Düsseldorf konsumiert Frankreich: Stille Tage im Klischee
Boris Neisser liebt Frankreich. Wenn er von seinen Erkundungstouren erzählt, möchte man am liebsten gleich die Reisetasche packen und in einen 2CV springen, in eine „Ente“. Neisser ist ein Begeisterer. 16 Jahre lang haben der Chef der Destination Düsseldorf und sein Team das Frankreichfest (8. bis 10. Juli 2016) gepäppelt. Ihre Tragik: Es geht um Essen, um Tourismus – darum, uns den Käse der Nachbarn zu verkaufen. Die gemeinsamen Probleme werden bei einem süffigen Roten komplett ausgeblendet. Stille Tage im Klischee.
Bleu, Blanc, Rouge
„Ein Fest für alle Sinne in Bleu, Blanc, Rouge“ ist die Sause überschrieben, die für das Wochenende vom 8. bis 10. Juli geplant ist. Was sich seit den Zeiten des Düsseldorfers in Paris, Heinrich Heine, auch immer über das Nachbarland in Erfahrung bringen ließ, wird auf dem Frankreichfest verkauft. Die Auster, der Chanson, die Boule-Kugel, der neuste Peugeot. Wer in den drei Tagen wie Gott in Frankreich leben will, braucht kaum mehr als ein gut gefülltes Portemonnaie.
Es kostet
Schon der Eintritt in den Innenhof des Rathauses kostet – sechs Euro pro Person und Tag für die Gunst fürs Essen und Trinken weiteres bezahlen zu dürfen. Jeden Tag tritt auf der dortigen Bühne eine Band aus Frankreich auf: am Freitag (8. Juli, 20.30 Uhr) die Band Elephant mit poetischen Elektro-Pop. Percussion und Akkordeon am Samstag, 9. Juli (20.30 Uhr) – bei Bombe 2 Bal aus Toulouse. Und zum Abschluss (10. Juli, 17 Uhr) die fünf bretonischen Musiker La Gapette mit einer ganz eigenen Mischung aus fröhlichen und manchmal nachdenklichen Liedern.
Zwischen zwei Brücken
Entre deux Meeres“ – Zwischen zwei Meeren heißt die Region südlich von Bordeaux – zwischen zwei Brücken – Knie- bis Oberkasseler Brücke – Entre deux ponter locken mehr als 100 Aussteller mit einem Angebot all dessen, was Frankreich zu bieten hat.
Den rund 100.000 Besuchern, die zum Frankreichfest erwartet werden, präsentieren sich fünf Regionen als Urlaubsziel: Elsass, Lothringen, Champagne-Ardennen und Burgund/Franche-Comté. Von hochwertigen Kosmetika bis hin zur Raumfahrt zeigt Frankreich, was es kann.
Die Göttin und das Schweinchen
Oldtimer fahren vor und Boule-Kugeln fliegen die Rheinpromenade entlang – beinahe könnte der Eindruck entstehen, das Mittelmeer sei gleich um die Ecke. Dass es ein solches Fest gibt, soll nicht klein geredet werden. Aber es fehlt Jugend, es fehlt der Austausch von Lösungen für gemeinsamen Problemen – seien es Flüchtlinge oder rechtsradikale Schreihälse. Solche wenig präsentablen, aber den Alltag hüben wie drüben derzeit bestimmenden Themen ignoriert das Frankreichfest. Es isst, trinkt, singt, tanzt – und verkürzt damit ein bewundernswertes Land und seine Gallier auf das allzu Banale.