Düsseldorfer Verwaltungsrichter verteidigen ihre Dügida-Entscheidungen: "Das müssen wir aushalten."
Gefühle? Die kennt auch wohl selbst der Präsident des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts. Aber darüber will Andreas Heusch nicht sprechen. Auf eine solche Frage ist er „nicht eingestellt“ – beim Jahrespressegespräch am Freitag (6.3.). Aber die heftige Kritik an ihm und der Rechtsprechung seiner Richterkollegen, die der „Dügida“-Bewegung viel Raum und Möglichkeiten eingeräumt haben, diese Vorwürfe lassen ihn nicht kalt.
Und so beruft und stützt er sich denn auf die höchste deutsche Instanz: auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Das gewährt das Recht zu Provokationen. Die seien in der freiheitlichen und meinungskritischen Gesellschaft typische Mittel, auf eigene Meinung und den eigenen Standpunkt aufmerksam zu machen. Und das sogar „ohne Rücksicht auf den Inhalt des Anliegens“ der Demonstranten.
Heuschens Kollege Carsten Günther ergänzt: „Das Versammlungsgrundrecht ist vor allem das Grundrecht Andersdenkender, das der Minderheit!“ Es habe keinerlei Entscheidungen der Verwaltungsrichter zugunsten von „Dügida“ oder sonst wem gegeben – sondern ausschließlich für die Versammlungsfreiheit. Und wenn dabei Auflagen der Genehmigungsbehörde gekippt worden sind, na ja, dann haben diese polizeilichen Anordnungen eben den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht standgehalten.
Was die linke Szene erstritten hat, gilt nun auch für die Rechtsextreme
Die seien, so heißt es, vom Bundesverfassungsgericht schon in den 1980er-Jahren allgemein entwickelt worden; anlässlich der damaligen Friedensdemonstrationen und der öffentlichen Auseinandersetzungen im Februar 1981 in Brokdorf. Im Klartext bedeutet das: was die politische Linke sich erstritten hat, es gilt heute noch auch für die rechte Szene.
Der Leiter des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts, Dr. Andreas Heusch
Auch wenn Bahnen und Busse wegen der wöchentlichen Montagsdemonstrationen der „Dügida“ stark behindert werden, wenn Berufspendlern der Feierabend vergällt wird, wenn Polizeibeamte Nerven und Gesundheit dafür lassen? Ja, auch dann. „Manchmal“, so sagt es Richter Carsten Günther in juristisch trockenem Ton, „mutet uns die Demokratie einiges zu!“ Und ergänzt zwischen zwei Atemzügen: „Das müssen wir aushalten!“
Und auf den Einwand, ob die Richter nicht doch mehr Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen können und wollen, heißt es nahezu achselzuckend beim Verwaltungsgericht: „Bei Eil-Entscheidungen sind wir angewiesen auf das, was der Polizeipräsident zu liefern in der Lage ist“. Nur das unterliege der richterlichen Überprüfung. Gemeint ist: Demonstranten dürfen auf die Straße gehen, solange sie keine Grenzen überschreiten, etwa die der Strafbarkeit. Mit solchen Argumenten aber hat die Polizei aktuell, wie report-D berichtet, die „Dügida“-Demonstrationen eingeschränkt. Bei Redaktionsschluss blieb es offen, ob sich das Verwaltungsgericht jetzt auch damit beschäftigen muss.
Anstieg der Asylverfahren um 42,5 Prozent
Die Verfahrensflut im Asylrecht, berichtet das Verwaltungsgericht Düsseldorf, ebbt nicht ab. Gegenüber dem Geschäftsjahr 2013 sind die Eingänge im Jahr 2014 nochmals um 42,50 Prozent angestiegen. Bekanntlich habe sich die Zahl der Asylverfahren von Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien beim Verwaltungsgericht Düsseldorf seit 2009 mehr als verzehnfacht. Im Geschäftsjahr 2014 sind erstmals sogar mehr als 2.000 Verfahren dieser Personengruppe eingegangen. Etwa die Hälfte der 2014 eingegangenen Asylverfahren ist den Herkunftsländern Serbien, Makedonien, Kosovo und Bosnien-Herzegowina zuzuordnen. Die Erfolgsquote betrug bei den Klagen auf Anerkennung als Asylberechtigte bzw. der Flüchtlingseigenschaft wie schon in den Vorjahren 0 Prozent. Abschiebeschutz aus gesundheitlichen Gründen wurde in Einzelfällen gewährt. Hatte das Gericht noch 2009 lediglich 934 Asylverfahren zu entscheiden, stieg die Zahl stetig. Einzig 2011 waren es nur 1488 Fälle. „Auch die menschlichen Schicksale dahinter“, so sagt es Gerichtspräsident Andreas Heusch, „sind für viele Kollegen belastend“. Aber die Arbeit überfordere letztlich nicht: „Wir schaffen das!“
Foto: report-D