Düsseldorf: Dokumentarfilm „Wer ist Oda Jaune?“
Ein Bildband machte die angehende Regisseurin Kamilla Pfeffer auf die Malerin Oda Jaune aufmerksam. „Diese Frau musste ich einfach kennen lernen“, verrät die zierliche Dokumentarfilmerin im Gespräch nach der Aufführung ihres Portraits der Künstlerin und Immendorff-Schülerin im Cinema. „Wer ist Oda Jaune?“ hat sie es betitelt und damit das auf den Punkt gebracht, was ihr bei der ersten Begegnung mit Jaunes Werk in eben jenem Bildband durch den Kopf ging.
„Oda hat den Film mehrfach gesehen“, verrät Kamilla Pfeffer dem Publikum im Cinema nach der Aufführung ihrer ersten langen Dokumentation „Wer ist Oda Jaune?“ und gibt offen zu, dass sie schon „ein wenig nervös war“, was die eher zurückgezogene Malerin wohl zu ihrem Portrait sagen würde. „Ihr hat es gefallen und sie hat an einigen Stellen voller Selbstironie gelacht“, zieht Pfeffer erleichtert Bilanz. Denn die Realisierung des Projekts verlangte der Jungfilmerin eine gehörige Portion Geduld und Fingerspitzengefühl ab.
Oda Jaunes Atelier
Geduld und Fingerspitzengefühl
Das Dilemma zeigt sich gleich in den ersten Szenen des Films. Eine leere Leinwand, die Malerin dreht dem Zuschauer den Rücken zu und der hofft nun einen Einblick in den Prozess der Entstehung eines ihrer ausdruckstarken und in ihrer Motivwahl nicht selten verstörenden Bilder zu bekommen. Oda Jaune hantiert im dicken Strickpulli mit einem Pinsel herum und fühlt sich vom Filmteam gestört. „Wir waren noch keine Stunde da und schon warf sie uns aus dem Atelier“, erinnert sich Kamilla Pfeffer. Gemeinsam mit einer Kamerafrau und kleinstem Equipment hatte sie sich in Odas Wahlheimat Paris, ganz in der Nähe des Ateliers in einem kleinen Hotel eingemietet. Über Monate hatte sie gehofft und gebangt, ob die Witwe Jörg Immendorffs, ihr erlauben würde, sie bei der Arbeit zu filmen und dann das. Mit einer beinah kindlichen Stimme stellt die Künstlerin umso bestimmter klar, dass sie so nicht arbeiten kann und fragt die Filmemacherin, wie sie denn einen Prozess, der sich nur in ihrem Kopf abspiele, auf die Kinoleinwand bringen wolle?
Dialog als Kunstgriff
Was also tun? Das Projekt abhaken? Kamilla Pfeffer überlegte sich eher aus der Not heraus, als wirklich geplant, Oda ein Frage-Antwort-Spiel vorzuschlagen. Zu ihrer Überraschung sagt die 36-jährige zu und lässt sich auf die teils unkonventionellen Fragen der Regisseurin ein, die Jaune dafür vor einem einfarbigen Hintergrund in einer Portraiteinstellung inszeniert. Die Idee erweist sich im Nachhinein als glücklicher Kunstgriff für ihren Film, um den Kontrast zwischen der fast schon zarten, sehr weichen Erscheinung Oda Jaunes und ihren extremen Bildern deutlich zu machen. Diese Bilder zeigen teils verwachsene, verstümmelte Menschen, ohne Gesicht oder Gliedmaßen, andererseits malt Jaune Traumsequenzen mit Phantasiegestalten. Doch obwohl Oda Jaune scheinbar offen die Fragen Kamilla Pfeffers beantwortet, bleibt sie für den Zuschauer ein Mysterium.
Oda Jaune bei der Arbeit
Immendorff als Randnotiz
„Wenn ich wüsste, was am Ende herauskommen wird, würde ich es nicht malen, es würde mich enttäuschen und ich würde die Hoffnung verlieren“, stellt die gebürtige Bulgarin fest. Zufrieden? Nein, das sei sie nicht immer, aber sie stehe zu ihren Werken, so wie sie dann eben sind. Ist sie einsam, so zurückgezogen wie sie lebt? „Einsam?“ fragt sie mit fast scheuem Augenaufschlag zurück. „Nein, ich würde es eher alleinsam nennen“.
Ihr verstorbener Mann und Mentor Jörg Immendorff ist eher eine Randnotiz. Er habe ihr den Namen Oda Jaune gegeben sagt sie, während sie in einem von Immendorff erstellten Pass blättert. Warum sie nun in Paris lebt? Sie habe es nach seinem Tod (2007) in Düsseldorf einfach nicht mehr ausgehalten. Da war ja auch noch das gemeinsame Kind. Mehr erfährt der Zuschauer nicht über die Privatperson Oda Jaune. Aber das sei ja auch nicht ihr Ziel gewesen, stellt die Regisseurin im Gespräch mit dem Publikum klar. Es sei ihr allein um die Künstlerin gegangen. Szenen, die Oda außerhalb ihres Ateliers oder der Interview-Sequenz zeigen, habe sie weggelassen. Die seien dann doch „zu privat“ gewesen.
Lieber lässt Kamilla Pfeffer Kollegen wie Jonathan Meese, ihren Galeristen Daniel Tempton oder Bewunderer wie Schauspieler Lars Eidinger und Regisseur Thomas Ostermeier Oda und ihr Werk einordnen.
Die Dokumentation kam beim Publikum im Cinema durchweg gut an. Es gab Lob und Zuspruch für die junge Filmemacherin, die sich allen Widerständen zum Trotz nicht von ihrem Vorhaben, ein wenig mehr über die Frau zu erfahren, die sich hinter den ausdrucksstarken Malereien verbirgt, nicht abbringen ließ.
„Wer ist Oda Jaune?“ zeigt das Cinema in der Schneider-Wibbel-Gasse, Informationen hier
Fotos: Magdalena Hutter