Düsseldorf: „Gender mainstream“ bei der Frauenunion lockt Radikale – hat aber auch starke Diskussionsmomente
Rechtsradikale haben in vielfältiger Weise die Diskussionsveranstaltung der Düsseldorfer CDU-Frauenunion mit der Autorin Birgit Kelle als willkommene Plattform für ihre muslim- und amerikafeindliche Propaganda genutzt. Während im Saal ein Polizist Schutz zu gewähren glaubte vor den linken oder homosexuellen Angreifern – die niemals vorhatten, zu kommen – gingen rechtsextreme Agitatoren auf dem Parkplatz vor dem Saal völlig ungestört ans Werk.
Sylvia Pantel berichtete von den Protesten vor der Veranstaltung in Düsseldorf
Ungebetene Besucher, die in einem Auto mit Kennzeichen Unna angereist waren, klemmten Broschüren ohne Impressum an jedes Fahrzeug. Darin wird die Flüchtlingswelle als Mittel US-amerikanischer Geostrategen bezeichnet. Ein Zentrum der globalen Verschwörung laut dem unsäglichen Pamphlet: der Vatikanstaat. Im mit rund 180 Gästen gefüllten Saal gab es zudem mehrere muslimfeindliche Redebeiträge, von denen sich die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel ausdrücklich und sofort distanzierte.
Von Gästen, die nicht zuhören wollen
Und hier liegt die Krux dieses Düsseldorfer Abends, der vorab bundesweit für Schlagzeilen und heftige Proteste mehrerer Personen und Interessenverbände gesorgt hatte: Die Konservative Sylvia Pantel wusste sehr genau, wen sie da eingeladen hatte und warum. Der Aufruhr vor der Veranstaltung war willkommene Werbung. Pantel teilt nach eigenen Worten das Anliegen der Antifeministin Birgit Kelle. Und doch nahm man ihr ab, dass sie einen Diskussionsabend ermöglichen wollte. Der aber auch Gäste anlockte, die nicht zuhören wollten.
Mobilisierung einer bestimmten Klientel
Eben diese Klientel mobilisiert Birgit Kelle. Sie publiziert gern in der „Jungen Freiheit“, die von Verfassungsschutz als Scharnier zwischen ultra-konservativ und rechtsradikal eingestuft wird. Die These: Völlig ohne demokratische Legitimation drehen gender-mainstream-Aktivisten das Bewusstsein einer ganzen Gesellschaft. Über die Sprache, per überzogenem Sexualkundeunterricht gäbe es einen Angriff auf „unsere Kinder“. Sie würden ihrer Identität und Orientierung beraubt, um sie anschließend zu manipulieren.
Scheinbar lustige Sprachregelungen
Dazu führt Kelle in ihrem ausführlichen Vortrag erst durch scheinbar lustig anmutende Beispiele für Sprachregelungen. Dann ist sie plötzlich bei der Sexualkunde, die ihrer Meinung viel zu häufig und freizügig auf die Kinder hereinprasselt. Und darüber führt der Diskussionsstrang dazu, dass eine Minderheit – Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung – der Mehrheit – „ganz normalen Familien“ ihre Werte und Lebensvorstellungen aufoktroyieren wollen.
Eine perfekte Melange fürs konservative Weltbild
Diese Melange passt perfekt ins konservative Weltbild. Womit die Vertreter dieser Richtung aber nicht gerechnet hatten – in der anschließenden Diskussion gab es auch Gegenmeinungen. Einen jungen Homosexuellen, der Pantel und Kelle vehement widdersprach. Einen alten Sozialisten, der niedergezischelt wurde. Eine junge Jura-Studentin, die versuchte, dem ganzen einen positiven Dreh zu geben. Neben den ultrarechten Dumpfbacken-Diskutanten gab es spannende Ansätze an diesem Abend. Wenn es doch nur öfter gelänge, miteinander und nicht bloß übereinander zu reden.
Saalblick am Freitagabend in Düsseldorf