Ein Ex-Staatsanwalt gerät unter Zug-Zwang
Der etwas ältere Herr, das gehört gleich anfangs erwähnt, war ein hoher Beamter der hiesigen Staatsanwaltschaft. Dort hat er Straftaten verfolgt, Kriminelle erlebt, Täuschungen erfahren, auch Lügen. Wem also soll er noch vertrauen?
Beispielsweise einer Institution, nämlich der Deutschen Bahn AG. Mit der ist er nach Berlin gefahren. Mit der wollte er auch zurück in die Nähe des Rheins. Die planmäßige Abfahrt, so steht es auch auf seinem Billett, war um 12.52 Uhr vom Gleis 4 des Berliner Hauptbahnhofs.
Überpünktlich (so können ehemalige Beamte nun mal sein), war er dort. Um urplötzlich doch ein bisschen sehr nervös zu werden (was eher nicht zu den Beamten-Eigenschaften zählt). Sein Blick war auf eine Abfahrtafel gefallen: Sein Zug, stand da, fahre bereits um 12.30 Uhr. Demnach: Früher! Über 20 Minuten früher! Wie das? Steht doch die Deutsche Bahn AG wegen ihrer ständigen Verspätungen in der Kritik.
Wer muss wen informieren?
Ja, ja, erklärte ihm eine Dame am Auskunftsschalter: Der Zug fahre – wegen Bauarbeiten auf der Strecke – früher. Und belehrte ihn von oben herab: Die Kundschaft sei verpflichtet, sich vor der Abfahrt des Zuges über die tatsächliche Abfahrzeit zu informieren. Nein! Stimmt nicht, beschwichtigt nachträglich ein Sprecher der Deutschen Bahn AG auf Anfrage.
Der verunsicherte Kunde jedenfalls, er hetzte zum Gleis 4. Um dort, beinahe schweißnass, zu lesen, der Zug habe 20 Minuten Verspätung. So gesehen – und nur so gesehen – ist es wieder hergestellt: Das Vertrauen in die Deutsche Bahn AG.
Foto: Dirk Neubauer