wechsel zwischen Vorlesung und Schauspiel, die Charaktere wie aus der US-TV-Serie: Das sind die Erfolgszutaten an diesem Abend. Viele der Studenten sind Fans des Zynikers Dr. House im Fernsehen. Es ist für sie ein Lernprogramm am Abend.
Und das soll nun in einem Düsseldorfer Standard-Hörsaal funktionieren? Und ob! Professor Bernhard Manger aus Erlangen hat die Fälle mitgebracht: einen jungen Mann mit einem rechten Unterschenkel, der so schwarz geschminkt ist, als stünde die Amputation kurz bevor. Und: eine Frau, die gegen ihre eigentliche Symptome mit Cortison behandelt wird, plötzlich aber einen Krampf bekommt, wahnsinnige Kopfschmerzen hat und die dann binnen weniger Stunden das komplette Sehvermögen verliert.
Die unterarmlangen Gummihandschuhe, bitte
Erst das schwarze Bein. Erst das Schauspiel, das alle zum Lachen bringt. Doch dann kommt Bernhard Manger als Moderator hinzu und will von den Gästen eine Diagnose wissen. Laborergebnisse, CT, Ultraschall, Röntgenbilder – alles hat er aus der echten Krankenakte dabei. Natürlich anonymisiert. Aber das Lachen ist den 300 Zuschauern längst vergangen. Sie diskutieren, überlegen, manche raten. „Was ist mit den Vitamin C-Werten?“, ruft einer in den Raum, als die Ergebnisse der Laborwerte auf die Leinwand projiziert werden. Manger geht einfach darüber hinweg.
Der Patient leidet unter Skorbut
Dabei war das der Schlüssel zu dem schwarzen Bein und den wie zu Korkenziehern aufgedrehten Härchen am ganzen Körper des Patienten – er litt unter extremem Vitamin-C-Mangel. Die alte Seemannskrankheit: Skorbut. Da die Ascorbinsäure für einige lebenswichtige Körperprozesse notwendig ist, reichte am Ende eines langen Diagnosewegs eine Behandlung mit Brausetabletten. Und da selbst gestandene Professoren unter den Sparzwängen ihrer Kaufleute leiden, konnte sich Manger eine Bemerkung denn doch nicht verkneifen: „Unsere Controller hätten es sehr gern, wenn alle Therapien so preiswert wären.“ Einige Brausetabletten jeden Tag und der Patient war geheilt.
Kein Freund von Patienten: "Dr. House", alias Professor Markus Gaubitz, ist Genie in der Diagnose
Die zweite Patientin hat eigentlich eine seltene Infektion. Doch dann kommt aufgrund des hohen Blutdrucks eine Komplikation im Hirn hinzu. Sie krampft, hat fürchterliche Kopfschmerzen und verliert zeitweise ihr Sehvermögen. Erneut werden die 300 Studentinnen und Studenten im Hörsaal an Diagnose und Therapie beteiligt. Wieder anhand echter Daten. Und dieses Mal müssen sie Schritt für Schritt ausschließen, was nicht die Ursache ist – um am Ende einen Behandlungsweg zu finden.
Intensiv-Studium Dr. House – Party mit House-Musik
Dann gibt es großen Beifall. Für Professor Bernhard Manger aus Erlangen, der die Fälle ausgesucht hat. Für Professor Markus Gaubitz aus Münster, der in den vergangenen zwei Wochen elf Folgen von Dr. House gesehen hat und mittlerweile im Schauspiel genauso zynisch sein kann, wie sein Serienvorbild. Und für das Schauspielpatientenprogramm CoMed, dessen Mitglieder beinahe echte Patienten und Assistenzärzte waren.
Im Abschluss legte der Düsseldorfer Prof. Ben Ostendorf im Keller der Fachschaft Musik auf – für die Party im Anschluss an den Premierenabend. „In der Rheumatologie müssen wir etwas tun, um Studenten für unser Fachgebiet zu begeistern“, gibt Professor Gaubitz zu. An diesem Abend ist der Werbeblock zulasten nur scheinbar omnipotenter Chirurgen überaus gelungen.