Das Düsseldorfer Bahnhofsviertel mal ganz anders: ein Quartiersspaziergang
Der Hauptbahnhof liegt mitten in Düsseldorf und jeden Tag ist er Drehscheibe für unzählige Menschen. Mitten im Bahnhof sind die Räume der Bahnhofsmission und deren Leiterin Barbara Kempnich sieht ihre Aufgabe durchaus auch vor der Tür. Mit dem Quartiersprojekt versucht sie, Menschen im Umfeld des Bahnhofs zu vernetzen – durch Gespräche, durch gemeinsame Spaziergänge und Begegnungen.
Viele kennen die Straßenzüge rund um den Hauptbahnhof, aber mit Barbara Kempnich schauen sie mal genauer hin
Bei einem solchen Quartiersspaziergang lauschen am Mittwoch (27.7.) über ein Dutzend Teilnehmer den Ausführungen von Barbara Kempnich. Die ersten erstaunten Gesichter gibt es bereits auf dem Bahnhofsvorplatz. Denn dass dieser Videoüberwacht ist und die Mitarbeiter der „3-S-Zentrale“ alles mitbekommen, bemerkt man erst auf den zweiten Blick. Die drei „S“ stehen für Sicherheit, Sauberkeit und Service und die Zentrale ist auch für die Bahnhofsmission Ansprechpartner für alle Fälle. Die Zentrale schickt auch Sicherheitsmitarbeiter vorbei, wenn es die Situation erfordert oder sorgt für die Reinigung von Bereichen. Durch die Videoüberwachung soll die Kriminalität gesenkt werden.
Auf dem Weg vom Bahnhof über die Graf-Adolf-Straße und Mintropstraße zur Aderstraße erfahren die Teilnehmer nebenbei von der Trinkhalle im ehemaligen Nussladen, deren Betreiber ein offenes Ohr für Obdachlose haben, dem Intercity-Hotel, dem Quartierspartner der Bahnhofsmission, und dem Kling-Klang Tonstudio, in dem Kraftwerk seine ersten Lieder aufgenommen hat. Danach betritt die Gruppe kurz den orientalisch gestalteten Salon des Hamam Sahara Wellness und staunt, was hinter der schlichten Fassade geboten wird.
Der Hamam in der Mintropstraße hat getrennte Angebote für Manner und Frauen
Ein Erstaunen, dass bei diesem Spaziergang noch öfter auftritt. Denn für viele sind die Straßen und Häuser eher Bereiche, die bisher schnell durchquert wurden, da das Bahnhofsviertel eher ein mulmiges Gefühl bereitete. Nun bekommen die Häuser auch Inhalte und Geschichten, was sie in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.
Auch die dunkle Bahnunterführung zur Ellerstraße offenbart bei näherem Hinsehen viele Kunstwerke an den Wänden, die bei der Durchfahrt kaum zu erkennen sind.
Bei den Stopps liest Barbara Kempnich auch immer wieder Gedichte vor
Eine Rast legt die Gruppe in einem marokkanischen Café ein und wird dabei von den meist männlichen Gästen neugierig angeschaut. Nach einem Minztee geht es weiter Richtung Oberbilker Markt und auch die Eisenstraße zeigt Häuser und Geschäfte, die selbst den Quartiersbewohner vorher nicht aufgefallen waren. Untereinander werden Tipps für das beste Fischgeschäft und die beste Bäckerei ausgetauscht. Auf dem gesamten Spaziergang liest Barbara Kempnich immer wieder kurze Gedichte vor. Von Goethe über Brecht, Puschkin und Ringelnatzt hat sie Werke ausgewählt, die an bestimmten Haltepunkten einen besonderen Impuls geben.
Der Rundgang endet im Stadtteilgarten von Düsselgrün, wo gerade die Hochbeete gegossen werden. Überrascht von der Vielfalt der angebauten Gemüse- und Obstsorten bestaunen die Besucher die Anlage und schauen auch beim Bienenstock vorbei. Auch an diesem Abend zeigen die Stadtkaninchen keine Scheu und hoppeln zwischen den Beeten.
Der Stadtteilgarten von Düsselgrün
Ein Quartiersspaziergang an einem Sommerabend geht zu Ende und die Teilnehmer nehmen viele neue Eindrücke mit. Sie werden von der Aktion in ihrem Umfeld weiter erzählen und vielleicht auch zu einem der Erzählcafés wiederkommen. Denn die Bahnhofsmission sieht in den Aktionen keine einmalige Veranstaltung. Sie möchte Netzwerken und die Menschen zusammenbringen. Das ist an diesem Abend gut gelungen und wird an jedem letzten Mittwochabend eines Monats eine Wiederholung finden.
Informationen über die Quartiersveranstaltungen finden sie auf der Facebookseite hier.