Rosenmontag – oder die Fähigkeit, sich selbst nicht so ernst zu nehmen
Sie kam im ersten Drittel der 5000 Jecken im Zug: Das Funkenmariechen der Blau-Weißen mit einer blauen Clowns-Nase. Und einem Lächeln, dass spätestens dann die Sonne aufgegangen wäre. Sie hatte eine Nase dafür, woraus rheinischer Karneval gemacht ist: Aus der Fähigkeit, Sitz-, Kleider- und Rangordnungen – und am Ende gar sich selbst – nicht ganz so ernst zu nehmen.
“Vera, kommst Du mal” – der OB bützt keine Männer. Auch nicht, wenn sie einen Orden verliehen bekommen
Die Promi-Tribüne vor dem Rathaus ist der falsche Ort für so etwas, ganz klar. Aber beobachten lässt hier immer etwas. Wer busselt; wer zieht ´ne Schnute? OB Thomas Geisel schlüpfte in das Gewand von Robin Hood, dem Rächer der kleinen Leute. Seine Ehefrau Vera kam als „Lady Marian“ – auch ein Statement. Flink verlieh der OB – in seiner Tagesrolle natürlich pfeilschnell – noch einen Orden an den Polizeipräsidenten Norbert Wesseler, der seinerseits als Ostfriese erschienen war. Andere gaben den Schutzmann, Edelmann, Supermann. Rathaustribüne. Um die Ecke stand ein dicker Mann im rosafarbenen Samtoverall als „Cindy aus Black Forrest“.
Mehr als eine Million Menschen entlang des Zugwegs
Über eine Million Menschen am Zugweg folgten dem Lockruf der Jecken. Wer Zahlen zu Polizei-, Ordnungsamts- und Rettungseinsätzen liebt, schaue ans Ende des Textes. Wir blicken nach oben. Dieses Wetter mitten im Februar ist nur schwer zu überbieten. Eigentlich gar nicht. Es war so etwas wie der in Isobaren gemessene Ausgleich dafür, dass diese Welt eigentlich gerade nicht lustig ist.
Tilly kritisiert, was aktuell im Mittelmeer passiert
Die Extremisten des Islamischen Staates, IS, ringen um die Vormacht mit den Terroristen von Al Qaida – zwei Skelete beim Armdrücken. Ein russischer Präsident lässt die Militär-Muskeln spielen, bei einem zugleich verkümmerten wirtschaftlichen Arm. Und Mutti fliegt wechselweise als Friedentaube gegen den Ukraine-Krieg oder läuft als Zyklop, als Riese mit nur einem Auge, Gefahr, eben dieses von einem griechischen Lümmel mit Flitsche ausgeschossen zu bekommen. Ob die Menschen den wichtigsten von Jacques Tillys elf Motivwagen an diesem Montag gesehen haben? Damit kritisiert er, dass das Mittelmeer zum nassen Grab für afrikanische Flüchtlinge wird, während wir gerade den nächsten Strandurlaub buchen? Oder nebenbei unsere Wohnquartiere gegen Flüchtlingsunterkünfte abschotten.
Ordnerin von Zugfahrzeug überrollt
Es war ein schöner Rosenmontag. Allerdings nicht für jene Ordnerin, die gegen 15.44 Uhr an der Friedrichstraße von einem Zugfahrzeug überrollt wurde. Sie musste in die Unikliniken gebracht werden. Knapp 300 Frauen und Männer der Hilfsorganisationen kümmerten sich an fünf Unfallhilfsstellen um Verletzte und hilflose, vulgo: sturztrunkene, Personen. Bis zum Zugende notierten sie 166 (Vorjahr 112) Einsätze im gesamten Stadtgebiet. An den fünf Hilfsstellen gab es 66 (49) Hilfeleistungen. 20 (14) Personen mussten in ein Krankenhaus gebracht werden.
Großeinsatz für rund 600 Beamte
Die Polizei war mit 600 Beamten beim Rosenmontagszug im Einsatz. Bisher sind keine ungewöhnlichen Vorkommnisse bekannt. Das Ordnungsamt schickte 220 Mitarbeiter in den Rosenmontag. Die erwischten 170 (200) Wildpinkler – macht bei 35 Euro pro Pinkler knapp 6000 Euro für die Stadtkasse. 130 Jugendliche mussten Alkohol unter Aufsicht in den Gully kippen, den sie gar nicht hätten haben dürfen.
Was bleibt? Ist der Müll. Die Awista verspricht, dass bis Dienstag (17.2.), mittags, alle Reste des Rosenmontagszugs beseitigt sein werden.