KOMMENTAR: Düsseldorfer Schauspielhaus: Welch‘ ein Theater!
Es dauerte nicht einmal fünf Tage, um die Diskussion über das Schauspielhaus in den Düsseldorfer Morast zu fahren. Besonderes Kennzeichen: Was da drin steckt, bewegt sich erst einmal gar nicht mehr. In diesem Fall wäre schade drum. Und – nur um es vorweg zu sagen: Den Oberbürgermeister trifft keine Schuld daran. Im Gegenteil: Er hat alles richtig gemacht.
Nicht auf die Fassade kommt es an, sondern auf die Schätze im Inneren. Jeanne Morau
Die Fakten: Während die junge Theatersaison Erfolge feiert und einen Zuschauerzuwachs meldet, knirscht es im Theaterbau. Der Kern des Schauspielhauses, die Technik und die Innereien werden von Grund auf saniert werden. Schon haben sich die Kosten dafür auf 20 Millionen Euro verdoppelt. Da, plötzlich, fiel sogenannten Experten noch etwas auf. Dach und Fassade brauchen ebenfalls dringend eine Generalüberholung. Das würde mindestens noch einmal 20 Millionen kosten, vielleicht auch 30 Millionen, vielleicht, vielleicht… Manche sprechen von 70 Millionen Euro Gesamtkosten.
Der Architekt des Gebäudes rechts, Christoph Ingenhoven, hat dem Schauspielhaus auf die Fassade geklopft, Foto: Ingenhoven Architects, Alexander Schmitz, Düsseldorf
An dieser Stelle dachte OB Thomas Geisel laut darüber nach, wie denn diese Gelder zu beschaffen wären. Ob es sinnvoll sei, soviel Geld in den 1965 bis 1969 nach Plänen des Architekten Bernhard Pfau entstandenen Bau zu investieren. Ja, auch von Abriss und Neubau der einzigartigen Theater-Skulptur mit kleinem und großem Haus war die Rede. Denn die Kernfrage lautet: Was ist uns das Schauspielhaus wert? Worauf wollen wir stattdessen verzichten? Thomas Geisel wäre ein schlechter Hausherr, wenn er eine öffentliche Diskussion hierüber scheuen würde. Deshalb hat er den Diskurs angestoßen.
Dass konservative Zeitungen und Politiker deshalb nun den Untergang des Abendlandes heraufbeschwören, ist extrem verlogen. Denn wie die in vorderster Reihe wehklagende Rheinische Post selbst so treffend schrieb, wurde bereits vor Jahren – also in der Zeit konservativer Stadtpolitik ein Gutachten im Rathaus darüber erstellt, wie lange man die Sanierung der Schauspielhaus-Hülle noch hinauszögern könne. Wie die Schulen und Bäder hat Schwarz-Gelb auch die Ikone des Sprechtheaters kaputt-gespart. Darüber nun die Tränen des Kulturkrokodils zu vergießen, zeugt von Chuszpe.
Hat das Schauspielhaus in der noch jungen Saison wieder populär gemacht: Der Intendant ohne eigenes Haus, Wilfried Schulz
Nötig wären stattdessen allerdings: Weitblick. Kraft. Unvoreingenommenheit. Mut. Auf der einen Seite muss sich Düsseldorf Kunst und Kultur leisten. Nicht Mainstream und Quote sollen regieren, sondern das bisher unerhörte, bislang ungesehene; der Denkanstoß, auf dem herumdenken – aber auch Anstoß nehmen lässt. Auf der anderen Seite sind Kulturschaffende aufgerufen, achtsamer als bisher mit ihren Etats zu wirtschaften. Diese werden aus dem Steuersäckel aufgefüllt, von hart arbeitenden Menschen. Und die haben gar kein Verständnis für Entscheider, die mit lockerer Hand und ohne vorherige Diskussionen die Milliönchen verpulvern.