PFT-Giftfahne im Düsseldorfer Norden: das Schweigen der Schaumschläger
Über dem Düsseldorfer Flughafen schweben Schadenersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Diese Summe entspricht dem Zweieinhalbfachen des Flughafen-Gewinns aus dem Jahr 2014. Es geht um die stetig wachsende Verseuchung von Düsseldorf Lohausen und Düsseldorf Kaiserswerth mit hochgiftigen, mutmaßlich krebserzeugenden perflourierte Tensiden, PFT. Gegen die seit acht Jahren nichts getan wird.
Eine Übersicht der Stadt Düsseldorf aus dem Jahr 2012; Die schraffierten Flächen zeigen die PFT-verseuchten Gebiete. Die Punkte sind Messstellen – je röter sie werden, desto belasteter ist das Grundwasser. Karte: Stadt Düsseldorf
Seit 2007 ist bekannt: Der Löschschaum der Flughafen-Feuerwehr funktionierte nur deshalb, weil er das gesundheitsschädliche, nicht abbaubare PFT enthält. Bei Ernstfällen wie dem Triebwerksbrand eines landenden Fracht-Jumbo Jets im Jahr 2005 und zu Übungszwecken wurden Schaumteppiche mehr als großzügig von der Flughafenfeuerwehr verteilt.
8,5 Quadratkilometer betroffen
Die Schadstoffe aus dem Schaum sickerten ins Grundwasser und verseuchen mit wachsender Konzentration eine Fläche von 8,5 Quadratkilometern in Lohausen und Kaiserswerth. Pro Tag wandert die Giftfahne im Boden des Düsseldorfer Nordens um zwei Meter Richtung Rhein. Der Verzehr von Fisch aus umliegenden Teichen ist untersagt. Anliegende Bauern bekamen eine Entschädigung dafür, dass sie ihre Felder brach liegen lassen. Ein Grundstücksbesitzer klagt auf Schadenersatz (Streitwert: 4,5 Millionen Euro). Es gab Probebohrungen.
Die Kontrolleure Stadt und Land sind selbst Flughafen-Eigentümer
Eigentlich müssten die Stadt Düsseldorf und das Land NRW dem Flughafen Beine machen. Doch sie sind nicht nur Aufsicht, sondern auch Eigentümer des Flughafens. Eine verhängnisvolle Doppelrolle.
Die Stadtwerke Duisburg messen nach eigenen Angaben intensiv, was ihr Kaiserswerther Brunnen an Trinkwasser fördert. „Die PFT-Werte dort sind erhöht, können aber mit der normalen Technik zur Trinkwasseraufbereitung unter die Grenzwerte gedrückt werden“, sagte ein Unternehmenssprecher gegenüber report-D. Zudem werde das belastete Wasser aus Kaiserswerth ja mit dem der anderen Brunnen gemischt. Falls die Werte in Kaiserswerth aber weiter anstiegen, müsse der Brunnen still gelegt und in zusätzliche Aufbereitungstechnik investiert werden. Rechnungsanschrift für Regressforderungen: der Flughafen.
Schon früh wurden Millionen für das PFT-Risiko zurückgestellt
Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, WAZ, meldete Anfang Oktober: Die PFT-Verseuchung im Grundwasser habe den Rhein erreicht, aus dem stromabwärts viele anliegende Städte Trinkwasser gewinnen. Tapfer dementierte das Presseamt der Stadt Düsseldorf sofort, namentlich gekennzeichnet durch die Leiterin Kerstin Jäckel-Engstfeld und einen Mitarbeiter. Man berief sich auf Messungen des Landesamtes für Umwelt, LANUV im Rhein. Entwarnung!
Die nächste Rhein-Messstelle ist weit entfernt
Eine LANUV-Sprecherin erklärte auf Nachfrage von report-D: Die dauerhafte Messstelle für die Qualität des Rheinwassers befinde sich in Kleve, rund 115 Stromkilometer nördlich von Düsseldorf. Nur dort werden permanent die Rheinwerte gemessen. Aufgrund der aktuellen PFT-Diskussion in Düsseldorf habe das LANUV-Forschungsschiff Max Prüss eine Rheinwasser-Probe in Höhe von Lohausen genommen – am 1. Oktober. Ob seither der Rhein durch PFT verschmutzt wurde, weiß niemand.
Es will im Bermudadreieck aus Flughafen, Stadt und Land auch niemand wissen. Denn das eigentlich Empörende ist: Allen ist die Verseuchung des Grundwassers bewusst. Seit 2010 macht der Flughafen finanzielle Rückstellungen wegen des Risikos PFT. Mit sechs Millionen Euro Rückstellungen hat es nach Recherchen der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung begonnen. Peanuts!
Nürnberg ging die PFT-Verseuchung am dortigen Flughafen schneller an
Die Stadt Düsseldorf und der Flughafen müssen sich vorhalten lassen, viel zu langsam zu reagieren. Darauf hat Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) bereits vor über einem Jahr hingewiesen. Den Verantwortlichen von Flughafen und Stadt war‘s offenbar egal. Am Flughafen Nürnberg gab es ebenfalls PFT-Verseuchungen, auch dort war die Flughafenfeuerwehr der Verursacher. Das Gift im Nürnberger Boden wurde drei Jahre später entdeckt als das in Düsseldorf. Dort wird bereits mit einem Millionenaufwand saniert. In Düsseldorf nicht.
Mit Löschschaum wurde lange Zeit sorglos und großzügig umgegangen. Foto: Freiwillige Feuerwehr Altenbruch.